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    Yalda - A Night For Forgiveness
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    3,0
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    FILMGENUSS
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    2,5
    Veröffentlicht am 14. September 2021
    BEGNADIGUNG IM FREE TV
    von Michael Grünwald / filmgenuss.com

    There’s no business like show business – nicht einmal im Iran. Betrachtet man die Medienlandschaft weltweit, lässt sich ja ohnehin kaum glauben, was es da für Formate gibt. Vom expliziten Trash, der zum Fremdschämen einlädt, bis hin zu halsbrecherischen Challenges quer durch die Wildnis, und das am besten nackt. Dank einer gewissen Quotengeilheit gibt es zumindest in vorliegendem Kammerspiel mit dem Titel Yalda eine Livesendung, in welcher tatsächlich über Leben und Tod entschieden werden kann. Klingt ein bisschen wie Running Man oder wie die Tribute von Panem? Nein, ganz so actionlastig ist es nicht, und der Bodycount übersteigt hier schlimmstenfalls auch nicht den einstelligen Bereich. Geerdet in der Gegenwart, und keinesfalls als Bild einer Zukunft zu betrachten, lädt die Reality-TV-Show mit dem schmalzigen Titel Joy of Forgiveness verfeindete Parteien auf die illustre Bühne, um einander zu vergeben. Natürlich anmoderiert, sonst fallen sich die Wütenden vielleicht sogar würgend um den Hals. Das Ziel ist allerdings Eintracht. Schön und gut. Doch an diesem Abend, dem sogenannten Yalda-Fest (die Wintersonnenwende in der islamischen Kultur), geht’s um mehr als nur um ein gutes Gewissen. Es geht um Begnadigung oder Vollzug.

    Denn: Die junge Maryam wird wegen Mordes an ihrem ums zigfache älteren Ehemann zum Tode veruteilt. Natürlich schwört sie, dass es ein Unfall war, beteuert aber nicht ihre Unschuld. Die Tochter des Getöteten, die ebenfalls Maryams Mutter hätte sein können, dabei aber lange Zeit ihre beste Freundin war, kann dem Mädchen nicht vergeben. Bis heute, bis zu diesem Tag nicht. Denn würde sie das tun, würde sie durch ihr Einlenken das Todesurteil abwenden können.

    Schon ein starkes Stück, jemandem, der offensichtlich als befangen gilt, das Schicksal über ein Menschenleben in die Hand zu legen. Versöhnung und Vergebung hin oder her – klar ist das manchmal ein Kraftakt, und eine berührende Geste, wenn es denn funktioniert. Dieses wohl schwierigste als auch höchste Gut im menschlichen Verhalten so dermaßen zu kommerzialisieren, klingt natürlich unweigerlich an eine Medien-Dystopie wie Network, entscheidet sich aber eher, alles andere als das sein zu wollen. Der Staat wäscht sich rein, der bürgerliche Schauprozess beginnt. So gewieft und pointiert der Plot auch anfangs scheinen mag – Regisseur Massoud Bakhshi macht bald keinen Unterschied mehr zwischen der reißerischen Dramatik der im Film dargestellten Show und der Tonlage des Films selbst. Beides gerät zu einer plakativen, teils dem Publikum gefälligen Exaltiertheit. An der Kraft der Vergebung freut sich letzten Endes nur das Fernsehen. Das ist ernüchternd und irgendwie, auf fröstelnde Weise, unbefriedigend.
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    Kino:
    Anonymer User
    5,0
    Veröffentlicht am 30. August 2020
    Absolut großartig, die ganz große Empfehlung des Jahres! Der Film beginnt beschaulich (aber nicht behaglich) die (nur für Europäer) ungewöhnliche Handlung erscheint absehbar, was soll schon sein ;-) Massoud Bakhshi baut die Geschichte der bedrängten Maryam als Film mit dem längsten Spannungsbogen seit ewig. Man wird ganz in die Szene herein versetzt, in jeden der Akteure. Er nimmt Dich mit in die Leben dieser Menschen, in die vielen unterschiedlichen Perspektiven und Motivationen dieser extrem intensiven Situation: Wird Maryam begnadigt in der Fernsehshow? Die überragenden Schauspieler liefern ein Meisterwerk an authentischen Lebens. Die Story nimmt immer wieder eine ganz unerwartete Wendung, alles ist unerschütterlich echt. Massoud Bakhshi verriet uns, daß alle Bestandteile des Films auf tatsächlichen Begebenheiten aufbauen, als Dokumentarfilmer weiß er das präzise umzusetzen und jedem Zuschauer verständlich und plastisch sichtbar zu machen. Acht Jahre harte Arbeit hat es gekostet, den Film am Originalschauplatz in Teheran zu drehen. Sein erster Film darf bis heute nicht aufgeführt werden, einen Grund hat er nie genannt bekommen. Ein Wenig seiner Situation des Ausgeliefertseins und der unverständlichen Willkür durch Machthaber ist in Maryam dargestellt (auch wenn das kein Schlüssel zum Film ist). Natürlich ist dieser Film eine vielschichtige Kritik an Auswüchsen in seiner Heimat Iran. Eine seiner Leistungen besteht darin, des Landes und der Kultur unkundigen das erlebbar zu machen und dafür danke ich Ihm! Spürbar die mörderische Ungleichheit von Reich (darf alles) und arm (ausgeliefert, um Rechte betrogen). Die zersetzende Massenpropagandamaschine Fernsehen. Das archaische Ritus der "Ehe auf Zeit", die in wenigen Fällen zu beiderseitigem Nutzen sein kann, aber keine Rücksicht auf Gefühle oder Kinder zuläßt und staatliche Ehestatistiken schönt. Die Menschenfeindlichkeit der Konstrukte (Vergebung gegen Blutgeld) um die Todesstrafe herum. Wobei Massoud Bakhshi einen beklemmenden, aber keineswegs einen dystopischen Film abgeliefert hat! Er hat sich weder hinreißen lassen zu amerikanischem single-message-movie noch zu einem Candy-happy-end, das wäre weit unter der strahlenden Würde dieses Juwels der Filmkunst. Der Zuschauer spürt, daß die "böse Mona", die Kraft Stellung und Geldes unendliche Macht zu haben scheint und das Recht beliebig biegen kann, eingepfercht ist in aggressive Ansprüche und Erwartungen anderer Leute und dem bedingungslosen Zwang, nach den Regeln des Systems spielen zu müssen. Maryam, die zentrale Rolle, eingeführt als Opfer, sie opfert sich nicht: Sie versucht als einzige, ihre persönliche Würde zu verteidigen, um den Preis der Hinrichtung. Ihr fehlt die Methodik der Manipulation anderer, sie ist einfach ein Mensch in höchster Not und das kostet sie zunächst die Begnadigung (zu 6 Jahren Gefängnis, nicht gerade witzig). Anmerkung des Regisseurs: Aus den Einnahmen des Films wurde im echten Leben über einen Verein zwei Personen das Blutgeld ermöglicht, d.h. sich von der bevorstehenden Hinrichtung freizukaufen. Übrigens ist die vorletzte Szene im Kinofilm nicht gezeigt, vielleicht schafft sie es auf eine zukünftige DVD. Es bedarf unendlich viel, daß es ein Iranischer Film in deutsche Kinos schafft und das liefert dieser Film. Excellent.
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