Lars Eidinger und Nina Hoss erstmals gemeinsam vor der Kamera
Nina Hoss ist zurück, SCHWESTERLEIN ist einer ihrer drei Filme aus jüngster Zeit. Es ist der zweite Langspielfilm von Stéphanie Chuat und Véronique Reymond, und sie haben eine klare Entscheidung getroffen: Wir begleiten Lisa auf einer besonderen Reise, es ist nicht ihre eigene, sondern die ihres Zwillingsbruders Sven.
Sven (Lars Eidinger) ahnt, dass er nicht mehr lange zu leben hat. Eine Knochenmarktransplantation hat er nicht vertragen, nach einem erneuten Zusammenbruch liegt er nun wieder im Krankenhaus und hat große Schmerzen. Die Tränen fließen ihm aus den Augen wie bei einem kleinen, entsetzlich verzweifelten Kind. Man sieht und hört, wie er leidet, unter den Schmerzen, aber vor allem auch unter seiner Angst. Wie Lars Eidinger das in SCHWESTERLEIN spielt, bekommt man als Zuseher eine Ahnung davon, wie das irgendwann sein mag: sterben zu müssen.
Die Zwillinge sind einander nahe, und Lisa kümmert sich um ihn. Dass Lisa (Nina Hoss) ihren Bruder genau so braucht, auch davon handelt der Film. Für diese Verbundenheit haben die Filmemacher einen bildhaften Ausdruck gefunden: Manchmal knipst Sven abends an seinem Bett die Nachttischlampe an und aus, und diese Morsezeichen kann seine Schwester zuverlässig interpretieren. Oft genügen den beiden wenige Worte, um zu wissen, was der andere gerade braucht.
Der Blick des Films geht aber weit über die beiden Protagonisten hinaus: Nicht nur die Mutter und Ninas Familie, Mann und Kinder, rücken ins Bild, sondern auch die Theaterpräsenz von Sven und Lisa, von Lars und Nina: Im Film arbeitet Sven, wie früher auch Lisa, an der Berliner Schaubühne – genau wie ihre Darsteller Nina Hoss und Lars Eidinger. Thomas Ostermeier spielt den Regisseur David, unter dem Eidinger – im Film wie in Wirklichkeit – den Hamlet spielt: Der Zuseher wird in eine Betrachtung über die Schauspielkunst und ihre Bedeutung für die Künstler mit einbezogen.
Bei dieser Geschwistererzählung kommt manches zu kurz, bei Ninas Familie werden die Konflikte in dieser Ausnahmezeit des nahenden Todes angedeutet, nicht ausgespielt. Und das ist gut so, der Blick der talentierten Filmemacher richtet sich wie ein Brennglas auf Sven und Lisa, auf das große Kammerspiel zweier außerordentlicher Theater- und Leinwandkünstler - sind sie nicht Geschwister, immer schon?