ROUTINE FÜR DEN MACHO MAN
von Michael Grünwald / filmgenuss.com
Wenn man Jason Statham auf eine Mission schickt, egal, wie schwierig sie sein mag, dann zeigt sich stets das gleiche Bild: Böse Buben räkeln sich am Boden, wenn sie nicht schon mit einer Kugel zwischen den Augen keinen Mucks mehr geben. Die Action-Glatze mit Dreitagebart richtet sich das Sakko, während seine saloppen Sprüche über das Schlachtfeld wehen. Niemand kann Statham beugen, geschweige denn brechen. Das liegt daran, dass niemand Statham anders sehen will als so. Als das Erbe von Chuck Norris, mit tief versteckten Emotionen, als männlicher Stereotyp, als Vertreter des mit Action gesättigten Hard Boiled-Krimis.
Klar, solche Rollen darf und soll das Kino haben. Fern der Realität, unkaputtbar, eine Konstante in einer volatilen Werte-Entwicklung, die über das Kino hinwegbläst. Guy Ritchie mag das. Er besetzt Statham nicht das erste Mal, aber das erste Mal kommt es einem so vor, als wüsste er mit seinem Star nichts mehr Neues anzufangen. Und das im Rahmen einer Geschichte, die sich in ihrer Austauschbarkeit verliert und nur gelegentlich das Zeug dazu hat, Ritchies Vorliebe für Krimi-Understatement auszuspielen. Zum Glück hat dieser noch Hugh Grant an Bord, der in fortgeschrittenem Alter nichts lieber macht, als sein Image zu persiflieren. Und das beherrscht er gut. Sehr gut sogar. Diese süßelnde Süffisanz, die Bedrohliches verbirgt, liefert die nötige Würze für eine seichte Agentenkomödie, die nicht minder unterhält, obwohl Guy Ritchie gerade mit diesem Werk in einer kreativen Auszeit zu stecken scheint, wovon in stilsicheren Meisterwerken wie The Gentleman noch überhaupt gar nichts zu erahnen gewesen wäre.
Dabei ist selbst die mit auffallenden akustischen Extras unterlegte Eingangssequenz so vielversprechend wie Hugh Grant am Filmplakat. Wir hören klackenden Schritte auf glattem Marmor, wenn Cary Elwes ins Büro des Chefs vom MI6 eilt. Diese vermengen sich Sekunden später mit anderen, musikalischeren Rhythmen, das Geklacke geht in ein rockiges Stampfen über, dabei gibt es Szenen von Stathams letzten Einsatz. Das hat was, und die Vorfreude auf weitere solche Spielereien hängt greifbar im Auditorium.
Plot hin oder her, wen interessiert hier eigentlich noch wirklich, wer wem was verkaufen will? Ob die Russen mitmischen oder der deutsche Geheimdienst. Ob dieses Objekt der Begierde, dass da für schlappe 10 Milliarden Dollar feilgeboten wird, nun eine Festplatte mit Daten darstellt, eine diabolische KI oder Plutonium. Ob die Sicherheit der Welt auf dem Spiel steht oder eben nicht. Plots, die wir schon zu Genüge inhaliert haben, und die nun auch in der neuen Flatrate-Staffel von Jack Ryan auf amazon prime ähnlich ausgebreitet auf dem Tisch liegt. Um diesen Deal also abzufangen, engagiert der MI6 eben Orson Fortune, den Mann fürs Grobe mit Erfolgsgarantie von 100%, die pfiffige und nicht auf den Mund gefallene Hacker-Schönheit Aubrey Plaza und den lakonischen Sniper-Experten JJ, gespielt von Rapper Bugzy Malone. Dieses Trio holt sich Josh Hartnett als öligen Macho-Schauspieler Danny Francesco unter ihre Fittiche, der einem trojanischen Pferd gleich den Weg in die heiligen Hallen des Waffenhändlers und Multi-Milliardärs Greg Simmons ebnen soll, ist dieser doch größter Fan des eitlen Actionstars. Simmons, der hat mit diesem weltbewegenden Deal so einiges zu tun, und schon bald hackt und schleicht und schlägt sich das charmante Agententrio durch ein Mission Impossible-Abenteuer mit vielen Namen und Figuren, die sich das Publikum alle merken soll, aber nicht unbedingt will.
Wie gesagt: Wer wen wann reinlegt, ist nur das Libretto für plakativen Spaß, der auch ohne geistigem Rasterplan vom Who is Who des Films funktioniert. Statham haut zu, und Aubrey Plaza macht Hugh Grant schöne Augen, der so leidenschaftlich aufspielt, dass es dem Film manchmal verziehen sei, dass Ritchie überhaupt nicht so genau gewusst hat, welchen seiner filmtechnischen Extras er nun einsetzen will. Konsequent bleibt da gar nichts, so was wie in der Anfangssequenz kehrt auch nicht wieder, während dazwischen immer mal wieder völlig deplatzierte Kameraeinstellungen eingesetzt werden, die den Film zur Makulatur für die richtige Farbmischung degradieren. Und dann plötzlich das: Wenn die Schnitttechnik versagt, und während Aubrey Plaza noch ihren Text zu Ende sprechen will, schneidet ein Szenenwechsel ihr Wort ab. Das passiert dann noch ein zweites Mal – und wirkt so schlampig und gehudelt wie manche Sequenz im Film.
Operation Fortune lässt also an manchen Stellen und in seiner Kontinuität so richtig aus. Dafür entschädigt eben der Ex-Romantikstar Grant für einige dramaturgische Fehler, und Statham-Kenner bekommen das, worauf sie längst vertrauen können.
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