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    The Night Clerk - Ich kann dich sehen
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    2,0
    Veröffentlicht am 11. Dezember 2020
    MENSCHEN IM HOTEL
    von Michael Grünwald / filmgenuss.com

    In Philipp Noyces urbanem Erotikthriller Sliver konnte Feschak William Baldwin den ganzen Tag damit zubringen, die Bewohner eines Hochhauses mit versteckten Kameras zu observieren, darunter auch die sinnliche Sharon Stone. So ein Spechtler, könnte man meinen. Bei Tye Sheridan als autistischer Nachtportier Bart liegt die Sache da schon anders. Denn der hat – von sich aus gesehen – guten Grund, seine Hotelgäste zu bespitzeln. Was nicht heißt, dass dieser daraufhin brühwarm alles Gesehene weitererzählt. Nein. Aus dem Verhalten der beobachtenden Personen versucht er, soziale Kommunikation zu erlernen. Wie man wann was sagt, wie und wann welche Phrasen Verwendung finden. Einfach, um Teil der Gesellschaft zu werden. Denn als Autist ist man alles andere als das. Da fällt es selbst schwer, gemeinsam mit Mama an einem Tisch zu sitzen. Mutter Helen Hunt bringt ihm sein Essen stets in den Keller, wo er lebt, beobachtet und vor sich hin sinniert.

    Jetzt ist es nur eine Frage der Zeit, damit aus The Night Clerk den Sprung vom Psychodrama zum Thriller macht: denn irgendwann wird Bart Zeuge eines Mordes. Die Ermittler tappen im Dunklen, ahnen nichts vom Kamera-Geheimnis des eigenwilligen, aber zuverlässigen Angestellten, der sich bald darauf versetzen lässt, um dem Tatort nicht mehr nahe sein zu müssen. Im neuen Hotel angekommen, trifft er auf die liebreizende Ana de Armas, in die er sich Hals über Kopf verliebt – die aber, nichts ahnend, mit dem Mörder im wahrsten Sinne des Wortes unter einer Decke steckt.

    The Night Clerk ist der klare Fall einer Direct-to-DVD-Premiere. Angesichts einer viel stärkeren Genre-Konkurrenz hat dieser Film hier von Michael Cristofer (u. a. Original Sin mit Angelina Jolie) keine schlagkräftigen Argumente, um eine Kinoauswertung zu rechtfertigen. Als einer, der am Asperger-Syndrom leidet und sozial integrer werden will, macht Tye Sheridan (der Star aus Ready Player One) keine schlechte Figur. Das Krimikonstrukt rund um Sheridan ist allerdings ein völlig liebloser und oberflächlich hingeschluderter Mordfall, den selbst Columbo lieber delegieren würde. Hinten und vorne fehlt hier jede Menge Biss. John Leguizamo als Ermittler bleibt hölzern, die selten zu sehende Helen Hunt hat womöglich mangels anderer Filmangebote für dieses schale Projekt ihre Zusage erteilen müssen, um irgendwie wieder vor die Kamera zu kommen – so sehr sieht man ihr diese Notwendigkeit an. Die Sache mit dem Autismus hat schon so manches Filmprojekt vor dem totalen Absturz bewahrt und entbehrt nicht einer gewissen zynischen Bühnenpräsenz, die sich in stereotypen Verhaltensmustern überall leicht darstellen lässt. Einen ganzen Film kann diese Entwicklungsstörung aber auch nicht tragen, vor allem, wenn dieser sonst nichts hergibt. Alternative gefällig? Funktioniert hätte das ganze als Love Story zwischen Sheridan und de Armas, ganz ohne Krimiplot.
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