Ari Aster, Regisseur von „Hereditary - Das Vermächtnis“ (2018), ist schon wieder da. „Midsommar“ heißt sein neues Werk.
Die Psychologiestudentin Dani (Florence Pugh) erlebt eine Familientragödie und die Beziehung zu ihrem Freund Christian (Jack Reynor) läuft nicht wirklich rund. Er und seine Freunde möchten auf Vorschlag von Pelle (Vilhelm Blomgren) einen Trip nach Schweden unternehmen, um dort an einem besonderen Ritual teilzunehmen. Dani schließt sich an.
Aster mag es gern komplex. Für „Midsommar“ nimmt er sich 147 Minuten Zeit, um das von ihm selbst geschriebene Drehbuch in Bildern über die Leinwand flimmern zu lassen. Für Horror erstaunlich lang. Doch der Regisseur bietet so viel mehr als die Standardportion mit ein paar farblosen Figuren, die im abgelegenen Urlaubsidyll durch das unendlich Böse niedergemetzelt werden. Die Zuschauer kennen vor allem Dani durch viele Situationen schon sehr genau, bevor sie den ersten Fuß auf schwedischen Boden setzt. Für Christian gilt dies nur wenig minder. Das hätte kürzer nicht sein dürfen und sorgt für eine ordentliche Tiefe. Und die ist brillant gesetzt, denn zum Ende der Feierlichkeiten, die einige Tage dauern und mit Geschick zunächst als fremd, harmlos, einfach und belustigend dargestellt werden, schließt sich der Kreis um Empfindungen und Entscheidungen in verstörender Weise sehr eingehend, jedoch zum Teil diskussionswürdig. Bis zum heißen Finale ist es ein weiter Weg mit Ereignissen, welche die Freunde allmählich auseinandertreiben und Dani im Fokus halten. Die Inszenierung erlaubt eine weitere Verfeinerung aller Charaktere, die zwischen Aufgeschlossenheit und Ablehnung in ein tückisches Auswahlverfahren gesteuert werden.
Ungewöhnlich, aber dennoch passend ist die überwiegend blumige Musikbegleitung bis in den Abspann. Und ja, das Publikum sieht einen Horror-Thriller, der dank Sommer und nördlicher Breitengrade fast ausschließlich in der Helligkeit spielt. James Wan („Saw“, „Conjuring - Die Heimsuchung“) wäre machtlos, denn er bräuchte Dunkelheit, Nacht und Keller oder Dachböden, blaugraue Farben und viele schaurige Klänge, die er neben die gefahrlosen Einstellungen mischen kann. Ari Aster hat es hingegen vollbracht, ein geschmeidiges Ganzes von der zunehmenden Beunruhigung über Entsetzen bis zum kranken blanken Wahnsinn zu kreieren, zudem relativ blutarm.
Der US-amerikanische Regisseur setzt auch mit seinem zweiten Langfilm eine unübersehbare Marke seiner Handschrift.