Edgar Wright Filme sind doch immer wieder ein wahrhaftes Fest. Nach großartigen Werken wie "Hot Fuzz", "Baby Driver" oder "Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt" war ich mehr als gespannt auf seinen neuen Film "Last Night in Soho". Glücklicherweise hat mich der Meister nicht enttäuscht, wenn gleich sich dieser Film am wenigsten nach einem Wright Film anfühlt.
Kurz zur Handlung: Eloise lebt auf dem Land, zieht aber nach London um dort Mode zu studieren. Da sie sich nicht gut mit ihrem Zimmergenossen versteht, verlässt sie das Studentenwohnheim und zieht in eine kleine Wohnung. Jeden Abend wenn sie sich dann aber schlafen legt, erwacht sie wieder im London der 60er Jahre und erlebt dort die Geschichte von Sandy, die den Traum von der großen Bühne leben will.
Wright hat sich hier ein ganz schönes Päckchen aufgeladen und vermischt hier eine ganze Menge an Genre zu einem Ganzen, wenn gleich hier der Humor doch tatsächlich so wenig Raum einnimmt wie nie zuvor. Wright spielt mit den Genre und schafft eine Balance, die glücklicherweise nie aus dem Gleichgewicht gerät.
Optisch fährt er wieder ganz große Geschütze auf und zelebriert diese Stärke gerade in den Szenen der 60er Jahre, aber auch in der Gegenwart kann der Dank seines Spiels mit dem Licht wieder fantastische Bilder erzeugen, die der gesamten Wohnung von Eloise einen sich immer wechselnden Charakter verleiht. Wie gewohnt spielt die Musik hier auch eine große Rolle und auch hier vermischt Wright diese wieder gewohnt hervorragend mit mit den Bildern des Filmes und stimmt diese darauf ab. Das erfordert eine Menge Planung und auch Feingefühl der Darsteller, die das ganze aber auch meisterlich schaffen.
Thomasin McKenzie trägt den Film gemeinsam mit Anya Taylor Joy auf ihren Schultern und sie macht ihre Aufgabe sehr gut, wenngleich Anya Taylor Joy hier den interessanteren Part hat. Auch sie ist so umwerfend in ihrer Rolle. Auch der übrige Cast ist perfekt besetzt mit Ikonen der 60er Jahre. Sei es Rita Tuschingham, als Eloise Großmutter, Terence Stamp oder Diana Rigg. Gerade Rigg darf sich mit diesem Film mehr als würdevoll verabschieden, da die Darstellerin leider 2020 verstarb. Aber sie ist für mich der heimliche Star des Films. Auch ein Matt Smith, der stets wie ein Gentleman wirkt, darf diesen auch verkörpern, nur um ihn dann auf grausame Weise zu demaskieren.
Inhaltlich werden die schweren Geschütze aufgefahren und so ist "Last Night In Soho" ein wichtiger Beitrag zum Thema #MeToo geworden. Der vorwiegend weibliche Cast erfährt hier zum Einen eine ganze Menge an unangenehmen Situationen. Sei es zu Beginn eine Taxifahrt, eine Szene zu Sandy Shaws "Puppet On A String" oder Anya Taylor Joys Sandy, die in einer unangenehmen Szene, sich den Männern immer wieder unter einem neuen Namen vorstellt. Die Szenen schockieren einen und dennoch können sich diese Frauen am Ende in der Welt behaupten und kämpfen sich hervor.
Zeitgleich finde ich es schön, dass Wright sich zwar vor den 60er verbeugt, aber es auch schafft den Publikum klar zu machen, dass der Spruch "Früher war alles besser" doch hinkt. Zwar gibt es in unserer modernen Gesellschaft auch eine ganze Reihe an Problemen, doch sind die der Vergangenheit nicht minder schlimm. Das glorifizieren der alten Zeiten wird hier aufgebrochen und klar gegen diese Stellung bezogen. In Nostalgie schwimmen mag schön sein, Disney und andere Studios tun seit Jahren nichts anderes, aber auch in der Nostalgie steckt eine dunkle Seite, die wir heute zu verdrängen versuchen und das ist sinngebend falsch. So wird kein Vorschritt erzielt und es wäre auch schön wenn man wieder mehr aus neuen Quellen schöpft, auch auf den Film bezogen, den auch heute kann dieser begeistern und überzeugen wenn er will. "Last Night In Soho" ist damit, trotz vieler Referenzen und dem Spiel mit der Nostalgie ein moderner und zeitgenößiger Film, den es mehr als nötig hat.
Kurz: Fantastische Darsteller, optischer Bombast und eine starke Message zum Thema #MeToo machen Edgar Wrights neuen Film "Last Night In Soho" zu einem der Highlights des Jahres!