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Kinobengel
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4,5
Veröffentlicht am 23. Juli 2017
Sally Potter hat mit „The Party“ ein 71 Minuten kurzes Kammerspiel in schwarzweiß inszeniert. Der Film wurde anlässlich der 65. Münchner Filmkunstwochen als Preview gezeigt und von Thomas Kuchenreuther eingeführt.
Großbritannien: Janet (Kristin Scott Thomas) hat allen Grund zu feiern. Sie ist von ihrer Partei als Gesundheitsministerin vorgesehen und hat ein paar Freunde eingeladen. Ihr Mann Bill (Timothy Spall) gibt sich dem Wein und der Teilnahmslosigkeit hin. Den Grund dafür eröffnet er sehr bald. Dies bleibt nicht die einzige erschütternde Offenbarung des Abends. Und die Politik wird immer mehr zur Nebensache.
Wow, welch ein Film! Der Filmtitel birgt schon eine Doppeldeutigkeit, denn auf der Party von Janet wird es auch um die Partei gehen. Der Storyverlauf, der weniger abstrus als turbulent ist und sich nur in der Wohnung von Janet abspielt, lässt „The Party“ zu einer Screwball-Komödie werden. Der Film ist nicht unfreiwillig komisch: Die dezente und vor allem fein abgestimmte, gleichmäßige Überzeichnung der sehr verschiedenen Figuren sowie die sorgfältig ausgearbeiteten Dialogzeilen geben den Rollen die Wirkung. Das muss auch so sein, denn in 71 Minuten ist es schlichtweg nicht möglich, so viele Hauptcharaktere auszuarbeiten. Folglich besteht der siebenköpfige Cast aus hervorragenden Schauspielern, die den mimischen Ausdruck steuern. Neben dem meisterlich aufspielenden Timothy Spall, an dem Kameramann Aleksei Rodionov („Orlando“ von Sally Potter) offensichtlich seine Freude hatte, stechen besonders Patricia Clarkson (als April mit lakonisch bissigen Kommentaren) und Bruno Ganz (als deutscher Lebensberater Gottfried) hervor.
Nachdem Bill sich den versammelten Party-Teilnehmern geöffnet hat, müssen einige Personen umdenken. Zwar hängt der Erzählfluss kurzzeitig in einer Schleife des Bedauerns, doch schon sind kleine Details installiert, die neue, noch zu lüftende Geheimnisse streuen und das Werk wieder in die rastlose Spur drängen. Das Verhalten von Janet ist nicht in jeder Situation schlüssig, was aber nur ein geringes Ungleichgewicht erzeugt. Die Komponenten der Geschichte greifen bei aller gesteuerten Unruhe unglaublich geschmeidig ineinander. Geschickt lenkt Regisseurin Sally Potter Akteure und Geschehen. Was das Publikum wann wissen darf, ist mit bemerkenswerter Raffinesse eingeflochten, bis zur knalligen Schlusspointe.
„The Party“: Die Festteilnahme wird nicht empfohlen, der Gang zum Kino jedoch unbedingt.