Ein Gesellschaftsparabelthriller: Die oben und die unten ...
Die Familien gleichen sich: Vater, Mutter, Tochter, Sohn, aber das Leben ist komplett gegensätzlich: Die Parks leben in der Oberstadt auf einem Hügel in einem lichtdurchfluteten, modernen und geräumigen Haus mit Haushälterin, Chauffeur und privaten Lehrern für die beiden Kinder. Die Kims leben in einer Kellerwohnung der Unterstadt, vor deren Fenster sie urinierende Besoffene vertreiben müssen, schlagen sich mit Gelegenheitsjobs durch und nutzen das W-LAN der Nachbarn. Durch einen Zufall und mit Urkundenfälschung gelingt dem Sohn der Kims bei Familie Park als Englischlehrer für die Teenager-Tochter angestellt zu werden. Wenig später bringt er seine Schwester unter dem Vorwand mit, er kenne sie flüchtig und sie sei Kunsttherapeutin. Sie betreut fortan den auffälligen und unruhigen kleinen Sohn der Parks. Es dauert nicht mehr lange, bis Vater Kim der neue Chauffeur und Mutter Kim die neue Haushälterin ist.
Als Familie Park zum Campen fährt, übernehmen die Kims das moderne Haus. Allerdings kommt ein Unwetter und Sturzbäche von Regen und mit dem Regen taucht die ehemalige Haushälterin wieder auf, die auch schon vor den Parks in diesem besonderen Haus angestellt war. Nun nehmen die Ereignisse noch einmal eine ganz neue Wendung.
Der Regisseur Bong Joon-ho wurde hierzulande durch den 'Monsterfilm' "The Host" (2006) bekannt, da war er in Südkorea bereits ein Star durch seinen Polizeithriller "Memories of Murder" (2003), der alle Kassenrekorde gebrochen hatte. Auch in "The Host" gibt es eine arme Familie, die zu ungeahnter Größe sich im Kampf gegen das Flussmonster aufschwingt. Der Vater der Familie wurde auch damals vom Lieblingsschauspieler des Regisseurs dargestellt, Song Kang-ho, der in allen seinen Filmen auftritt. Es folgten "Mother" (2009), "Snowpiercer" (2013) und "Okja" (2017).
Alle Filme Bong Joon-hos sind zugleich auch Parabeln bzw. Aussagen über die Gesellschaft und das System aus Besitz und Besitzlosigkeit, aus Reichtum und Armut, aus Führungsrolle und Rechtlosigkeit. Der Regisseur steht zwar auf Seiten der Rechtlosen und Unterdrückten, allerdings übt er dabei auch Kritik. Auch die Armen sind Teil einer Gesellschaft, die durch Gier vorangetrieben wird und die sich am westlichen Lebensstil, repräsentiert vor allem durch die USA, orientiert. Auch die Armen sind keineswegs die "besseren" Menschen, nur haben sie eigentlich nichts zu verlieren und können alles gewinnen.
In "Parasite" werden die Kims erst einmal Parasiten im Leben der Parks und versuchen von deren Reichtum zu profitieren. Mehr und mehr wird aber klar, dass die Privilegierung der Parks ebenfalls auf Kosten anderer bzw. in Abgrenzung zu ihnen möglich ist. Herr Park lobt an Hausangestellten, wenn sie "ihre Grenzen kennen und diese nicht überschreiten". Er will willfährige Diener, aber diese sollen am besten unsichtbar sein. Gerade das Unsichtbare, das 'unter der Oberfläche', spielt in "Parasite" schließlich eine entscheidende Rolle.
Durch eine perfekte Inszenierung, ausgeklügelte Kameraarbeit und hervorragende Schauspieler wird "Parasite" zu einem Meisterwerk. Am Ende ist man unsicher, was man da jetzt gesehen hat: Eine Komödie, ein Drama, eine Satire, eine Parabel oder einen Thriller. Irgendwie alles zugleich....
"Parasite" ist eine perfekt inszenierte und gespielte Gesellschaftsparabel mit komödiantischen Elementen und (blutigen) Thrilleranteilen (daher FSK 16). Regisseur Bong John-ho bleibt seinen Themen treu und stellt erneut eine arme Familie ins Zentrum der Geschichte, die dieses Mal durch eine reiche Familie gespiegelt wird. Die ätzende Gesellschaftskritik kommt schleichend aber unaufhaltsam in diesem durchweg spannenden und faszinierenden Film. Sehr sehenswert!
"Parasite" gewann in Cannes 2019 den Hauptpreis, die goldene Palme.