Ellie Cooper hat eine besondere Gabe. Sie kann Kontakt zu Toten herstellen, Zeit und Raum spielen keine Rolle. Wichtig scheint nur zu sein, dass der Kontakt zwischen den Welten und Zeiten von Toten ausgeht, die eine Geschichte zu erzählen haben, um Ruhe finden zu können. Ellie ist das Medium. Nun wird erst gar nicht versucht, das Ganze in einen wissenschaftlich korrekten Kontext zu stellen. Es wird einfach vorausgesetzt, dass wir glauben, uns einfach berauschen lassen und atemlos diesem wirklich perfekt ausgestatteten, meisterlich gespielten und inszenierten, insgesamt betrachtet grandiosen Mystery / Horror Spektakel folgen.
Ellie zieht nach London um Modedesign zu studieren. Weil sie keinen gesteigerten Wert auf die Feierbiester im Studentenheim legt, mietet sie sich kurzerhand ein kleines altmodisches Zimmer im Haus der alten Dame Miss Collins mitten in Soho.
In dem Zimmer scheint es besonders hohe Bereitschaft aus dem Reich der Toten zu geben, mit dem Medium Ellie in Kontakt zu treten, um eine längst vergessene, bluttriefende Geschichte endlich ans Tageslicht zu befördern.
Und schon ist Ellie’s Geist auf einer verwirrenden, faszinierenden aber auch tief verstörenden Zeitreise . Sie nimmt teil am Leben der jungen Sandie, die mit vielen Hoffnungen und Träumen im Soho der Roaring Sixties versucht, als Tänzerin und Sängerin Karriere zu machen und dabei kräftig unter die Räder kommt. Irgendetwas Grausames scheint passiert zu sein. Aber was?
Die verschiedenen Ebenen von Zeit und Raum vermischen sich für Ellie immer mehr und rauben ihr nach und nach fast den Verstand, bis sich das Mysterium am Ende schockierend auflöst und den Zuschauer mit voller Wucht aus dem Kinosessel hebt. Nichts ist wie es scheint. Fährten, denen man nur allzu gern gefolgt ist, erweisen sich als Irrwege. Gut und Böse, Realität und Fiktion, das Heute und das Gestern verschwimmen zusehends. Ich kann nur empfehlen, sich auf den Film einzulassen, ohne schon im Vorfeld jedes Detail im Internet studiert zu haben. So treffen die Inszenierungen und Erkenntnisse wie Keulenschläge und der Film kann seine ganze Wucht perfekt entfalten.
Das Clubleben im Soho der 60er Jahre - bunt, grell, lebensfroh auf der einen, tief verdorben auf der anderen Seite - ist perfekt in Szene gesetzt. Hier stimmt jedes Detail und man möchte Ellie nur allzu gern auf ihrer Zeitreise begleiten und mit ihrer mehr und mehr zu ihrem Alter Ego mutierenden Sandie ein Tänzchen wagen.
Die beiden Hauptdarstellerinnen Thomasin McKenzie (Ellie) und Anya Taylor-Joy (Sandie) sind perfekt ausgewählt, scheinen wie für eben diese Rollen gemacht. Beide spielen sich die Seele aus dem Leib und heben den sowieso schon grandiosen Film auf ein noch höheres Podest. Altstars wie Diana Rigg in einer ihrer letzten Rollen und Terence Stamp runden das Ensemble ab.
Regisseuer Edgar Wright, der schon mit vielen grandiosen Filmen wie Baby Driver, Shaun of the Dead, Tim und Struppi (Drehbuch), The Worlds End, etc. mehr als nur auf sich aufmerksam gemacht hat, zaubert hier einen Mystery-Schocker mit Horroranleihen auf die Leinwand, der wirklich fasziniert und mitreißt. Der Film entfacht eine ungemeine Sogwirkung, der man sich bis zum bitteren Ende nahezu gar nicht entziehen kann. Das merkt man vor allen Dingen daran, dass am Ende des Films Nacho-Tüte und Cola Zero noch nahezu unberührt sind.
Mir fällt eigentlich gar kein negativer Kritikpunkt ein. Der Film ist einfach perfekt gemacht und reiht sich nahtlos in die Reihe von vergleichbaren Meisterwerken wie The 6th Sense, Shining und Shutter Island ein. Und das gleichberechtigt. Chapeau!!