NUR MAL NACH DEM RECHTEN SEHEN
von Michael Grünwald / filmgenuss.com
Bier und Politik – ja, das geht zusammen. Bei uns in Österreich gibt es schließlich auch die Bierpartei, deren Mitglieder wohl bei so viel Hopfen-Aktivismus den Hut ziehen würden: Doch auch wenn das edle Gesöff hier um die halbe Welt reist und an seinem Ziel bacherlwarm und rülpsfreudig ankommt, ist das kühle Blonde doch nur Platzhalter für eine nette Geste. Was nicht heißt, dass man als Freund des Gerstensaftes nicht doch unweigerlich den Kühlschrank aufsuchen muss, um nicht nur Zac Efron aus der Dose schlürfen zu lassen. Der ist nämlich als Maschinist auf einem Frachter unterwegs nach Vietnam, um seinen Freunden aus der Nachbarschaft seine Ehre zu erweisen und mit ihnen anzustoßen. Denn das, was sie tun, ist eine gute Sache: Sie kämpfen gegen den Kommunismus. Da scheint jedes Mittel recht, und umso störender erscheinen dann subversive Demonstrationen in den Parks von New York, die für den Frieden plädieren. Zac Efron gibt in The Greatest Beer Run Ever einen, der die Welt nur aus einem einzigen, eng gefassten Blickwinkel betrachtet. Als John „Chickie“ Donahue, den es tatsächlich gegeben hat, scheint er globale Zusammenhänge wohl doch nicht so ganz zu erfassen, geschweige denn, was es heißt, in einen Krieg zu ziehen und an der Front zu kämpfen. Der Naivling denkt sich allerdings: Auch ich will meinen Beitrag leisten – und macht sich mit einer Sporttasche voller Bier gen Osten auf. Was ihm dort begegnet, wird ihn auf alle Fälle mal erden. Und auf einmal wird er verstehen, worum es hier wirklich geht. Und wie sehr sich das Wirkliche von den Nachrichten im Fernsehen unterscheiden.
Noch einen Schritt weiter entfernt sich Zac Efron also von seinem High School Musical– und Frauenschwarm-Image, nachdem er bereits in der staubigen Schatzsucher-Parabel Gold den letzten Schritt getan hat. Der Mann mit den stechenden Augen trägt jetzt sogar einen buschigen Schnurrbart. Und verhält sich mitunter wie Forrest Gump. Pralinen hat er keine, dafür Bier jede Menge, und wie das Glück des Unbedarften eben so spielt, gerät Chickie von einer optimalen Gelegenheit in die andere, um tatsächlich auch seine Tour quer durchs Land abzuschließen. Der True Story-Knüller über einen, der sich als Zivilist durch den Krieg schlagen muss, erinnert an die ebenfalls wahre und auch verfilmte, aber ungleich tragischere Geschichte eines koreanischen Taxifahrers, der sich in den Unruhen eines Bürgerkriegs wiederfindet: A Taxi Driver. Peter Farrelly, der mit Green Book 2018 den Oscar-Hit des Jahres landete, hält auch diesmal viel von Freundschaft, von selbstlosen Gesten und der Aufmerksamkeit anderen gegenüber. The Greatest Beer Run Ever hat als Vietnam-Kriegsfilm allerdings so gut wie gar nichts Bereicherndes mehr beizutragen – und will in diesem Genre vielleicht auch gar nicht verortet werden. Sein Schwerpunkt liegt zum einen im Wechsel der Perspektiven. Und zum anderen in der Tatsache, das Reisen erst die Welt erschließt. Man kann noch so viel über Länder, Geschichte und Politik nachlesen. Man kann sich von Medien auf unzählige Weise manipulieren lassen. Mit der Wirklichkeit hat das übertragene Wissen nichts mehr zu tun.
Zu dieser Erkenntnis gelangt nun ein völlig von den Socken befindlicher, im nächtlichen Schützengraben bibbernder und um sein Leben fürchtender Hanswurst, der einfach nur Hallo sagen will. Ähnlich wie Tom Hanks würde er vielleicht, hätte es einen seiner Kameraden erwischt, diesen geschultert durch den Dschungel schleppen. Der freundliche junge Mann aus der Nachbarschaft sollte eigentlich Spiderman sein – in diesem Fall darf ein dreister New Yorker etwas tun, was wohl sonst keiner getan hätte. Für dieses filmische „Chapeau“ lässt sich Farrelly zu einem tragikomischen Reisebericht hinreißen, der letzten Endes aber das Kuriosum dieser Handlungen vor allen Ambitionen stellt. Ähnlich kurios gibt sich Efron, der seine Rolle zu leichtfüßig anlegt, der zu wenig tief in seinen widersprüchlichen Gefühlen schürft wie seinerzeit Robin Williams in Good Morning Vietnam. Nichtsdestotrotz gefällt The Greatest Beer Run Ever als mittelschweres Solidaritätskino, das manchmal zu gemütlich und schulterklopfend ausfällt.
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