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Kinobengel
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3,5
Veröffentlicht am 8. Januar 2019
Jafar Panahi ist nach seinem Erfolg „Taxi Teheran“ mit „Drei Gesichter“ in den deutschen Kinos.
Die bekannte iranische Schauspielerin Behnaz Jafari (Behnaz Jafari) erhält ein selbstgedrehtes Handy-Video von der jungen Marziyeh Rezaie (Marziyeh Rezaie), die sich vor der Kamera erhängt, weil ihr Wunsch Schauspielerin zu werden nicht erfüllt wurde. Behnaz fährt mit Regisseur Jafar Panahi (Jafar Panahi) in die ländliche Region, aus der Marziyeh stammt. Die beiden lernen Land und Leute kennen.
Großstädter treffen aufs Landvolk. Der Effekt dürfte nicht viel anders sein als in jenen Ländern, die durch mehr Industrie geprägt sind. Ein mögliches Motiv für eine Klamotte. Der iranische Regisseur versteht es, mit einer sehr geschmeidig untergehobenen Portion Humor, die Welten aufeinanderprallen zu lassen, ohne plump oder albern zu wirken. Dass die Hauptakteure sich selbst spielen, ist eine interessante Besonderheit.
„Drei Gesichter“ ist zum Thema Gesellschaftskritik längst nicht so bissig wie „Taxi Teheran“. Oder nicht so bissig wie erwartet. Das Komödiantische an Panahis Roadmovie überwiegt. So schmunzelt der Kinogänger ab dem Zeitpunkt des Eintreffens von Jafari und Panahi am Zielort fast ohne Unterbrechung. Die Diskussionen um Regeln, Aberglaube, Schrulligkeiten und die widersprüchliche Behandlung von Frauen sorgen für gute Unterhaltung.
Panahi hält sich freundlich ablehnend zurück, lässt mehr Jafari agieren, denn sie ist die Geforderte. Die Story an sich verrät zunächst nicht viel und könnte das Ergründen einer pubertären Teenie-Macke sein. Das Verhalten der Leute zu studieren steht im Vordergrund. Dennoch erzählt Panahi mit Raffinesse: Lebt Marziyeh noch, hat sie ihren Selbstmord nur inszeniert? Die gefundenen Hinweise deuten mal in die eine, mal in die andere Richtung. So hat „Drei Gesichter“ kleine Thriller-Momente mit einer etwas frühen Auflösung. Aber auch das hat Sinn, denn nach Erlangung der Gewissheit sind weitere gesellschaftliche Themen abzuhandeln. Und Langeweile tritt in keiner der 100 Spielminuten ein.
„Drei Gesichter“ ist ein sehenswerter, gut strukturierter Film mit Diskussionsstoff.