"Everything, Everywhere, All At Ones" ist für mich genau das geworden was Marvel seit geraumer Zeit versucht, aber nicht schafft. Die Daniels entführen uns in ihrem Trip auf eine wilde Reise, die vor Kreativität strotzt, verrückten Ideen, einer Menge Witz und ebenso vielen emotionalen Szenen. Herausgekommen ist einer der besten Filme des Jahres, der selbst nach mehrfacher Sichtung nichts an seiner Wirkung verliert.
Zunächst zur Handlung: Evelyn wächst die Gesamtsituation über den Kopf. Ihr durch und durch fröhlicher Ehemann denkt über die Scheidung nach, der Draht zu ihrer Tochter scheint sich vollkommen zu verflüchtigen, ihr Vater macht ihr zusätzlich das Leben schwer und der Waschsalon, den sie betreibt scheint die besten Zeiten hinter sich zu haben. Da kochen die Gemüter zusätzlich hoch, wenn man den Gang zum Finanzamt angehen muss, wo die Beraterin Ihnen doch nur böses will. Doch plötzlich taucht ihr Mann aus einem anderen Universum auf und warnt Evelyn vor einer großen Gefahr, die das gesamte Multiversum vernichten kann und nur sie kann es stoppen.
A24, steht seit Jahren für kreatives und außergewöhnliches Kino. Mit Filmen wie "Ex_Machina", "Der Leuchtturm" oder "Midsommar" hat sich das Studio zu meinem Lieblingsstudio gemausert. Das sie dann das Vertrauen in die Daniels gesetzt haben, die zuvor mit "Swiss Army Man" einen sehr kontroversen Film abgeliefert haben, in dem sich Daniel Radcliffe als Leiche durch den Film furzt, ist schon beachtlich. Doch betrachtet man das Ergebnis kann man nur froh sein, dass mit einem doch geringen Preis etwas so großartiges entstehen kann.
Die Effekte, Ausstattung, Kostüm und Musik sitzen und die einzelnen Multiversen sind wundervoll kreativ ausgestattet. Ob Hot-Dog-Finger, Steine oder Anime, mit dem Konzept wird wundervoll umgegangen. So sind es oft nur kleine Abweichungen, die den Unterschied machen. Dabei macht der Film auch wundervoll Anspielungen auf diverse andere Filme wie beispielsweise "2001: Odyssee im Weltraum", "2046" oder "Ratatouille".
Inhaltlich bietet der Film zudem zusätzlich mehr als es der Durchschnitt tut, den obwohl das Schicksal der Galaxis auf dem Spiel steht, so geht es im Kern doch eigentlich um eine viel kleinere Geschichte. Am Ende wirft der Film auch eine ganze Menge Fragen auf, die er aber auch beantworten kann. Ist alles vielleicht Sinnlos? Ist Freundlichkeit der Schlüssel zum Glück? Steht ein Donut symbolisch für Depression und Suizid und Abschied? Ist es nicht besser ein solides, aber glückliches Leben zu haben? Der Film spielt wundervoll mit diesen Fragen und rührt mich dann auch im großen Finale immer wieder zu Tränen, da man sich dann doch hervorragend mit all dem Identifizieren kann.
Perfektioniert wird Alles von den Darstellern. Michelle Yeoh liefert die perfekte Performance und liefert den Höhepunkt Ihrer abwechslungsreichen Karriere. Teilweise wirken ihre Rollen wie ein Best-Of ihrer Karriere und dementsprechend wird hier auch alles von ihr abverlangt. Und auch wenn ihre Evelyn stellenweise extrem unsympathisch wirkt, gerade zu Beginn, so hat sie doch gegen Ende einen nachvollziehbaren Charakterwandel hinter sich. An ihrer Seite trumpft auch Ke Huy Quan groß auf. Ihn nach über 30 Jahren wieder zu sehen hat mich immens gefreut. Der damalige Kinderstar, der durch "Die Goonies" und Shorty in "Indiana Jones und der Tempel des Todes" bekannt wurde, war über viele Jahre, auf Grund mangelnder Rollenangebote verschwunden. Nach dem Film unverständlich, so großartig wie er aufspielt. Die leicht naiven und fröhlichen Teile, liefert er genauso stark ab wie die ernsten und emotionalen Stellen. Auch in den Aktionszenen, die er ebenso wie Yeoh, schon seit Jahren beherrscht trumpft er groß auf. Ein absolut gelungenes Comeback, wofür man den Filmemachern nur danken kann. Die noch unbekannte Stephanie Hsu ergänzt die Familie als Tochter Joy. Auch sie liefer eine bärenstarke Leistung und ich konnte mich wundervoll mit ihrer Figur identifizieren. Ein weiteres Highlight ist "Halloween"- Ikone Jamie Lee Curtis. Als Steuerbeamtin hat sie nicht nur eine Menge Spaß fieß zu sein, auch sie bekommt irwitzige Szenen, ebenso wie die Emotionalen, die gerade gegen Ende zu Tränen rühren und uns den Charakter lieben lassen.
Kurz: "Everything, Everywhere, All At Ones" ist außergewöhnliches, kreatives Kino das beweist, dass man nicht viel brauch um großes aufzubauen. Am Ende sind es doch die kleinen Geschichten und die Charaktermomente, die zu Tränen rühren und dem ganzen Spaß einen perfekten Kontrast bietet. Mit hervorragenden Darstellern beweist der Film, was im üblichen Blockbusterkino falsch läuft und was möglich wäre.