Eine bunte Geschmacksexplosion… mit etwas zu viel Zucker!
Willy Wonka und seine Schokoladenfabrik sind nicht zuletzt durch Tim Burton groß und berühmt geworden, besonders für eine jüngere Zielgruppe. Das Original von 1971 habe ich nach wie vor noch nicht gesehen, kenne aber das Burton-Remake, von dem ich jedoch kein großer Fan bin. Nun, im Jahre 2023 gab es einen neuen Film:“ Wonka“. Ein typischer Titel für ein modernes Prequel in Zeiten von TikTok und Instagram. Ja der Film erzählt die Geschichte von Willy Wonka in seinen jungen Jahren und der Trailer hatte mich schon nicht begeistert, aber es war vor allem das Grundkonzept, das mich ärgerte. Wieder einmal möchte ein Filmstudio (in diesem Falle Warner Bros.) einen älteren Film nutzen, um die Nostalgie-Schiene zu fahren. Als ich dann aber sah, wer die Regie übernehmen würde, änderte ich meine Meinung. Paul King saß im Regiestuhl und seine beiden „Paddington“-Filme sind absolute Meisterwerke! Wer die nicht gesehen hat, sollte das so schnell wie möglich nachholen. Und viele Fans dieser Filme hoffen nach wie vor auf einen dritten Teil unter der Regie von King, so auch ich. Es ist zwar schade, dass er dafür jetzt dieses „Wonka“-Prequel drehte, aber… das Endergebnis ist wirklich toll geworden!
Der junge Willy Wonka möchte in London seine Schokolade verkaufen, vor allem mit Hilfe von Magie und Zauberei. Doch die Konkurrenz ist gar nicht begeistert vom neuen Gegenspieler und besticht die Polizei, damit diese sich um den jungen Träumer kümmert. Als Wonka dann auch noch in eine Art „Gefängnis“ landet, findet er sich ganz unten bei seinen Träumen wieder. Doch seine Hoffnung irgendwann seine zauberhafte Schokolade unter die Leute zu bringen erwacht zum neuen Leben als er die kleine Noodle (eine Mitgefangene) kennen lernt…
„Wonka“ strotz von der ersten Sekunde an vor Spaß, Freude und Kreativität. Paul Kings großartige Regie trägt den Film vom Anfang bis zum Ende. Dabei besticht das Werk durch unfassbar viel Witz und britischen Humor. Wie bei „Paddington“ gibt es im Film übernatürliche Elemente und Zauberei, die aber vollkommen normal sind in der Welt. So etwas finde ich immer sehr schön und lässt den Film von der ersten Sekunde an wie ein buntes, modernes Musical-Märchen wirken.
Musical? Ja, genau. Das sollte man vielleicht vorher wissen, besonders wenn es um die deutsche Synchronfassung geht. Denn diese ist gerade im Gesang sehr schwach. Marco Eßer, der Timothée Chalamet spricht, singt ihn her auch. Leider kann er das nicht wirklich gut und das wurde auch offenbar der Synchronfirma bewusst, denn sein Gesang wurde durch sehr viel Autotune gejagt. Das Gefühl hatte ich übrigens auch bei den anderen Stimmen… Die Songs sind im Original deutlich besser! Und auch sonst ist die Musik wirklich toll. Die Songs von Neil Hannon sind schwungvoll, energetisch und strotzen vor witzigen Einfällen. Der Musical-Faktor ist zwar groß und manche langsamen Stücke sind sehr zerkitscht, aber alles in allem sehr hübsch anzuhören. Auch der Score von Toby Talbot überzeugt.
Kommen wir zum Cast: Timothée Chalamet als Willy Wonka ist der Star hier und ich finde seine Performance auch ziemlich gut. Aber leider nicht überragend. Manche Momente wirken sehr drüber und zwar nicht auf die Art, die für diesen Film funktioniert. Chalamet ist in meinen Augen nicht die Idealbesetzung für Willy Wonka, es fehlt ihm irgendwie das Freche und Spontane. Dennoch ist er sympathisch und überzeugt.
Calah Lane als Noodle ist ebenfalls solide. Dagegen überzeugen Olivia Colman als fiese Mrs. Schrubbes, Paterson Joseph als Arthur Slugworth und besonders Hugh Grant ist toll als fieser, kleiner Oompa Loompa. Es ist toll, dass Grant mittlerweile mehr und mehr skurrile Rollen annimmt, vor allem für King´s Filme (in „Paddington 2“ war Grant ebenfalls fantastisch!).
Es gibt einige Stellen im Film, die ich wirklich liebe. Immer wieder erreicht der Film eine Energie und eine magische Qualität, die man heutzutage nur noch selten in Filmen findet. Jedoch ist das leider nicht von Dauer. Ab und zu verliert sich „Wonka“ in zu viel Kitsch. Und Paul King kann mit Kitsch umgehen, das haben seine „Paddington“-Filme eindrucksvoll gezeigt. Doch hier wird es immer mal wieder zu gefühlsduselig. Insgesamt aber fehlt es dem Film an Timing. Manche Szenen (wie die Eröffnung von Wonkas Laden) sind zu schnell wieder vorbei und können nicht die Dramatik entfalten, die der Film offenbar gerne hätte. An anderen Stellen ist der Humor nicht ganz mein Ding, aber darüber kann ich noch hinwegsehen.
Was ich nicht übersehen kann, sind die zahllosen CGI-Effekte. Heutzutage sind Szenen wie die in „Wonka“ nicht ohne große Tricktechnik zu realisieren und das verstehe ich. Dennoch hat der Film trotz der bunten Farben und einiger aufwendiger Sets sehr viele und leblose CGI-Effekte. Nahezu jedes Tier oder magische Wesen wird durch CGI kreiert, was an sich nicht schlimm ist, aber viele der Effekte sehen unfertig und leblos aus. Nur wenig wirkt wirklich echt. Ich hätte mir für einen Film wie „Wonka“ deutlich mehr praktische und echte Effekte gewünscht. Und King und sein Team können eigentlich mit CGI umgehen, auch das haben sie mit „Paddington“ bewiesen. Hier aber war es wohl etwas zu viel des Guten und man kam wahrscheinlich zeit-technisch nicht mehr hinterher (für CGI-Animateure in Hollywood ja leider nichts Neues…).
Ich möchte aber nicht nur kritisieren, denn „Wonka“ hat auch optisch schicke Momente, keine Frage und die Kamera von Chung Chung-hoon ist sehr hübsch.
Fazit: „Wonka“ ist über lange Strecken hinweg wirklich wundervolle Märchenunterhaltung mit hübscher Musik und tollem Humor. Es fehlt dem Ganzen an Substanz und Feinschliff und ich persönlich kann diese zahllosen CGI-Mengen irgendwann nicht mehr ertragen, aber im Großen und Ganzen ist Kings Film ein sehr unterhaltsames Erlebnis für Jung und Alt!