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Michael S.
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3,0
Veröffentlicht am 4. Dezember 2017
Fangen wir hinten an. Die scheinbare Quintessenz dieses Films lautet: Ernähre dich vegan und du kannst den Krebs besiegen. Diabetes? Auch kein Problem mehr. Weg mit tierischen Erzeugnissen, Milch und Eier inklusive, der Himmel auf Erden besteht aus Gemüse. Wo der eine heimliche Lobbyarbeit militanter Veganer wittern mag, werden andere freudig in die Hände klatschen, weil sie es ja schon immer gewusst haben. Wie so oft liegt die Wahrheit wahrscheinlich irgendwo dazwischen.
Ja, es gibt ein Problem. Falsche Ernährung macht nicht nur dick und krank sondern auch tot. Und das soll ja unheilbar sein. Brisant ist Andersens Film vor allem dann, wenn er die wahren Sponsoren gewisser "Gesundheitsverbände" ermittelt, denn ein Sponsoring der Fleischindustrie wirkt vor allem dann abartig, wenn entsprechende Unternehmen großzügig die Umwelt verdrecken, Eiterbeulen im Schlachtfleisch hinnehmen und Übergewichtigen Schinken empfehlen. Die Bilder von verendeten Tieren im Dreck ihrer Artgenossen haben zudem das Potential auch Steakliebhaber zum Nachdenken zu bringen und für mehr Nachhaltigkeit eintreten zu lassen.
Aber es geht ja um die Gesundheit. Studien haben bewiesen (ich liebe diesen Satzanfang), dass Fleisch und andere tierische Erzeugnisse entweder krebserregend oder gar nicht notwendig sein sollen, um gesund und fröhlich zu leben. Entsprechend sehen wir Bilder von fitten Athleten und geheilten Frührentnern, die mit Schwung ihre Medikamente in die Tonne kloppen und den Regisseur umarmen. Dabei beginnt der Film mit weit weniger einfachen Wahrheiten und verspricht dank seiner aufschlussreichen Enthüllungen die Schattenwirtschaft diverser Großkonzerne zu entzaubern.
Die Interviews sprechen größtenteils für sich, auch wenn mal kein New-York-Times-Bestsellerautor dabei ist. Kreative Animation vermitteln die Auswirkungen unkontrollierter Esserei, nachgespielte dramatische Szenen werden dadurch überflüssig. Das sture Abblocken von Gesprächen durch Vertreter der Industrie und PR-Manager von Krankenhäusern macht indes deutlich, woher der Wind weht, vor allem wenn teils offen zugegeben wird, dass man ja Geld mit dem verdient was hier kritisiert wird.
Ausgerechnet mit dem als Antagonisten gezeichneten Doktor Ratner vom Diabetesverband fühlt man dann doch ein wenig mit, wenn er das Interview mit den Worten abbricht, man könne nicht jede Studie gelesen haben. Das ist richtig und wichtig, im Film bezieht man sich natürlich ausschließlich auf nicht von der Industrie gesponserte Studien, die Fleischessen in Sachen Schädlichkeit in die Nähe von Zigarettenkonsum rücken. Biologisch begründet wird das Ganzevereinfachend unter anderem mit einer Ähnlichkeit des menschlichen Verdauungsapparats mit Pflanzenfressern, andere körperliche Merkmale fallen sang- und klanglos unter den Tisch.
Außerdem: Es ist ein amerikanischer Film. Das ist noch keine inhaltliche Kritik, denn die die Küngelei von Wirtschaft und Politik ist in Donald Trumps Amerika nach wie vor ein brisanter Zankapfel und muss genauso wie der Umgang mit Whistleblowern (ja, auch in der Wirtschaft sind das laut Regierung potentielle Terroristen) kritisch hinterfragt werden. Die Ergebnisse beziehen sich allerdings auch auf eine Kultur in der Fast Food fest im Alltag verankert ist und in der andere Regeln, meist weniger strenge, für die Massentierhaltung und das Geschäft mit der Gesundheit gelten. Entsprechende EU-Vorschriften sind deshalb nicht automatisch besser aber eben anders. Und damit entstehen auch andere Situationen und Probleme.
In der Debatte und TTIP, CETA und Chlorhühnchen wäre "What the Health" vermutlich ein interessanter investigativer Beitrag gewesen. Zumindest in der ersten Hälfte. Der Film hinterfragt tatsächlich warum "Konzerne uns krank machen und niemand was dagegen unternimmt", was im Land der unbegrenzten Konzernpolitik durchaus angebracht ist. Das simple Statement, vegane Ernährung würde Krankheiten wie Krebs und Diabetes langfristig heilen wird allerdings auch in Zukunft falsche Hoffnung säen. Denn man kann damit durchaus Fortschritte erzielen, es klappt aber nicht in jedem Einzelfall.
Eine Reduzierung von Medikamentengaben ist bei einigen Krankheiten, die mit veganer Diät behandelt werden, durchaus möglich, die geradezu biblischen Wunder die das gemüsige Leben mit sich bringen sollen, werden für realistische Geister weiterhin Fiktion bleiben. Es hat wahrscheinlich durchaus seine Gründe, dass Experten nachwievor zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, egal woher der Wind des Zeitgeistes gerade weht, und dass vegane Ernährung eben nicht bedingungslos für jedes Krankheitsbild und jede Entwicklungsphase empfohlen wird.