ZOMBIEKEGELN IN SEOUL
von Michael Grünwald / filmgenuss.com
Vor vier Jahren zwängten sich blutdürstende Virenträger durch die schmalen Gänge und Abteile eines Zuges nach Busan. In Busan, so hieß es, könnte man als Gesunder vor einer nicht näher bestimmten Epidemie Zuflucht suchen. Dieser spannende und hochdramatische Thriller zählt für mich bis heute zu einem der stärksten Beiträge des Zombie-Genres. Nicht aber, weil es versucht, der bereits sehr abgegriffenen Thematik neue Aspekte abzugewinnen, sondern weil Regisseur Yeon Sang-Ho es gut verstanden hat, das Potenzial eines Katastrophenthrillers punktgenau und mit sehr viel Gefühl für Timing effizient auszunutzen. Die räumliche Enge – wir wissen, so etwas macht die Dramatik noch kerniger – tat ihr Übriges.
Völlig losgelöst vom Horror auf Schiene allerdings hat Sang-Ho an einer Fortsetzung gebastelt – die genauso vier Jahre später einsetzt und die nur so viel mit dem Erstling gemeinsam hat, als dass dieser vernichtende Virus jener ist, den wir schon in Train to Busan hatten. Statt eines Zuges fährt jetzt ein Schiff nach Seoul, und zwar eines mit illegalem Auftrag. Vier Flüchtlinge, die in Hongkong relativ mittellos auf ein Ende der Katastrophe warten, bekommen die Chance, sich ein neues Leben aufzubauen, sofern sie bereit sind, ein waghalsiges Ding zu drehen: Nämlich zurück ins Zentrum des Zombiewahnsinns, um einen Truck, angefüllt mit Millionen von Dollar, aus dem Chaos zu bergen. Auftrag natürlich angenommen, so schwer wird das wohl nicht werden, vor allem wenn die Operation nachts verläuft, da diese Zombies bei Dunkelheit sowieso nichts auf die Reihe kriegen. Untertags aber sind die kranken Horden jedoch schnell, rasend schnell. Und so sehr es auch danach aussieht – sie sind nicht das einzige Problem.
Klingt nicht so wirklich nach Horror? Stimmt – in Peninsula hat es das interessierte Publikum eindeutig mehr mit einer gewissen Art von Endzeit-Action zu tun, die in ihren wildesten Momenten ganz klar seine Inspiration im Mad Max-Universum sucht. Seoul – in ansprechend postapokalyptischen Panoramagemälden für den nächsten Jahreskalender verewigt – ist Rennstrecke und Hindernisparcour zugleich. Quer durchs Gemüse und durch Zombiecluster hindurch brettern aufgepimpte fahrbahre Untersätze, hinterm Steuer Gesetzlose, die anderen Gesetzlosen nachjagen. Natürlich gibt´s auch jene, die im Meistern der Situation ganz vorne mit dabei sind, und die selbstredend zu den Guten gehören, um einen Konflikt austragen zu können, der über den Zombies steht, die in ihrer instinktgesteuerten Aggression oftmals über sich selbst fallen, um dann umgeworfen zu werden wie Kegel, als wäre Seoul eine riesige Bowlingbahn.
Peninsula ist dystopische Action, die nur in seltenen Momenten überrascht, die zeitweise sogar mit so viel Vorhersehbarkeit um die Kurve schert, dass trotz all der quietschenden Reifen Langeweile aufkommt. So etwas passiert, wenn vom Waggon bis zur Stadtgrenze der Aktionsradius expandiert. Ein ähnliches Problem hatte auch damals Stirb langsam – jetzt erst recht. Der Actionfilm erklärte gleich ganz New York zur Bühne. Seoul ist auch nicht gerade ein Dorf, dementsprechend verliert sich der wüste Banditen-Eastern in so manche dramaturgische Sackgasse – und schwächelt dem straffen Original deutlich hinterher.
Wenn schon die südkoreanische Metropole von allen Göttern verlassen scheint – das Pathos hat´s da noch nicht rausgeschafft, ganz besonders aus dem Finale nicht, das alle Register der Theatralik zieht, was auch erst gekonnt werden will, und hier nicht ohne Wirkung bleibt. Klar wird – das Publikum ist manipulierbar, ein bisschen so wie all die Zombies, die nicht anders können als funkelnden Lichtern hinterherzutorkeln.
_____________________________________________________
Mehr Reviews und Analysen gibt´s auf filmgenuss.com!