Toller Kriegsfilm. Grossartig!!! So muss ein richtig guter Kriegsfilm gedreht werden, ohne elende Rückblendungen, ohne unnötige Psychoanalysen.
Regisseur Sam Mendes beweist Mut gegen den Trend der Jahre 2006 bis 2017 einen Film im "One Cut" Verfahren gedreht zu haben. Also eine Handlung in einem Strang zu drehen.
Schlimme Beispiele wie "Flags of our Fathers" von 2006 mit schlechter CGI, ständigen
verwirrenden Rückblendungen und nervenden Psychonanslysen fehlen in "1917". Und das ist auch gut so!!! Lobenswert ist die originale Ausstattung an Kriegsgerät, Uniformen, Ausrüstung, Fahrzeugen, der Situation insgesamt und der seltenenen sehr realistischen Dialoge.
Roger Deakin beweist eine beeindruckende Kameraführung, er hat den Oscar wohl verdient.
Die Aufnahmen sind klar, die Kamerafahrten kaum merklich. Beleuchtung und Filmmaterial sind hell und zeitgemäss.
George McKay, der 2019 schon 27 war, wirkt wie ein Milchbubi. Aber genau das gefällt mir, da tatsächlich damals sehr junge Soldaten kämpften.
Lance Corporal Schofield, den George McKay also spielt, wirkt sehr unerfahren für seinen Dienstgrad!!! Oft erkennt den Gegner nicht oder zu spät und sein Lee Enfield Gewehr ist ihm auch ziemlich fremd.
Durchaus realistisch wenn man im Niemandsland einen Schreck nach dem anderen hat und wenig Schlaf hatte.
Nun zu Kleinigkeiten und sehr groben Fehlern im Film: 1. Die Uniformen der britischen Soldaten wirken mir zu sauber, das ist grob fehlerhaft. Selbst bei neu eingetroffenen Truppen waren diese von England bis Belgien etwa 6 bis 7 Tage unterwegs. Nach 6 Tagen Reise sieht eine Uniform schon sehr dreckig aus!!!
2. Die Kuh im Niemandsland gab es damals sicher nicht, Pferde wie Kühe wurden entweder rechtzeitig ins Hinterland gebracht oder geschlachtet. Und wenn nicht, so waren diese Tiere zuerst tot durch den Luftdruck der Granaten und Splitter. Milch gab es sicher keine im Niemandsland. Kirschbäume konnten im Granathagel 1917 nicht mehr wachsen und waren vielleicht noch 1915 in ruhigen Gegenden zu finden. Grober Fehler!
3. Oft sieht man Soldaten nur Zigaretten rauchen aber nie Pfeife, Pfeifen waren aber viel stärker verbreitet.
4. Man sieht zu wenig Krater im Niemandsland und bei den Ruinen sieht man keinen Schutt!! Der Schutt wurde weggeräumt, das ist sehr unrealistisch.
5. Zu viele intakte Bäume bzw. Wälder sind zu sehen, durch den extremen Granatenhagel gab es besonders 1917 kaum noch intakte Bäume.
Sehr lobenswert ist aber:
1. Dass B. Cumberbatch am Ende nur eine Nebenrolle hat, stört mich nicht. Er spielt den Offizier wirklich sehr glaubwürdig. Erstklassig!
2. Hinterlassenschaften der Deutschen also kaputte Kanonen/Mörser, viele leere Granathülsen, in Eile weggeworfenes- defektes Kriegsmaterial und Ausrüstung sind sehr gut dargestellt.
3. Der Luftkampf ist sehr realistisch dargestellt, tatsächlich landeten sehr viele Flieger halbtot noch sicher auf dem Boden. Bestes Beispiel ist von Richthofen, der tödlich verwundet im April 1918 noch landen konnte!! Fallschirme gab es damals nicht bzw. waren noch nicht eingeführt.
Alles in allem sehr realistisch, spannender, sehr sehenswerter Film, ohne störende CGI, sehr gute Aussenaufnahmen, sehr gute Kameraführung, wenige Dialoge. Die Musik hätte man auch weglassen sollen, sie stört manchmal.