Ein Fels als Rammbock - DC wagt mal wieder den Frontalangriff
Irgendwie ist es fast schon drollig mit anzusehen, wie DC mit Innbrunst den Vorschlaghammer schwingt, um endlich die leidige Vormachtstellung des nervigen Konkurrenten Marvel zu zertrümmern. Was hat man nicht alles versucht. Aber weder der Comic-Schlachtplatten-Meister Zack, noch die fusionierte Power der zwei bekanntesten Superhelden des Globus konnten das gleißende Marvel-Camelot erstürmen. Dabei hatte man es doch wirklich nach allen Regeln der Kunst sturmreif geschossen. Fairerweise muss man sagen, dass zumindest die Lasso schwingende Amazone und ein Pennäler im Superheldenstrampler ein paar Achtungserfolge erzielt haben, aber mehr eben auch nicht. Ohnehin scheint man im Hause DC weit mehr Vertrauen in die Testosteron-geschwängerte Urgewalt Muskel bepackter Rammböcke zu haben.
Arnold und Sly dürften in diesem Zusammenhang ganz froh über die Gnade ihrer (zu) frühen Geburt sein. Immerhin scheut DC (bisher) vor der Verzweiflungstat der De-Aging-Technologie zurück und baut (noch) auf „unbehandelte“ Darsteller. Nur woher nehmen? Nun, wenn aktuell überhaupt ein legitimer Nachfolger der beiden Körperkult-Ikonen in Sicht ist, dann bestenfalls der emeritierte Wrestler Dwayne „The Rock“ Johnson. Gut, seine meist blödelnden und stets austauschbaren Disney-Blockbuster für die ganze Familie passen nicht so recht ins kultige Bild, aber was er über die Jahre im Fitnessstudio so modelliert hat, dürfte selbst den beiden grauen Action-Eminenzen imponieren. Zumal er auch bei einem potentiellen Charisma-Bankdrücken ein ernst zu nehmender Gegner wäre. Wie dem auch sein, Dwayne vor das dauerballernde DC-Sturmgeschütz zu spannen ist fast schon Pflicht, in jedem Falle aber unbedingt konsequent.
Das Ergebnis dieses strategischen Geistesblitzes ist aktuell im Kino zu bewundern und hört auf den strammen Namen „Black Adam“. Dwayne gibt hier einen 5000 Jahre alten Champion alias Theth-Adam, der dem bösen König der fiktiven Hochkultur Kahndaq sein schurkisches Lebenslicht ausgeblasen hatte, dann aber selbst in Ungnade fiel. Im Zuge eines brutalen Wettstreits um Verbleib und Besitz der alten magischen Königskrone wird Teth-Adam wieder zum Leben erweckt und greift mit brachialer Gewalt und allerlei Superkräften in den Kampf ein. Dies ruft wiederum die Justice Society of America auf den Plan, die alles daran setzt, den wüst um sich schlagenden Neuankömmling in die Schranken zu weisen …
Klingt bescheuert? Ist bescheuert, aber sind wir mal ehrlich, bei DC haben solch hanebüchene Plotfragmente - die gern auch noch wie irre Blitze durch die Gegend geschleudert werden - absolut Tradition und gehören einfach zum Menü. Dass einem die dann herum tollenden Figuren reichlich Wumpe sind, ist sicherlich eine unschöne Nebenerscheinung, aber dafür knallt, raucht, blitzt und donnert es an allen Ecken und Enden, vor allem aber alle fünf Sekunden. Garniert wird dieser dampfende Super-Muffin von einer Zucker speienden Schneekanone in Form eines dauerdröhnenden und fröhlich vor sich hin wummernden Score, der selbst in den wenigen Momenten in denen nichts los ist (also in denen nichts zu Bruch geht, niemand schießt, fliegt, oder zuschlägt), suggeriert dem wäre nicht so.
Natürlich gibt es obendrein ein paar beliebte Beilagen, schließlich steht das Gros des gewöhnlichen Superhelden-Publikum nicht allzu sehr auf wilde Experimente oder exotische Zutaten. Also gibt es auch hier eine Helden-Genese, den Opfertod eines lieb gewonnenen Weggefährten, eine Mentor- (nach Sean Connery hat nun auch Pierce Brosnan die grau melierte Mentoren-Reife) und eine Buddy-Figur, eine dubiose Organisation, die im Hintergrund die Fäden zieht und zu guter letzt einen jugendlichen Helfer zur Identifikation fürs Zielpublikum.
Für dieses sind - zumindest so die offensichtliche Überzeugung der Filmemacher - digitaler Look und vornehmlich durch Heerscharen von Programmierern generierte Action keinesfalls verhandelbar, also heißt es auch bei „Black Adam“ wieder voller Innbrunst: „Rechner Marsch!“. Womit wir wieder beim „Egal-Problem“ vieler moderner Blockbuster wären, denn wo künstliche Helden gegen künstliche Schurken in künstlichen Welten künstliche Kämpfe austragen, da haben Spannung, Empathie und Mitfiebern Kaffeepause. Aber irgendwie ist selbst das inzwischen schon egal.
Dennoch - und das mag jetzt überraschend klingen - kann man mit dem schwarzen Adam zumindest ein bißchen Spaß haben. Der wüste Ideenmix, das ständige tonale Sackhüpfen (mal lsutig, mal zynisch, mal episch, mal traurig, mal pathetisch, mal kindisch), das völlig unmotivierte Ausschlachten musikalischer (Rolling Stones "Paint it black“) und filmischer ("Zwei glorreiche Halunken“ sowie "Terminator 2“) Meilensteine ist in seiner kruden Mischung aus Unbeholfenheit und Chuzpe irgendwie witzig.
Dass Regisseur Jaume Collet-Serra - der immerhin vier vergleichsweise bodenständige Liam Neeson Action-Thriller dirigierte - in all dem Tohuwabohu offenbar irgendwann den Überblick verloren hat, sollte man ihm nicht zu hart ankreiden, schließlich war sein vorangegangener Film eine wilde Jungle Cruise mit demselben Hauptdarsteller. Wie eine Themenpark-Attraktion fühlt sich auch „Black Adam“ an und wie dort frägt man sich nach dem Aussteigen, warum man dafür jetzt 10 Euro bezahlt hat. Aber die Frage ist eine rhetorische und sie wird mit einem Lächeln vorgetragen, denn wer auf die Wiesn geht, der weiß was ihn erwartet und will es letztlich auch so. Mit dem DC-Roller Coaster verhält es sich ganz ähnlich. Er bietet ein sehr kurzlebiges und sehr oberflächliches Vergnügen, aber die Fahrt an sich ist rasant.
(zuerst veröffentlicht 24.10.22)