Sie ist sehr stolz auf ihren Garten. Sie hegt und pflegt ihn aber auch. Und es ist schön, sich dort auch mal in die Sonne zu legen. Auch das Haus ist auf Vordermann. Sie hat einen Mann, der sich um sie kümmert, und auch die Kinder fühlen sich sehr wohl. Da möchte man auf keinen Fall wegziehen.
Dass sie direkt an einer Mauer leben - ja, das kann man ja mit Blumen und Büschen kaschieren. Dass immer ein recht hoher Geräuschpegel drumherum herrscht, das kann man ignorieren. Dass es manchmal nach Rauch stinkt - das macht man einfach das Fenster zu.
Idylle? Hedwig Höß (Sandra Hüller) findet, ihr Hof und Hof sind genau das. Sie ist die Frau von Rudolf Höß (Christian Friedel). Er ist Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz. Es liegt unmittelbar neben dem Garten der Familie Höß, hinter besagter Mauer.
Und während ein paar Meter weiter Menschen gefangen genommen, gequält erschossen und vergast werden, kümmert sich Hedwig Höß um ihre Blumen, Und um die Kinder. Und Rudolf geht mit seinem Sohn reiten.
Als Rudolf Höß dann nach Oranienburg versetzt werden soll, ist Hedwig empört: Auschwitz verlassen? Dieses - wie sie findet - schöne Fleckchen Erde?
"The Zone of Interest" ist einerseits banal, andererseits barbarisch. In diesem Film erleben wir den Familienalltag der Höß'. Der ist banal. Was ihn so barbarisch macht, ist das, was man nur im Hintergrund erahnen kann. Die Familie lebt direkt neben dem KZ Auschwitz. Man kann es hören, so ziemlich immer. Man kann es auch sehen. Und riechen.
Während die Familie im Garten ist, sieht man im Hintergrund den Rauch einer Dampflok. Mehr nicht. Aber man weiß, was es bedeutet, wenn so ein Zug in Auschwitz ankommt. Man sieht im Hintergrund Rauch am Himmel - oder gar einen qualmenden Schornstein. Mehr nicht, aber auch da weiß man, was es bedeutet, wenn es in Auschwitz qualmt.
Es ist die Nüchternheit, die das alles beklemmend macht. Die Familie blendet das nachbarliche Grauen nahezu aus.
Und wir sind die Beobachter. Der Film ist recht statisch. Es gibt keine Schwenks, keine Zooms - nur zweimal eine begleitende Kamerafahrt. Ansonsten steht die Kamera immer still - oft auch relativ weiter Entfernung. Es ist unsere Beobachterposition. Distanziert, aber dennoch genau hinschauend.
Wir sehen aber auch ein Paar - tja, lieb es sich? Irgendwie schon. Zärtlichkeiten aber gibt es fast gar nicht. Sandra Hüller und Christian Friedel spielen diese Nüchternheit grandios.
Grandios ist in diesem Film aber vor allem der Ton: Auf den kommt es nämlich an. Die permanenten KZ-Hintergrundgeräusche, das Brummen, Dräuen, Bollern, Schreien - all das ist fast immer präsent. Wir hören es immer - und wir fragen uns: Hören die das auch?