Man verlässt diesen Film und fragt sich sicherlich was Todd Philips hier eigentlich genau vor gehabt hatte. Ist das eine geniale Satire? Wollte er schlicht Erwartungen unterbinden, wie es Rian Johnson bereits mit „Die letzten Jedi“ getan hat? Wollte er einfach nur den Produzenten und den ganzen Leuten ans Bein pinkeln, die den Joker im ersten Teil noch glorifiziert haben? Man weiß es nicht genau, denn wenn der Film eines schafft, dann ist es auf seine Art zu polarisieren und (bewusst?) die Erwartungen zu unterbinden, was man positiv und negativ auslegen kann.
Dies beginnt schon mit der Frage, ob dies hier eigentlich noch eine Fortsetzung ist!? 138 Minuten geht dieser Film, erzählt inhaltlich aber absolut nichts. Eine Inhaltsangabe ist hinfällig, da schlicht nur die Morde aus dem ersten Teil jetzt vor Gericht behandelt werden. Eine Fortsetzung des Bildes, welches den Joker mit einem aus eigenem Blut gezeichneten Lachen zeigt, während er auf einem Auto stehend von den Massen bejubelt wird, gibt es hier nicht. Die Grenze zwischen Fantasie und Realität wird sehr deutlich getrennt und lässt keinen Spielraum mehr zur Interpretation. Auch dass „Lachen“, das im ersten Teil noch ein Tick war, ist hier fast vollständig abwesend. Der Film erzählt absolut nichts und wirkt eher wie Philips Versuch den Produzenten zu sagen: „Ihr wollt eine Fortsetzung? Auch wenn die Geschichte eigentlich abgeschlossen ist? Dann mache ich die langweiligste Story, die ihr euch vorstellen könnt!“ Leider ist der Film auch schlicht extrem langweilig und zäh, denn der mündige Bürger, der die Figur Joker bereits im ersten Teil nicht glorifiziert hat und verstanden hat, bekommt hier eigentlich die Geschichte nochmal erzählt, aber eben jeder kritische Gedankte zur Persona Arthur Fleck, muss jetzt laut ausgesprochen werden.
Genau hier findet sich dann auch eine Stärke und Zugleich Schwäche. Man verärgert eben genau jene, die den Joker im ersten Teil als Charakter bereits demaskiert haben und ihn nicht als glorifizierten Held der Massen gesehen haben. Man kann die Figur natürlich auch hier, wenn man es in den richtigen Kontext setzt, faszinierend finden und als geschundenes Opfer einer Gesellschaft, auch als Mahnmal für mehr Empathie und Nächstenliebe gesehen werden. Aber Philips interessiert sich nicht für diese Leute. Mehr scheint es, als wolle er den Film nutzen um damit all jene zu ärgern, die den Joker aus den falschen Gründen feiern, wie es bestimmte Kreise auch heute noch mit einem Travis Bickle oder Tyler Durden machen. Das ist zwar sinnvoll, aber einem Frank Herbert gelang es mit „DUNE: Der Herr des Wüstenplanets“ deutlich besser eine Fortsetzung zu konzipieren, die ebenfalls nur deshalb existiert, da man die Figur Paul Atreides falsch verstanden hat und er damit aufräumen wollte. Herbert vergaß dabei aber nicht auch eine gute Geschichte zu erzählen.
Stellenweise wirkt es wie eine reine Provokation. Das war zugegebenermaßen nicht ganz uninteressant, den alleine die Existenz dieses Filmes und eben jene Unterbindung der Erwartungen kann man eben auch als Frage verstehen, wieso wir eigentlich immer nach Fortsetzungen schreien, auch wenn eine Geschichte abgeschlossen ist. Dies richtet sich nicht nur ans Publikum, sondern auch an die Studios, die alles auspressen müssen, was Geld eingebracht hat. Aber was erwartet man auch noch, wenn inzwischen alles fortgesetzt wird und selbst nach einem Jahr bereits ein Remake zu „Speak No Evil“ gemacht werden muss...
Loben muss man aber auch hier wieder die Kameraarbeit von Lawrence Sher, dessen Bilder wieder einzigartig schön sind und die künstlichen Welten von Marvel alt aussehen lassen, in denen ein „echt gedrehter Sonnenuntergang“ schon als größte Revolution den modernen Kinos gilt. Einzelne Bilder sind wieder so schön, dass man sie sich am liebsten ausdrucken und an die Wand hängen möchte. Das wirkt stellenweise aber wie ein Wunder, da der Film eigentlich sehr limitiert ist in seiner örtlichen Verankerung, da man nur zwischen Arkham und dem Gericht hin und her wechselt. Wer leider etwas kürzer treten muss ist Hildur Guðnadóttir, deren schwere Streichmusik hier viel zu wenig Platz findet.
Dann ist da noch der Aspekt des Musicals. Viel wurde im Vorfeld bereits geschimpft und auch wenn ich sagen muss, dass ich die Songs alle nicht herausragend finde, so passen sie eben doch gut in diesen Film und ist der einzige Aspekt des Vorgängers, den man hier stark weiterentwickelt und ausbaut, da Arthur auch hier schon den Tanz sehr stark in seine Figur hat fließen lassen. Dabei ist man super unaufgeregt was die Inszenierung angeht und baut hier keine Vorbilder, nach dem Muster „Singin´In The Rain“ oder „La La Land“ nach. Aber im Kontext der Comicverfilmung muss ich DC hier doch loben, weil man wieder etwas neues gewagt hat, wofür ich DC eben mehr Schätze. Zeitgleich ist es auch mutig, da man sich schon im Vorfeld sicherlich bewusst war, dass diese Entscheidung spalten wird.
Zur Figur Arthur wurde hier sicherlich schon einiges gesagt. Joaquin Phoenix macht das wieder solide, aber bleibt deutlich hinter seiner Leistung aus dem ersten Teil zurück. Man spielt hier zwar mehr mit der Persona Arthur UND Joker als getrennte Persönlichkeiten, aber auch hier macht man es sich dann doch zu leicht um die Botschaft zu vermitteln. Während man den Joker, den Mörder und Psychopathen vergöttert, hat man für Arthur, ein Opfer der Gesellschaft keine Sympathie oder interessiert sich für ihn. Das ist hier weniger gut gelungen als im Vorgänger. In vielen Punkten verrät sich der Charakter am Ende leider selbst. Etwas schlimmer noch erwischt es Lady Gaga. Ich betone hier zwar, dass sie das stark spielt, aber ihre Rolle ist deutlich kleiner als angenommen und wäre am Ende auch überhaupt nicht nötig gewesen für die Handlung. Große Gemeinsamkeiten gibt es ohnehin nicht mit der Vorlage, was ich aber eher weniger schlimm finde. Sie wirkt eher als Stellvertreterin für all die Zuschauer, die den Joker aus falschen Gründen verherrlichen. All die anderen Darsteller kann man leider getrost ignorieren. Die Rückkehrer haben nichts zu tun und Brendan Gleeson ist auch schlicht verschwendet in dem Film. Außerdem wird eine bekannte Figur eingeführt, die man auch als Schurke aus den Comics kennt. Nicht nur, dass man seinen Auftritt durch eine X-beliebige Figur hätte ersetzen können, es wird auch fast beiläufig seine Origin erzählt, ohne dass man der Figur aber Tiefe oder Charakter gibt.
Tja und dann ist das das Ende.... Auch hier fragt man sich was es nun sollte? Ist das mutig? Ein weiterer Schlag ins Gesicht? Man weiß es nicht.
Am Ende wirkt alles wie ein einziger Metafilm, der durchaus Stärken hat, aber eben auch sehr spaltend ist und stellenweise wie eine Provokation wirkt. Das ist sicherlich der schwierigste Film des Jahres.