Die Verfilmung der Ladybug-Animationsserie punktet mit sehr schön anzusehenden gestalteten Szenen, Charakteren in Bild und Animation sowie schöner Musik und Gesang, hat meiner Ansicht nach aber inhaltliche konzeptionelle Schwächen und Botschaften, die eine satanische Interpretation zulassen (siehe unten).
Der künstlerische Aspekt ist das Beste am Film und hier gibt es volle Punkte.
Der Film ist eine Art Musical, á la Disney. Die Musik ist schön. Sie ist professionell verarbeitet und gesungen, aber die Gesangseinlagen empfanden wir an manchen Stellen als unpassend oder zu häufig, in Einzelfällen potentiell peinlich. Ungewohnt für die Staffel, die ich noch kannte.
Als hauptsächliche Kritikpunkte sehe ich Inhalte und Botschaften.
Die Handlung selbst ist okay, aber nicht besonders. Positiv ist die Kreativität und der nicht zu überreizte Spannungsbogen. Der Film ist am unterhaltsamsten, wo er am unrealistischsten ist, in den Superheldenszenen. Aus meiner Sicht eignet sich der Film nicht für junge Kinder, auch nicht in Erwachsenenbegleitung. Dafür gibt es Szenen, die zu brutal und zu zerstörerisch sind. Die Gewaltauswirkungen sind Comic-artig, sehr unrealistisch, und zu kleine Kinder können das womöglich nicht richtig einordnen oder Angst bekommen. Paris wird zerstört aus Fanatismus. Für Kinder ab frühestens 9 oder älter geht es vielleicht schon.
Komisch war die Darstellung der Verliebtheit. In ein oder zwei Minuten gehen beide Hauptfiguren vom höchsten Punkt der Verliebtheit in depressiven Liebeskummer, obwohl faktisch beide die Liebe erwidern. Tatsächlich ist mir so eine Darstellung so ungeläufig, dass ich es lustig fand. Vor allem Black, der schwarze Katzenquami, der zuvor ganz nach meiner Art die Romantik von Adrien zerstört, indem er übel furzt und Bemerkungen macht. Logisch, als Quami der Zerstörung.
Andererseits misfällt, dass Verliebtheit als stereotypisch Hals über Kopf auf den ersten Blick dargestellt wird, ohne den anderen zu kennen. Das ist keine gesunde Beziehungsbasis und ist kein gutes Vorbild.
Wer einen "Superhelden"-Film anguckt, kann es bereits erwarten: die unrealistische Darstellung vom Bösen und seiner Motive. Es gibt ein Übeltäter, der aus sinnloser Fanatik, vielleicht Verblendung, zuletzt Paris vernichten will, um seine geliebte Frau wieder zum Leben zu erwecken oder im Tod zu ihr gelangen, allerdings ohne Logik und Plan. Über das Spektrum von gut und böse, Definition und dem Anteil der Menschheit daran wird nicht weiter reflektiert. Auch über die realen Motive und reale böse Aktivitäten von Menschen gibt es kaum etwas bis auf einfache Teenager-Streitereien mit der fiesen Zicke Chloé.
An der Handlung stört die fehlende Einführung der Zuschauer in die Ideenwelt und Anfang des Films, als ob vorausgesetzt wurde, dass nur gute Serienkenner sich den Film anschauen würden. Es kann daran liegen, dass eine komplexe Erklärung nicht mehr in den Film passte, der 100 Minuten lang ist. Für die Absicht des Films, alles von Anfang bis Ende zu erzählen, hat die Erklärung aber gefehlt. Dass Marinette anfangs neu auf die Schule kommt, konnte ich nur aus der Serie erahnen, wobei diese Interpretation nicht mal von unserer Serienkennerin geteilt wird. Inkonsistent war die Progression im Film. Marinette's aggressive reiche Schul-Feindin Chloé kannte ihren Namen, als das Unglück mit dem Kaffeespritzer vor der ersten gegenseitigen Vorstellung passierte, aber nannte sie nach dem Unglück falsch "Marienella". Die Aufgaben und besonderen Fähigkeiten von Ladybug und Cat Noir werden nie richtig eingeführt oder verwendet. Der erste Akuma entkommt. Beim zweiten befreiten Akuma "denke" Marinette schon zu wissen, was zu tun sei, obwohl meiner Erinnerung nach es niemand erklärte. Extra-Gegenstände, wie in der Serie, gab es keine. Am Ende hat Marinette das zerstörte Paris einfach aus dem Nichts wieder wie vorher hergestellt, mit Magie, doch ihre Erinnerung blieb. Was ein "Katerklismus" ist, der einzig beim Kampf mit Hawk-Moth auftaucht, war mir z.B. nicht mehr geläufig.
Obwohl 5 verschiedene "Miracules" im Film abgebildet wurden, kamen ausschließlich die von Ladybug, Cat Noir und Hawk-Moth in der Handlung vor.
Story-technisch ist der Film weitestgehend unabhängig von der Serie und sogar abweichend, wenn es um die Darstellung von Adrien in der Bibliothek ging oder darum, dass Marinette mit Adrien überhaupt mal spricht. Dazu kommt, dass Hawk-Moth scheinbar endgültig besiegt wird bzw. seine Liebe zum Sohn über das Böse stellt und zuletzt Marinette und Adrien von des anderen Superheldenidentität wissen. Damit müsste die ganze Geschichte mit Marinette und Adrien zu Ende sein, oder soll wirklich verklickert werden, dass eine schnelle Jugendliebe ewig hält?
Für Anhänger theistischer Religionen ist der Inhalt des Films nicht so angenehm zu sehen aufgrund der anti-theistischen neureligiösen individualistischen Botschaften. "Liebe ist alles"; "Glaube an dich selbst" und alles würde dir möglich; die Selbstverwirklung deiner Wünsche und Ziele als das wichtigste im Leben; "Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt" (fader Beigeschmack, wenn man es konsequent im individualistischen Kontext interpretiert). Neureligiöse Botschaften dieser Art sind in Familienfilmen häufig geworden. Mich erinnern die Botschaften stark an das Christentum, allerdings wo Gott durch das "ich selbst" ersetzt wird und Wunder durch fantasievolle Magie, die es wirklich gebe. Weniger wohlwollende Kritiker könnten darin per Definition satanische Züge sehen. Problematisch ist auch, dass "Liebe" an keiner Stelle sinnvoll definiert wird. Noch schlimmer, der Eindruck entsteht, Liebe wird mit Verliebtheit oder Sexualität verwechselt. Beides kann zwar mit Liebe zu tun haben, sind aber 3 unabhängige Phänomene. Falls mit Liebe nur noch Verliebtheit oder romantische Beziehung gemeint ist, wäre das ein weiterer Schritt der Abstumpfung der Menschheit, und in Familienfreundlichen Medien ist das nicht mehr unüblich.
Man muss den Inhalt nicht so ernst nehmen, ohnehin kennt man die Leier schon aus heutigen Disney-Filmen. Ich persönlich finde das dennoch sehr störend und auch irgendwie falsch, denn gute Ziele und Ergebnisse werden in Realität nur gemeinsam erreicht und definiert, nie allein. Ein richtiges gesellschaftliches Miteinander fehlt heute nach der aufklärerischen Einführung des Individualismus. Dabei dreht sich unser Leben nicht nur um uns selbst. Egoismus und rücksichtslose oder gierige Selbstverwirklichung, unhinterfragte Wünsche, können wir in heutigen Zeiten am wenigsten gebrauchen. Ein Nachhaltigkeitsaspekt fehlt ganz.
Ein kleiner Trost ist, dass die Superhelden im Film aufeinander angewiesen waren und explizit nur gemeinsam stark genug sind, um das dargestellte Böse zu besiegen. Dieser wird dadurch gedrückt, dass die Superhelden häufiger im Zwist oder abgeneigt anstatt als gegenseitiges Team gezeigt werden. Der "Pound" kommt im Film nicht vor.
In Folge dessen sind mir die Hauptfiguren nicht so sympatisch, zumal der Charakter von Marienette und Adrien unsinnig variiert zwischen Superheld und Schule und niemand die Personen hinter der Maske erkennen, obwohl es sehr offensichtlich ist. Filmfreunde, die sich stark an Logik oder Realismus aufhängen, sind bei Neuverfilmungen alter Superheldenfiguren besser aufgehoben.
Mein schärfster Kritikpunkt ist das unterschwellige Sponsoring des Films durch Volkswagen. In dem Film werden in mindestens 4 Szenen Autos gezeigt und zwar ausschließlich Volkswagen-Autos mit deutlich sichtbarer Automarke. Die Eltern der Hauptfiguren fahren ausschließlich Volkswagen. Andere Marken werden nicht gezeigt. Volkswagen wird in dem Film nirgendswo explizit genannt oder ausgeschrieben, aber diese suggestive Konsumwerbung in einem Kinderfilm für so einen bösen schädlichen Konzern finde ich absolut unmöglich. Das wusste ich vorher nicht und hätte meine Entscheidung, den Film mit der (erwachsenen) Familie zu gucken, beeinflussen können. Das kann dem ein oder der anderen einen Boykott des Films wert sein.
Ein kleiner Kritikpunkt sind zuletzt die nervig vielen Logo-Intros der Firmen, die an der Filmentwicklung wesentlich mitgewirkt haben. Die Animationen sind kunstvoll aber selbst teils länglich und werden alle hintereinander abgespielt. Wahrscheinlich mehr als 5.
Bewertung: 13 von 20 Punkte, "okay".