Mir fällt es einfach verdammt schwer diesen Film zu bewerten. Ich bin seit meinem sechzehnten Lebensjahr, großer und bekennender Fan des Eurovision Song Contests und liebe die Veranstaltung so sehr, dass ich mich jährlich schon im Vorfeld die Vorentscheidungen aus allen Ländern anschaue. Ich war sehr skeptisch was diesen Film angeht , da ich mir nicht vorstellen konnte, wie Will Farell, dessen Humor mir noch nie zugesagt hat, diesen Thema respektvoll umsetzen kann. Ich habe leider mit einer vollkommenen Parodie der Veranstaltung gerechnet und ja auch wenn ich weiß dass beim ESC immer wieder mal Klamauk auftrifft, so ist der Wettbewerb in den letzten Jahren auch sehr viel moderner geworden und hat auch sehr künstlerisch kreative und herausragende Momente. Die Idee des ESC ist, dass Menschen aus Europa und Australien zusammenkommen um in der Musik eine gemeinsame Sprache zu finden. Das ist vom Grundgedanken schon super und wird auch wenn man mal Live vor Ort war auch genau so gelebt. Der Film schafft all dies nur aber zum Teil einzufangen.
Zunächst einmal muss ich anmerken, dass ich gerade den Humor wirklich sehr unpassend finde und oft wenig gelungen. Wenn hier Menschen sterben und Körperteile durch die Luft fliegen, finde ich dass dann doch eher unpassend. Gleiches gilt oft für die Dramaturgie des Filmes, die ich auch nicht immer passend finde. Die Musik selbst finde ich passend und zu gleich auch nicht. Einige Lieder passen wirklich gut zum ESC (Husavik, Double Trouble, Fool Moon), wiederum andere sind tatsächlich nur überspitzte Karikaturen (Lion Of Love). Das wäre eben auch alles halb so wild, wenn der Film für das in erster Linie eher amerikanische Publikum, nicht den Eindruck vermitteln würde, dass der Contest eben nur aus solcher Musik besteht. Abwechslung findet sich hier nämlich eher weniger und es wurde oft versucht, Elemente die es so zwar schon mal beim ESC gab (Hamsterrad usw.) in zu wenig Auftritte hineinzupressen, wodurch ebenfalls alles nur noch Trashiger wirkt. Hier hat mich oft die Darstellung gestört, wenn gleich durchaus einige Lieder ESC Feeling haben. Ich hätte mir aber mehr Abwechslung gewünscht was die Genre angehen.
Leider schleichen sich auch viele Fehler in der Darstellung des ESC ein. Ich finde es nicht schlimm wenn nicht alles akkurat umgesetzt ist, doch dieser Film macht so viele Fehler, was den ESC angeht, besonders in der Szene im Halbfinale, dass ich es irgendwann lästig und schlecht recherchiert fand. Dies ist ein großes Ärgernis für mich. Die Fehler haben sich so gehäuft, der Humor war auch nicht meins und zu Teilen war alles sehr drüber und wirkte eher wie ein sich Lustig machen, als eine echte Verbeugung, der Wendepunkt ist dann aber:
Zum einen die Darsteller machen ihre Sache alle samt gut. Rachel McAdams ist wundervoll. Will Farell ist immer dann am besten, wenn er mal keinen Witz reist. Und ja, besonders in einer Ansprache am Ende, habe ich dann doch gemerkt, dass er wirklich Fan ist, den dann Sprach er aus dem Herzen und hat mich voll abgeholt. Davon hätte ich gerne mehr gesehen. Pierce Brosnan fand ich ebenso überzeugend, gleiches gilt für Dan Stevens, der einen wilden Mix aus allen Russen der letzten Jahre spielt und mit „Lion Of Love“ die Überambition der Russen gekonnt kritisiert. Und auch die Cameos waren super. Sei es ein Graham Norton als sich selbst oder diversen anderen vertrauten der ESC Welt und über die Cameos der ehemaligen Teilnehmer will ich nicht sprechen, auch wenn ihre Szenen super sind und ebenfalls ein Höhepunkt darstellen. Die Musikszenen machen trotz den vielen Fehlern, immer noch Spaß und dadurch dass auf der echten Bühne von 2019 gedreht wurde, wird auch echtes Feeling wach.
Fluch und Segen wird auch die Szene im Hamsterrad. Da ich sie zunächst sehr authentisch finde, dann aber in einem blöden Gag endet, nur um dann nochmal in einem interessanten Moment zu enden. Was zunächst nur Kopfschütteln auslöst, wandelt sich hier schnell und die Szene finde ich zu Teilen sehr gelungen und komplett misslungen.
Den ganzen Film retten tut für mich das Finale, welches eine perfekte Szene geworden ist. Hier haben wir einen wundervollen Rahmen.
Lemtow singt seinen überambitionierten Song „Lion Of Love“. Die Inszenierung stimmt, der Gesang auch. Doch der Song hat keine Seele. Er ist Stangenware, in der der Russe seine Liebe zu einer Frau besingt, obwohl er selbst schwul ist. Es folgt Will Farells großartige Ansprache, in der er den Wert des ESC besingt und den Wert echter Musik (Salvador Sobral 2017 lässt grüßen). ) Im Folgenden ändern sie ihren Song und Rachel McAdams (im Original übrigens gesungen von Molly Sandén, die bereits drei Mal im schwedischen Vorentscheid dabei war) gibt eine Ballade zum Besten, ohne Technik, mit Herz gesungen, einer persönlichen Botschaft und zum teil auf Isländisch. Das bezaubert nicht nur die Halle, sondern auch Millionen am Fernsehen, die eben ihre Gefühle spüren. Ein toller, echter Moment, der zeigt wie stark Eurovision sein. Die Szene endet wieder mit Lemtow, der der Griechin seine Gefühle zeigt und die Leistung Islands anerkennt. Das ist nicht nur ein toller Charaktermoment für alle drei Hauptfiguren, es ist auch eben ein perfekter Spiegel dessen was der ESC bedeutet und was Musik bedeutet. Musik ist Gefühl, kein Feuerwerk und der beste Song ist der der vom Herzen kommt. Lemtow kann nicht vom Herzen singen, da es ihm zu Teilen verboten wird, was ihn wiederum zu einem tragischen Charakter macht. Hier bekommen wir wirklich puren Gold geliefert, von dem ich gerne mehr gesehen hätte.
Kurz: Dieser Film hat viele Baustellen, einige Schwächen und dennoch ein paar bärenstarke Momente, die mich die Fehler etwas vergessen lässt und diesen Film zu einem echten Wechselbad der Gefühle für mich als ESC Fan hat werden lassen.