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Anonymer User
2,5
Veröffentlicht am 24. Mai 2022
Der lyrische Titel wird im Film erklärt. Man braucht allerdings einige gedankliche Volten, um einen Zusammenhang zum Plot herzustellen. Das Nachdenken der Zuschauer setzt allerdings erst im letzten Viertel des Films ein. Die ersten Dreiviertel schildern ein chinesisches Sozialportrait mit Aussichten auf Folklore. Aber der letzte Teil wiegt den schwachen ersten Teil wieder auf. Bin (Liao Fan) ist ein lokaler Bandenführer. Bei der Mafia würde man ihn den Paten nennen. Qiao (Zhao Tao) ist die Frau an seiner Seite. Als sie überfallen werden, schweigt Qiao und wandert lieber ins Gefängnis. Nach 5 Jahren hat sich das Umfeld verändert. Aus Gesetzlosen werden Geschäftsleute. Bin ist fast debil, sitzt im Rollstuhl. Sein Einfluss ist überschaubar geworden. Qiao startet jetzt durch und wird die neue Bandenchefin. Bei einem Treffen wird die Distanz der beiden deutlich. Für Bin ist Geld und Besitz das Wichtigste, Qiao betont menschliche Werte. Er ist deprimiert, hat keinen festen Wohnsitz. Fortan gehen sie getrennte Wege. Eine Schlüsselszene ist es, wie sich Bin aus seinem Rollstuhl quält, während Qiao ihm reglos zuschaut. Später schreit sie ihm ihre Hass-Liebe entgegen ‘Du sollst leiden. Ich gönne dir die Schmerzen.‘ Dennoch bleibt sie bei ihm, schiebt den Rollstuhl, versucht es mit Akupunktur. Seine Frage, ob sie ihn liebe, verneint sie. ‘Ich habe dich aus Anstand aufgenommen, nach Art der Gesetzlosen.‘ Das ist ‘Food For Thought‘. Aber plötzlich ist der so anhängliche, klapprige Alte weg, verschwunden. Eine Überwachungskamera zeigt ein Bild von Qiao. Allein. Langsam wird es unscharf… Wir sehen betroffen, den Vorhang zu und alle Fragen offen.
Regisseur Jia Zangke hat nach „A Touch of Sin“ mit „Asche ist reines Weiß“ einen weiteren Kinoerfolg in Deutschland zu verbuchen.
Bin (Liao Fan) ist ein Gangsterboss in der chinesischen Stadt Datong. Während der Auseinandersetzung mit Angehörigen einer rivalisierenden Bande benutzt Lebensgefährtin Qiao (Zhao Tao) eine Pistole und wird wegen illegalen Waffenbesitzes inhaftiert. Als Sie Jahre später aus dem Gefängnis entlassen wird, hat sich Bin verändert.
Der chinesische Regisseur präsentiert ein Gangster-Liebesdrama in theaterhafter Manier. „Asche ist reines Weiß“ hält diese Art der Darstellung über die gesamte Spieldauer von 137 Minuten auf hohen Niveau. Viele - auf das erste Hinhören - künstlich klingende Dialoge und Symbole transportieren Zusammenhalt als hohes, wenn nicht sogar höchstes Gut. Wie aus Fernost gewohnt, tragen die „Guten“ bzw. Helden keine Blessuren davon und sind stets sauber gekleidet. Das bleibt auch so, als z.B. Qiao nach einer Matsch- und Regenfahrt auf dem Motorrad bei der Polizei eine versuchte Vergewaltigung anzeigt. Die Theatralik verstärkt den Effekt des Konflikts, der allmählich herausgebildet und gekonnt auf die Spitze getrieben wird.
Gesellschaftskritisches hat Jia Zangke sehr zaghaft untergehoben. Dass in der ab 2001 spielenden Handlung fast alles Elektrische quasi nicht funktioniert, kann als auffällig inszeniert bezeichnet werden. Qiao geht intelligent und dreist vor, um ihre Ziele zu erreichen. Sie ist die Hauptfigur des Films. Ihr Vorgehen nimmt mit der Erzählweise des Regisseurs auch amüsante, aber nie alberne Züge an.
Der Aufbau des überwiegend gewaltfreien Dramas erlaubt einen geschmeidigen Lauf und erzeugt keine Sekunde Langeweile. Für das Publikum bleibt der Umfang von Bins kriminellem Schaffen unbekannt, doch das ist für dieses Werk der richtige Weg, denn so bleibt der Fokus auf der Auseinandersetzung zwischen Qiao und Bin, die den Verlust der zuvor hochgelobten Werte zum Inhalt hat.
„Asche ist reines Weiß“ begeistert durch eine gehaltvolle, nuancierte Behandlung des Motivs und die bemerkenswerte Erzählstruktur.
Etwas für Liebhaber des chinesischen Kinos? Auf jeden Fall nicht jedermanns Sache. Der Film fließt ruhig wie der Jangtsekiang, der aufgestaut immer größere Regionen der alten Landschaft versinken lässt und ist damit ein treffendes Symbol für die Entwicklung, denen die Menschen und die Protagonisten des Films ausgesetzt sind. Die ruhige, lakonische Erzählweise kontrastiert mit den dramatischen Veränderungen, denen man sich nicht widersetzen kann, mit denen man sich arrangieren muss oder untergeht. Sehenswert