"There's no story about wishing that is not a cautionary tale.“
George Miller ist einer dieser eindrucksvollen, aber auch kuriosen Regisseure in Hollywood. Einerseits schuf er Filme wie die „Mad Max“-Saga, darunter auch der starke „Fury Road“ von 2015. Filme, die actionreich, brutal und voll von gewaltigen Bildern sind. Gleichzeitig drehte er Werke wie die beiden „Happy Feet“-Teile und den zweiten Part von „Ein Schweinchen namens Babe“. Bei Miller geht es wild zu. Doch 2022 ging er in eine recht neue Richtung: Ein Fantasy-Märchen namens „Three Thousand Years of Longing“. Das Ganze basiert auf einer Kurzgeschichte „The Djinn in the Nightingale Eye“ (oder im Deutschen „Der Dschinn im Auge der Nachtigall“) von 1994. Der Film war ein Flop an den Kinokassen, was sicherlich auch dem schwachen Marketing zu verdanken war. Die Trailer kündigten einen actionreichen Film an mit verrücktem Humor. Doch das ist nicht das, was man bekommt. Ich persönlich schaue mir schon lange keine Trailer mehr an, nur ganz selten, wenn ich wirklich extrem gespannt auf ein Projekt bin. Hier empfehle ich ganz klar sich wenn überhaupt die Beschreibung der Story durchzulesen. Denn je weniger man weiß, desto höher die Chance, hier einen wirklich wundervollen, kreativen Film genießen und erleben zu können. Und das ist „Three Thousand Years of Longing“ für mich!
Die Literaturwissenschaftlerin Alithea Binnie besucht Istanbul in der Türkei, um dort einen Vortrag zu halten. Als sie in der Stadt auf der Suche nach einem schicken Andenken ist, ergattert sie eine hübsche Flasche. Doch sie ahnt nicht, dass sich in genau dieser Flasche ein Dschinn versteckt, der ihr prompt drei Wünsche gewährt. Doch Alithea ist ihrer Aussage nach wunschlos glücklich. Ein Problem für den Dschinn, der diese drei Wünsche braucht, um endlich frei sein zu können…
Für mich ist das Kino für Filme wie „Three Thousand Years of Longing“ gemacht! Eine fantasievolle Geschichte, die nicht nur visuell beeindrucken kann, sondern auch mit ihrer wilden und überraschenden Erzählweise. Tatsächlich hat der Film mich oftmals her von seiner Energie an „Everything Everywhere All at Once“ erinnert. Nicht unbedingt im Bereich der Action, aber was seine Kreativität anbelangt. Dabei ist die Idee hinter „Three Thousand Years of Longing“ sehr simpel und erinnert zuweilen an ein Theaterstück. Und dennoch sind es vor allem die Geschichten des Dschinns, die mich in den Bann gezogen haben. Der Film hat etwas von einem Anthology-Werk mit seiner episodenhaften Erzählung. Doch alles ist ineinander verknüpft. Wir erfahren, wie der Dschinn zu Alithea gelang, welche Tragödien er erlebt hat. Und sobald man denkt, man wüsste, wohin die Reise geht, nimmt der Film eine Wendung, die zumindest ich nicht erwartet hätte.
Dabei bietet der Film uns nicht nur romantische Ideen, sondern auch Fantasy- und Horrorelemente, gemischt mit teils surrealen, poetischen Bildern. Das alles war für mich in sich stimmig und hat mich schnell verzaubert, so wie der Dschinn auch Alithea verzaubert.
Das Ende des Films (keine Sorge, ich verrate hier nichts!) wird sicherlich nicht jedem gefallen, dennoch lässt es Spielraum für Interpretationen, was ich persönlich immer mag. Und ich freue mich schon jetzt darauf dieses Werk von Miller nochmal zu sehen, denn alles wirkt wunderbar abgestimmt, jedes Detail im Film scheint wichtig zu sein. Unter vielen anderen Regisseur*innen wäre diese Geschichte sicherlich nicht so kraftvoll geworden (Miller schrieb übrigens auch das tolle Drehbuch mit). Es ist ein Projekt, das mit Leidenschaft kreiert wurde und ich finde, dass man das sieht und spürt.
Die beiden Hauptdarsteller Tilda Swinton und Idris Elba sind beide klasse und ergeben nicht nur visuell, sondern auch in ihren Figuren wunderbare Gegensätze, aber gleichzeitig haben sie auch viele Parallelen.
Optisch bebt der Film vor knalligen Farben und fantasievollen Bildern. Miller nutzte sein dickes Budget von 60 Millionen Dollar gut. Auch wenn viele Momente durch das Übermaß an CGI künstlich wirken können, so passt es doch in meinen Augen. Der Großteil an VFX-Effekten ist in den Flashbacks zu sehen und da diese ja nur Erzählungen sind, ergibt es Sinn, dass sie eher kunstvoll und unnatürlich aussehen. Ob das bewusst so entschieden wurde, weiß ich zwar nicht, dennoch passt dieser visuelle Stil gut zur Geschichte und der Thematik. Obendrein sind mir Effekte eh nie so wichtig, wenn die Geschichte mich in ihren Bann ziehen kann und das tut sie hier!
Ebenfalls stark war der Score von Tom Holkenborg (Junkie XL): Der sonst actionorientierte Musiker, schuf hier einen sehr schönen und kraftvollen Fantasy-Score, der den Szenen viel Würze und Gewichtigkeit verleiht.
Fazit: „Three Thousand Years of Longing“ ist für mich ein Film mit frischen Ideen, kreativen und fantasievollen Momenten. Die Geschichte ist ein wunderbarer Mix aus Magie und Wissenschaft und zeigt, dass diese beiden Dinge nicht unbedingt Gegensätze sein müssen. Daneben erzählt Miller hier eine mitreißende Geschichte über Liebe und Einsamkeit mithilfe von starken Bildern, tollen Darstellern und träumerischer Musik. Ein Film, der deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient!