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Kinobengel
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4,0
Veröffentlicht am 14. Dezember 2019
Nachdem Nicolas Bedos mit seinem Kino-Debüt „Die Poesie der Liebe“ (2017) punkten konnte, führt er sein Publikum mit „Die schönste Zeit unseres Lebens“ wieder in die Vergangenheit.
Victor (Daniel Autieuil), ein Kunstzeichner, ist mit der heutigen Welt nebst Ehefrau Marianne (Fanny Ardant) unzufrieden. Er bekommt eine aufwendig inszenierte Zeitreise in das Jahr 1974 geschenkt, lernt seine Zukünftige, gespielt von Margot (Doria Tillier), nochmals kennen und verliebt sich in die attraktive Schauspielerin.
Der französische Regisseur (Bj. 80) liebt offensichtlich das von anderen Vorgelebte - wie die von ihm geschaffenen Figuren. Seine beiden Filme nebeneinandergestellt, erlauben diese Schlussfolgerung. Bedos weiß zudem genau, wie er die (nicht nur älteren) Zuschauer fangen kann. Mit fein nuancierten Steigerungen lässt er Victor, der anfangs noch die Realität deutlich erkennt, immer tiefer in das historische Szenario fallen. Das häufige Umschalten in die Gegenwart erhöht den Abstand zu derselben. Superstar Daniel Autieuil erscheint mit großen, Wärme ausstrahlenden Augen als verzauberter Protagonist.
Darf‘s noch ein bisschen humorige Turbulenz sein? Regisseur Antoine (Guillaume Canet) ist mit viel energisch versprühtem Herzblut um eine reale Darstellung der von Victor beschriebenen Ereignisse bemüht. Umso schwerer fällt es Antoine mit anzusehen, wie die mit ihm liierte Margot sich Victor annähert. So entsteht noch eine weitere geschickt eingewobene Ebene in dieser von Bedos selbst geschriebenen Geschichte. Mit bissigen Dialogen kommunizieren, streiten, lieben die Beteiligten und beschleunigen den Unterhaltungswert dieser Komödie, untermalt mit der Musik der 1970er.
Das komplexe und komische Spiel von „Die schönste Zeit unseres Lebens“ belebt die romantische Kinolandschaft wie schon der Erstling von Nicolas Bedos.
Nachdem wir "Mein ziemlich kleiner Freund" gesehen hatten, sollte es noch eine Französische Liebeskomödie sein. Und Bingo! "Die schönste Zeit unseres Lebens" hat uns noch besser gefallen. Ebenfalls ein Top- Cast, aber eine deutlich raffinierterer Plot, der von einer geschickten Regie perfekt umgesetzt wurde. Und dann die Musik, einfach wunderbar passend. Ein Filmgenuss der Extraklasse!
"Die schönste Zeit unseres Lebens" von Nicolas Bedos ist einerseits eine typische französische Komödie mit schlagfertigen, rasanten und pointierten Dialogen, Beziehungskuddelmuddel und turbulenten Verwicklungen. Andererseits überrascht der Film aber auch mit einer originellen Ausgangssituation und spannenden Wendungen in der Handlung, die ich so nicht vorhergesehen habe - die aber dennoch schlüssig sind.
Darüber hinaus spielen vor allem Daniel Auteuil und Doria Tillier herzerwärmend und feinfühlig, Fanny Ardant gelingt der Spagat zwischen Verletzlichkeit und Biestigkeit hervorragend und auch die anderen Schauspieler sind allesamt großartig und facettenreich.
Die mise en scène bildet die verschiedenen Epochen außerdem detailgetreu nach und insbesondere das Setting des Jahres 1974 ist sehr liebevoll gelungen. Ich fühlte mich glatt an die Einrichtung im Zuhause meiner französischen Großeltern erinnert. Also auch der Nostalgie-Faktor war zu 100 Prozent erfüllt.
Fazit: Lohnt sich! Wer französische Komödien mag, dürfte diesen Film lieben.
Ein charmanter Spaß. Humor oft hintergründig und subtil. Pointierte und direkte Dialoge. Hab mich mehrfach in die Irre führen lassen, ob eine Szene nun ernst gemeint oder gespielt ist. Dazu ein Hauch Nostalgie und Ironie, mit der sowohl die heutige Zeit als auch die 70er auf die Schippe genommen werden. In Summe: Sehenswert. Kleinere Längen hin oder her.
LIEBE AUF REBOOT von Michael Grünwald/filmgenuss.com
Welchen Moment aus eurem Leben würdet ihr wohl gerne nochmal erleben? Wobei ich besser die Frage voranstellen sollte: würdet ihr einen Moment in eurem Leben überhaupt nochmal erleben wollen? Oder reicht die eigene Erinnerung? Oft ist diese aber schon nach Jahren oder Jahrzehnten so weichgezeichnet, wie man sie gerne hätte. So ausgeschmückt und ergänzt, fast wie aus einem Roman. Vielleicht verblassen auch manche Erinnerungen, manche Schlüsselszenen eines Lebens, die aber notwendig wären, um wieder auf Spur zu kommen. Ein Trigger aus der Vergangenheit. Ein Neuentzünden verlorener Leidenschaften. Das wäre doch was?
Anfangs ist selbst Victor als relativ brotloser Comiczeichner ziemlich skeptisch, als er den Flyer eines ganz speziellen Dienstleisters in Händen hält, der vergangene Erlebnisse authentisch inszeniert. Dabei muss es nicht mal die eigene Geschichte sein, es kann auch Weltgeschichte sein, die ein Bekannter seines Sohnes bis ins Detail nachstellen kann – mit Schauspielern, Effekten, Musik und allen anderen Sinnen, die es zu täuschen gilt. Da die Ehe des Zeichners vor dem Aus und die Frage im Raum steht, warum es hatte so weit kommen können, packt Victor die Gelegenheit beim Schopf und lässt sich die ersten Tage der großen Liebe originalgetreu und nach allen Regeln der Kunst unter die stattliche Nase reiben. Der Effekt: Zyniker Victor verliebt sich erneut – allerdings nicht in seine Ehefrau, sondern in dessen jüngere Ausgabe.
Frankreich, ich wiederhole mich dabei durchaus gerne öfters, ist die Wiege der Tragikomödie. Wenn’s nicht so wehmütig wäre, wäre es durchaus äußerst komisch. Beides zusammen ergibt einen nachdenklichen Mix aus der verträumten Essenz einer emotionalen Erinnerung und einer chaotisch kippenden Beziehungskette, die das Liebesleben so mancher Person durcheinanderbringt. Daniel Auteuil als bärbeißiger Misanthrop mit Rausche- und später mit adrettem Schnurrbart (steht ihm tatsächlich gut!) brilliert sowohl in seiner verlebten Figur eines im Alter faul gewordenen Besserwissers als auch in der Rolle des charmanten Zeitreisenden, der wieder auf die Werkeinstellungen eines leidenschaftlichen Jungspunds zurückgesetzt wird – der Gras raucht und Hemden mit Spitzkragen trägt. Diese Idee hatte mich schon im Trailer überzeugt – der Reboot einer Liebe durch den Blick zurück ist ein augenzwinkernder, absichtlich irrealer Kniff, der natürlich, realistisch betrachtet, so nicht funktionieren kann, der aber so eine herrlich abdriftende Geschichte entwickelt, die so manche Paare auch auf ihre eigene, vielleicht etwas ins routinierte Räderwerk geratene Beziehung ummünzen könnten. Die Prämisse, dass man nahe dran ist, die Liebe des Lebens mit dem Bild der Erinnerung selbiger zu hintergehen – das ist schon ein satirisches Bonmot, das sich auch erlaubt, die Verkümmerung der Romantik im Zeitalter des High-Tech zu parodieren. Das Drehbuch wurde verdientermaßen mit einem César geadelt.
Dabei hat Guillaume Canet als Zeitreise-Illusionist eine nicht minder wichtige Rolle, der als scheinbar beziehungsunfähiger Choleriker für andere Die schönste Zeit unseres Lebens parat hat, für sich selbst aber einen solchen Moment schmerzlich vermisst. Durch Daniel Auteuils Zeitsprung in sein altes Ich gelangt auch Canet auf den Weg der Erkenntnis. Ob er ihn auch geht, wird hier nicht verraten. Schön ist jedenfalls, dass Nicolas Bedos selbst verfasstes Liebes- und Lebensbild gespickt ist mit jeder Menge Songs aus den Siebzigern, einer satten Dosis schmuckem französischem Lebensstil und beherzt gesungener Chansons. Wobei – der ganze Film ist wie ein Chanson: nachdenklich, humorvoll und bittersüß. ––––––––––––––––––––––––––––– Viele weitere Reviews auf filmgenuss.com – einfach reinschauen!