DAS WUNDER DER ELEKTRIK
von Michael Grünwald / filmgenuss.com
Was der Mensch nicht erklären kann, ist entweder ein Wunder, Betrug oder Magie. In seiner gnadenlosen Selbstüberschätzung fällt Homo sapiens wohl niemals ein, vielleicht das eine oder andere noch existierende Naturgesetz nicht zu kennen. Alchemisten, die Wissenschaftler der dunklen Jahrhunderte, waren da mit den Kausalitäten in der Natur vielleicht ansatzweise im Klaren. Für Uneingeweihte waren diese „Magier“ womöglich eine Bedrohung. Wie man die Nacht in einen Tag verwandelt, blieb aber selbst ihnen ein Rätsel. Und eben auch dem recht zerlumpten Kesselvirtuosen Catweazle. Auf der Flucht vor denen, die ihm anno 1020 an den Kragen wollen, schafft er es wohl mehr durch Zufall, beim Sturz von den Zinnen in ein Zeitloch zu fallen. Tausend Jahre später kommt der Zausel wieder zu sich. Der Stab allerdings ist fort. Komplett verwirrt und neben der Spur, versucht die seltsam unbeholfene Gestalt, mithilfe eines Jungen das Artefakt wieder an sich zu bringen. Katja Riemann als Schnäppchenjägerin für alles Antike stellt sich dabei jedoch quer.
Die wohl größten Magier der Menschheitsgeschichte müssen wohl jene gewesen sein, die den elektrischen Strom nutzbar machten. Edison, Tesla, Westinghouse – scheinbar alles große Magier. Für Catweazle reicht es schon, den simplen Ein/Aus-Schalter zu betätigen, um den Unterstufler Julius Weckauf (Der Junge muss an die frische Luft) als mit den Mächten im Bunde zu deklarieren. Als der ihm eine Taschenlampe überreicht, kann er sein Glück kaum fassen. Zuzusehen, wie sich Hampelmann Otto sprichwörtlich einen Haxen ausfreut, wenn sich die kleine, in einem Glasbehältnis eingefangene Sonne je nach Belieben entfachen lässt – das ist das sehenswerte Herzstück eines familienfreundlichen und sehr harmlosen Fantasyabenteuers, welches wiederum auf einer hierzulande recht unbekannten britischen Fernsehserie von Richard Carpenter aus den frühen Siebzigern beruht. Auch dort war die Underdog-Version von Gandalf und Merlin mit Kröte Kühlwalda unterwegs, und auch dort boten die Tücken einer technologisierten Gesellschaft, fast wie bei Jaques Tati in Mein Onkel, reichlich Spielfläche für situationskomische Fettnäpfchen und verblüffende Sichtwechsel auf einen für uns längst selbstverständlichen Alltag.
Mit Otto Waalkes hat Sven Unterwaldt den Magier natürlich treffend besetzt. Es wäre, so denke ich, enttäuschend, Otto mal nicht ohne seine Manierismen zu sehen. Genau deswegen entscheidet man sich ja schließlich für einen Film wie diesen, würde der Kultkomiker nicht seine scheelen Blicke loslassen, Worte umintonieren und durch die Gegend hoppeln. Das Drumherum in Catweazle jedoch ist altbackenes Volkstheater, nicht wirklich erfrischend inszeniert und durchgetaktet bis zum Schluss. Keine Frage, ich liebe den deutschen Film, der in vielen Genres seine Stärken hat. In jenem des komödiantischen Fantasyfilms für die ganze Familie hapert es (ganz so wie bei Dennis Gansels Jim Knopf-Verfilmungen) sowohl an einer gewissen Unbefangenheit als auch an erfrischender Spontanität. Catweazle hat, obwohl wie dafür gemacht, beides nicht. Abhängig von sehr vielen Gedlgebern und deren Auflagen, müssen sich Filme wie diese nach der Decke strecken, haben nicht alle Zeit der Welt, denn die frisst wieder das Budget. Insofern mutet Catweazle nach auswendig gelerntem, pragmatischem Bühnenspiel an, aus welchem man zumindest Ottos selbst verfassten Elektrik-Trick-Song als kleinen Ohrwurm mit nach Hause nimmt.
_________________________________________________
Mehr Reviews und Analysen gibt´s auf filmgenuss.com!