Der Film beruht meiner Meinung nach vage auf der Jahrhunderte alten germanischen Undinen-Sage. Undinen sind weibliche Wassergeister ohne menschliche Seele. Wenn sie sich auf ihren Ausflügen an Land in einen Mann verlieben und dieser ihnen ewige Liebe schwört, erhalten sie eine Seele und können dauerhaft dem Element Wasser entspringen, um mit dem Auserwählten ein glückliches Leben an Land zu führen. Wenn sich der Mann aber aus welchen Gründen auch immer von einer Undine abwendet, sich einer anderen Frau zuwendet, muss sie ihn töten und ins Wasser zurückkehren. So besagt und so will es ein uralter Fluch, der den Wasser-Nymphen, den Undinen, auferlegt ist.
Ich kann mich natürlich mit meinen Gedanken zu diesem Film auch täuschen, denn so ganz klar arbeitet Regisseur Petzold das Thema nicht heraus. Vielleicht geht es auch um was Anderes oder um Gar Nichts. Im Grunde genommen verliert sich der Film von Anfang bis Ende in Andeutungen und Geheimniskrämerei. Wenn man im Vorfeld nichts über die Undinen gehört hat, weiß man als Zuschauer gar nicht, was Trumpf ist.
Undine, dargestellt von der umwerfenden Paula Beer, sitzt mit ihrem Freund Johannes in einem Cafe mitten in Berlin. Er will die Beziehung beenden. Er hat eine andere gefunden. Undine fleht ihn an, sie nicht zu verlassen, erinnert ihn an seine Liebesschwüre. Schließlich warnt sie ihn vor Ungemach. Würde er sie tatsächlich verlassen, müsse sie ihn töten. An dieser Stelle und in Ermangelung irgendwelcher Vorkenntnisse über den Film habe ich mich zum ersten Mal gefragt, was die gute Undine wohl geraucht hat.
Johannes sieht das wohl ähnlich wie ich und verschwindet vom Ort des Geschehens. Als Undine das bemerkt, ist sie untröstlich. Just im Moment ihrer großen Enttäuschung läuft ihr Christoph über den Weg, in den sie sich auf der Stelle unsterblich verliebt. Geheimnisvoll taucht urplötzlich aus einem Aquarium an Ort und Stelle eine Stimme aus dem Nichts auf und haucht Undines Namen. Das Aquarium birst in 1000 Teile. Undine und Johannes liegen in den Scherben des Aquariums inmitten einiger zappelnder Fische und sehen sich an. Der Anfang für eine neue Beziehung ist gemacht. Die Drohung gegen Undines Ex-Lover Johannes verblasst zusehends und sie verbringt glückliche Tage mit Christoph. Na dann ist ja alles prima, dachte ich.
Christoph ist bezeichnenderweise Industrietaucher. In den Flittertagen macht er mit Undine einen Tauchgang, um ihr sein Arbeitsumfeld zu zeigen, aber auch eine geheimnisvolle Unterwasser-Ruine auf der der Name Undine steht. Das ist ja ein Ding. Begleitet werden diese Szenen von geheimnisvollem Tosen und Gluckern. Ein paar Luftblasen steigen auf. Undine ist plötzlich verschwunden und schwimmt ohne Taucherausrüstung mit einem monströsen Killer-Wels im Wasser herum. Das ist ja sehr geheimnisvoll. Und weiter geht die Fahrt…..
Plötzlich, bei einem Spaziergang an der Spree, treffen Undine und Christoph auf ihren Verflossenen Johannes, der mit neuer Flamme zufällig den gleichen Weg hat. Is klaa….Berlin ist halt ein Dorf. Aber es dient der kruden Geschichte. Plötzlich ist der Fluch, den Undine am Anfang des Films angesprochen aber nicht erfüllt hat, wieder allgegenwärtig.
Christoph verunglückt in der Folge bei einem Tauchgang und wird im Unfallkrankenhaus Solingen für hirntot erklärt. Huch, wie kommen wir plötzlich nach Solingen. Bevor ich zum ersten mal eingeschlafen bin, spielte die Handlung doch in Berlin. Na ja egal. Undine, die tags zuvor noch mit Christoph telefoniert haben will, wird von einer Freundin Christophs wütend aufgeklärt, dass es so nicht gewesen sein kann. Christoph wäre schon vor dem angeblichen Telefonat für hirntot erklärt worden. Undine solle bitte nicht eine solche Scheiße erzählen. Hat da etwa die Stimme aus dem Totenreich zu Undine gesprochen? Hmmm….
Undine hat schneller als ich begriffen, dass sie dem ihr auferlegten Undinen-Fluch folgen und ihren Ex-Lover Johannes killen muss, damit Christoph errettet werden möge. Gedacht - Getan. In einem kleinen Swimming-Pool schnappt sie sich den bemitleidenswerten Johannes und ersäuft ihn. Danach verschwindet sie in einem Gewässer. Und schwupps - in Solingen tut sich was. Christoph ist plötzlich wieder von den Hirntoten auferstanden. Wie einst Rocky nach seiner Adrian gebrüllt hat, so schreit der Gute nach seiner Rückkehr aus dem Totenreich den Namen Undine brüllend das halbe Krankenhaus zusammen. Sofort macht er sich humpelnd auf nach Berlin. Er sucht nach Undine. Aber die ist ohne eine Spur zu hinterlassen auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
Zeitsprung. Zwei Jahre sind vergangen. Christoph, neu verliebt und in einer Beziehung lebend, fährt jobbedingt wieder nach Berlin, um dort ein paar Tauchgänge zu machen. Und wer schwimmt ihm da unter Wasser über den Weg. Ratet mal…..
Christoph denkt, er hätte Hallus gehabt und marschiert des Nachts noch mal zu dem Gewässer in dem er rumgetaucht ist, um ein paar Turbinen zu schweißen. Ganz geheimnisvoll ohne Taucherausrüstung schreitet er zur Tat. Und tatsächlich, die gute Undine schwimmt da tatsächlich herum. Sie fassen sich noch mal an den Händen, sie gibt ihm eine Figur zurück, die er ihr mal geschenkt hatte und er kehrt wissend ans Ufer zurück. Er hat Undine zwar verloren, aber sein Leben zuückgewonnen. Schließlich latscht Christoph mit seiner neuen Loverin Monika von dannen. Undine schaut ihnen nach….Klappe zu. Aus.
Jetzt mal ganz ehrlich. Was sollte das denn? Einen derartigen Unfug habe ich selten gesehen. Nebulös, wenig nachvollziehbar und jeder Spannung beraubt, schleppt sich der Film bar jeder Mystik in mittelmäßiger Tatort-Atmo zwischen Berlin und Solingen hin und her und versucht eine künstlerische Neuinterpretation und Umgestaltung der uralten, germanischen Undine-Sage. Das finde ich im Prinzip ja sehr ehrenwert. Man kann ja nicht immer die gleiche Story erzählen. Aber dann doch bitte nicht so wenig nachvollziehbar und mit so wenigen bleibenden Eindrücken hinterlegt wie in diesem Machwerk. Ein Film für die Denker, die Feingeister, die Versteher hoher Filmkunst, die immer dann begeistert und johlend aus den Kinosesseln springen, wenn der Normalo längst abgeschaltet hat. Bestimmt gab es auch noch Preise. Wahnsinn. Meiner Meinung nach ist Undine eine berechnende Verarsche. Wenn die Kunst-Kino-Lobbyisten es gut finden, sind die tiefen Schlafgeräusche des restlichen Publikums zu vernachlässigen.
Bemerkenswert allerdings - Paula Beer (Undine) und Franz Rogowski (Christoph) spielen so gut, dass man fast denken könnte, sie hätten zwar augenrollend aber dann doch mit nicht zu verachtender Leidenschaft dieser lahmen Inszenierung mitleidvoll ein wenig Tiefe verleihen wollen. Die Beiden sind wirklich Klasse und verleihen dem Ganzen ein wenig Stil und Glanz. Insgesamt reicht aber selbst ihre Schauspielkunst nicht aus, um den Film zumindest in Richtung Mittelmaß zu hieven. Am besten fand ich den Riesen-Wels. Erstaunlich wie groß die Kameraden werden können……