Als die John Wick Filmreihe damals im Jahr 2014 begann, ahnte man noch nicht, welche Ausmaße das Ganze annehmen würde. Keanu Reeves Comeback stand erst am Anfang; die Story um einen Ex-Profikiller, dessen Hund man getötet und das Auto gestohlen hatte, war noch halbwegs greifbar; und gerade einmal 400.000 Besucher in Deutschland waren auch nicht unbedingt ein Hauptgrund, die Geschichte noch weiter auszubauen. Das sah sogar der deutsche Filmverleih so und hat die Reihe abgegeben. So kann man sich täuschen.
Jetzt, knapp 10 Jahre später, ist John Wick zum aktuell größten Action-Einzelkämpfer-Franchise herangewachsen, was es auf der Leinwand zu sehen gibt. Schlagwörter wie die hohe Kammer oder das Continental sind jedem Action Fan ein Begriff. Und der Erfolg ist völlig zurecht da. Die Action ist stylisch, kompromisslos und einhundertprozentig unterhaltsam - Popcornkino vom Allerfeinsten.
Nun gehörte ich zu den glücklichen Menschen, die sich die Premiere in Berlin zusammen mit Keanu angucken durften. Teil 4 ist mit 169 Minuten schon eine Ansage, aber Keanu versprach auf der Bühne, die Länge sei absolut nicht spürbar und die Geschichte kurzweilig. Naja...
Zur Handlung: Nachdem Continental-Manager Winston John vom Dach abgeknallt und ihm somit das Leben gerettet hat, ist John Wick nun endgültig von der Leine gelassen worden. Er kennt nur noch ein Ziel: Die Auslöschung der hohen Kammer. Blöd nur, dass die auch die Schnauze voll hat und John ein für alle mal Tod sehen will. Dafür statten sie den Marquis de Gramont, einen jungen extravaganten Unterweltboss, mit der Carte Blanche aus, sämtliche Ressourcen der Unterwelt zu nutzen, um den legendären "Baba Yaga" zur Strecke zu bringen. Für John gibt es nur einen Ausweg: Ein nach den alten Regeln ausgetragenes, direktes Duell mit dem Marquis.
Wie gesagt, 169 Minuten! Wir hatten uns dieses Mal fest vorgenommen, den Body Count für diesen Teil zu ermitteln, haben es dann aber nach 10 Minuten aufgegeben. John Wick 4 bietet Action Nonstop von Sekunde 1 an bis zur Abspannszene. Dabei erkennt man deutliche Referenzen zum klassischen Samurai-Film, dem Hong Kong Kino oder dem guten, alten Spaghetti-Western. Das man auf die Story nicht viel geben muss, sollte nach den bisherigen 3 Teilen klar sein, wobei man sich trotzdem immer noch darum bemüht, dem roten Faden halbwegs zu folgen.
Für mich das absolute Highlight (und ich gebe zu, keinen seiner bisherigen Filme gesehen zu haben) des Films...ist nicht Keanu...sondern Donnie Yen. Was für ein Typ. Während man bei Keanus Szenen schon ein wenig die genauen Abläufe der Choreografie sieht, sind Donnie Yens Kämpfe einfach nur spektakulär, flüssig und atemberaubend schnell. Dazu hat seine Figur Caine ein Charisma und dazu noch eine glaubwürdige Motivation, so das jede einzelne Szene mit ihm ein Genuss war. Wer Donnie Yen bis dahin noch nicht kannte, wird ihn allerspätestens jetzt auf dem Schirm haben.
Was mir persönlich nicht gefallen hat, war die Länge der Ballerorgien und Kämpfe. Das mag aber nur Geschmackssache sein. Insbesondere die Treppenszene spaltete zumindest bei uns gestern die Gemüter. Während ich zu der Fraktion "Ehrlich jetzt?" gehörte, haben andere die Szene gerade deswegen so abgefeiert.
Insgesamt kann man sagen, dass John Wick 4 das abliefert, was er soll: Ein pures Actionfeuerwerk ohne Anspruch auf eine logische Story oder realistische, körperliche Verletzungen, denn dieser John Wick müsste wahrscheinlich schon vom höchsten Punkt des Eifelturms fallen, um eventuell darüber nachzudenken, morgen vielleicht ein bisschen kürzer zu treten. Wer das möchte, bekommt viel geboten für sein Geld! Alle anderen sollten den Film auch schauen und einfach dabei schmunzeln :-)