Wer Sonne und Beton nicht gelesen hat, jedoch seinen berühmten Autor Felix Lobrecht durch seine zahlreichen Comedy-Auftritte kennt, erwartet bei der Verfilmung des Stoffes eventuell einen satirischen Blick in das Leben der Menschen in Berlin-Neukölln, mit ein paar bissigen Sprüchen, jedoch aber immer mit einer positiven Grundstimmung.
Wer sich allerdings Kinokarten für Sonne und Beton kauft, wird ab Sekunde 1 eines Besseren belehrt: Der Film handelt von vier Jungs in Neukölln während des Jahrhundertsommers 2003, die ohnehin schon aufgrund der sozialen Strukturen und Probleme im so genannten Brennpunktbezirk mehr überleben als leben. Durch eine toxische Mischung aus Übermut und Dummheit landen die vier in diesem Sommer schnell in einer Spirale uns Gewalt und Kriminalität, bei der jeder Versuch, daraus zu entkommen, nur noch tiefer in den Abgrund führt.
Sonne und Beton ist schonungslos ehrlich, brutal, realistisch und hundertprozentig authentisch. Durch die Wahl von Jungschauspielern direkt aus dem Bezirk ist man als Zuschauer 2 Stunden mittendrin. Selten hat man mit den Figuren so mitgelitten, war aber gleichzeitig so verärgert über die Dummheit der Figuren. Ein vergleichbarer Film wäre "Ein Nasser Hund" von 2021, der im Wedding spielt, doch während dieser stellenweise überzeichnet und überdramatisiert war, bleibt Sonne und Beton in seinem, ich nenne es mal dokumentarischen Stil. Ebenso schafft er es sehr gut, den Kontrast und die Widersprüchlichkeit dieses angeblich chancenlosen Lebens darzustellen, mit Figuren wie dem kleinen Bruder des arabischen Dealers oder der Epiphanie im Bus, dass man als nächstes, statt zu klauen oder Drogen zu nehmen, jetzt doch eigentlich mal das Abitur machen sollte. Es sind diese kleinen Einschübe, die den Film deutlich von der breiten Masse an sozialkritischen Filmen abheben und Sonne und Beton zu einer Besonderheit in der deutschen Filmlandschaft werden lassen.
Ob er überall und bei jeder Altersgruppe so gut ankommt kann ich nicht sagen, aber ich hoffe, dass er nach der Premiere auf der Berlinale seine Beachtung findet. Bei den Fans von Felix Lobrecht ist er jedenfalls schon im Gespräch, und das macht Hoffnung auf volle Kinosäle