Kennen sie, werte Leserschaft, diese lustigen Transparente auf Demonstrationen: Ich bin so wütend, dass ich dieses Schild gemacht habe!“? Nun, ich bin so wütend, dass ich, obwohl die Kinos geschlossen sind, unbedingt diese Filmkritik schreiben muss.
Die cineastischen Werke der letzten 10-12 Monate waren, im Schnitt, allesamt von bescheidener Qualität, Liebhaber der Kunst griffen da besser zur Serie oder einem Klassiker aus vergangenen Tagen, als Atmen noch nicht tödlich war. Einer dieser Kleinode der Leinwand ist, zweifellos, „Der Prinz aus Zamunda“, oder „Coming to America“, wie es im Original heißt. Eddie Murphy und Arsenio Hall, 1988, in Höchstform. Eine tolle, abwechslungsreiche, herzliche und vor allem humorvolle Geschichte über den verwöhnten, afrikanischen Prinzen, der im schmuddeligen und chaotischen New York die wahre Liebe sucht und natürlich auch findet und dabei sich selbst ebenfalls neu definiert, erwachsen wird.
Anfang diesen Jahres flatterte dann, ganz unerwartet, ein Trailer durch das Internet: „Der Prinz aus Zamunda 2“. Wie eine große Portion Glitzerstaub in einer öden, grauen Alltagswelt aus Hiobsbotschaften und Ausgangssperre, strahlte da dieses vertraute, breite Grinsen von Eddie Murphy als Prinz Akeem, aus dem Klapprechner. Und Arsenio Halls enorme Zahnreihe gesellte sich dazu! Tatsächlich, es gibt eine neue Reise ins afrikanische Königshaus „Der kleine Prinz ist jetzt sauber“…, und in den bizarren Friseursalon in Queens, in dem eine handvoll alter Männer dreckige Witze reißen (die alle von Murphy und Hall gespielt werden) und dem Prinzen eine neue Frisur verpasst wurde: Einmal Schnapp: „Das macht acht Dollar!“
2021, im Film 30 jahre später, ist der Akeem Regierungsschef in Zamunda, der alte König liegt im Sterben und als zukünftiger Thronfolger muss ein verschollener, männlicher Spross in New York gefunden werden, weil es daheim nur für drei Töchter gereicht hat – die alten royalen Regeln gelten auch in Zeiten von W Lan und Frauenpower. James Earl Jones spielt 33 Jahre nach dem Original tatsächlich noch einmal König Jaffe Joffer und John Amos führt mittlerweile eine Filiale von McDowell‘s Burger, in Zamunda. Viele bekannte Gesichter sind dabei, neu ist, unter anderem, Wesley Snipes, als böser Diktator aus dem Nachbarland und natürlich Jermaine Fowler als Lavelle Junson, Akeems unbekannter Nachkomme – Produkt einer drogenumnebelten Begegnung während der Brautschau im 80er Jahre New York.
Entgegen des Originaltitels: Coming 2 America, spielt die erste Zeit des neuen Films aber in Zamunda, bzw. nur im Palast. Es wird viel getanzt und gesungen, Bollywood trifft auf König der Löwen. Erst nach knapp einer halben Stunde geht es dann wirklich „to America“, wo der neue Prinz schnell gefunden und samt Mutter eingepackt und wieder heim in die Savanne geflogen wird. Hier wird nun wieder viel gesungen und getanzt, die dünne und voraussehbare Geschichte plätschert so dahin und am Ende löst sich alles in Wohlgefallen auf. Leider ist ein furzender Löwe die einzig lustige Szene im ganzen Film. Das anvisierte Publikum scheint sechs bis zwölf Jahre alt zu sein. Eine Folge Bibi Blocksberg hat aber mehr Tiefgang und ist (wahrscheinlich) mit weniger schwarzen kulturellen Klischees beladen. Dem Autorentrio Kenya Barris, Barry W. Blaustein und David Sheffield ist nichts Spannendes eingefallen und Regisseur Craig Brewer konnte dem Nichts hinzufügen. Hölzerne, dauermoralisierende Dialoge, unlogische Handlungen und eine durchweg langweilige Inszenierung machen jede Minute zur Qual. Gedreht wurde fast ausschließlich im Studio, weder Queens noch Zamunda bekommt der Zuschauer wirklich präsentiert. Der mangelnde Außendreh kann aber nicht der Pandemie angedichtet werden: Corona schlummerte zur Drehzeit noch im chinesischen Labor oder wahlweise in einer halbgarren Fledermaus, die 60 Millionen Dollar Budget gingen wohl überwiegend an die Hauptdarsteller und die 80er Jahre Musikstars, die unlogischer Weise ständig auftauchen. Der Film ruht sich komplett auf dem Darbieten der alten (und neuen) Schauspielriege aus, Witz und Charme reduzieren sich auf die zwei Minuten des Trailers.
Liebe Filmliebhaber: Schauen sie sich den Trailer an und lassen das wohlige Gefühl der Erinnerungen auf sich wirken. Und dann machen sie aus oder schauen eine Folge Alf oder bei den Bundys vorbei (so wie ich es tat). Dort finden sie Humor und Herzblut. Schauen sie nicht diesen Film, selbst wenn er gratis im Internet zu haben ist. Es ist verschenkte Lebenszeit und am Ende sind sie wütend und malen ein Schild.
Pinselbube