Laura (Laura Tonke) und Hans (Marc Hosemann) sind in ihrer Beziehung im Trott des Alltags gefangen. Acht Jahre haben die beiden an der Seite des jeweils anderen verbracht. Die Routine greift in jeden Lebensbereich über. In der Wahrnehmung Außenstehender handelt es sich bei dem Gespann fast wie selbstverständlich um Bruder und Schwester mit einem ausgesprochen guten Verhältnis. Der Gipfel des besonderen Verhältnisses ist wohl der von Hans ausgewählte Kosename für seine Partnerin. „Heinz“ schallt es als Anrede völlig selbstverständlich durch die Orte, an denen sie sich gemeinsam aufhalten. Frust kommt erst auf, als das Paar seinen Jahrestag im vertrauten asiatischem Restaurant zelebriert. Dort kommt es zu einer für Laura einschneidenden Begegnung. Plötzlich steht ihre große Liebe aus vergangenen Zeiten Max (Hans Longo) am Tisch! Es knistert spürbar. Hans scheint das alles ziemlich kalt zu lassen, er händigt ohne Zögern sogar die Heinz' Nummer an den offensichtlich interessierten Max aus. In den Augen von Heinz ist diese Tatsache ein deutliches Signal, dass es so in der gemeinsamen Beziehung nicht weitergehen kann. Inspiriert von den in Liebensfilmen vermittelten Idealen des Kinos beschließen sie, ihrer Partnerschaft neues Leben voller Leidenschaft und Romantik einzuhauchen. Wenn es nur so leicht wäre, wie in den Filmen…
Den Klischees den Kampf ansagen und sie schonungslos ad absurdum führen! Ziemlich früh macht die Regisseurin deutlich, woran es ihr in ihrer aktuellsten Arbeit gelegen ist. Kino als Eskapismus vom Alltag ist schön und gut, gerade im zwischenmenschlichen Zusammenleben ist das Dargebotene auf Zelluloid gebranntem Weg zum Glück mit allen Dornen bis zu seiner finalen Entfaltung realitätsfern. Wenn man sich mit dem Meistern des Alltags, der einem Großteil der Filmfiguren während ihrer Liebeseskapaden in der Charakterzeichnung verwehrt wurde, auseinandersetzen muss, fällt es nicht leicht, magische Momente zu kreieren. Mit Drehbuch schon überhaupt nicht. Szene für Szene müssen das Hans und Laura zu spüren bekommen. Weshalb der Funke nicht so recht überspringen möchte und ein flammendes Feuerwerk im Kinosaal ausbleibt, resultiert aus dem nicht in entscheidender Härte durchgezogenen, dabei für sich alleinstehend, eigentlich innovativem Konzept, das der Geschichte zugrunde liegt. Die Reflexivität in Bezug auf das etablierte Grundproblem des romantischen Films tauscht man durch eben die attackierten allseits bekannten Regeln. In all ihrer Überzeichnung führen aus dem Nichts aufgebaute Irrwege die karikativ gehaltenen Hauptfiguren letztendlich genau von vorher verulkten Szenerien in flaches Dramaterrain. Da nützt eine weitere Blüte von Metaebene gegen Ende nichts, wenn man Subversion gegen Resignation eintauscht. Spott gegenüber dem eigenen Publikum!
Laura Tonke und Marc Hosenmann mimen am Limit. Reizen die gebotenen Entfaltungsmöglichkeiten des überaus erzwungenen romantisierten Ambientes voll aus, leiden jedoch spürbar an den unnachvollziehbaren Gedankensprüngen ihrer Rollen. Es sticht bei den wichtigsten Schritten der Story deutlich hervor, dass die Beziehungsreise, auf der sich Hans und Heinz befinden, vor allem von Reaktionen auf plötzlich eintretende Ereignisse gekennzeichnet ist. Dabei bleiben Bezüge zu vorher getätigten Schritten leider aus. Das Gefühl an der Beziehung zu arbeiten stellt sich nicht ein, sodass es einem Sketchformat mit schwachem Grundgerüst gleicht. In den besten Momenten schaffen es Tonke und Hosenmann durch ihre Harmonie, welche ein wohl pointiertes Timing schafft, zu begeistern. Bis zu diesen rar gesäten Stellen werden einige Klischees zu harmlos durch die Zuckerwattemaschine gedreht.
Das immanente Problem des Paares- des Films- offenbart sich an einem fatalen Irrtum, der sich im Laufe des Geschlechtsaktes vollzieht. Welches Paar es vor dem männlichen Orgasmus so hält, dass durch das Ejakulieren auf dem Bauch der Gespielin einer verantwortungsvollen Verhütung genüge Getan ist, sollte die Reife für eine Beziehung trotz einigermaßen fortgeschrittener Lebenserfahrung überdenken. Mit den Mustern des Filmes ausgedrückt: Dummheit auf der Leinwand darf schon sein, allerdings nicht unter dem Mantel der sich selbst bescheinigten Intelligenz.
Marco Busselmaier