David Leitch, Regisseur von „Atomic Blonde“ und sehr versierter Stunt Coordinator, wurde für „Deadpool 2“ auf den Stuhl zwischen Produzenten und Künstlern gezerrt.
Deadpool (Ryan Reynolds) muss einen schweren Verlust hinnehmen und ist erfolglos auf Rachefeldzug. Nach einem Selbstmordversuch folgt die mit einigen Problemen behaftete Aufnahme bei den X-Men. Als Cable (Josh Brolin) erscheint, um den 14-jährigen Mutanten Fire Fist (Julian Dennison) zu töten, formiert Deadpool die X-Force, um dem Killer entgegentreten zu können.
„Deadpool“ von Tim Miller überraschte und überschüttete 2016 das begeisterte Publikum mit dreisten Frechheiten und einem dazu passenden flotten Soundtrack. Der Film ließ Spiel- und Realebene gnadenlos verschwimmen und entwickelte etwas Unfassbares. Das Produktionsteam wurde bereits im Vorspann beleidigt, die Hauptfigur sprach mit dem Publikum wie 30 Jahre zuvor Ferris Beuller aus „Ferris macht blau“ (von John Hughes), handelte genauso respektlos, anmaßend, draufgängerisch und klaute dem Film auch noch die Post Credit Scene. War das Verhalten beim schlitzohrigen Ferris noch pubertätsbedingt, ist es bei Deadpool die kriminelle Energie des Wade Wilson gepaart mit Selbstheilungskräften, die ihm in einer Mutanten-Fabrik angeeignet wurden.
Es wäre dumm gewesen, dieses an der Kinokasse erfolgreiche Konzept nicht fortzusetzen. Und so setzt „Deadpool 2“ mit einem neuen Regisseur dort an, wo „Deadpool“ aufgehört hat. Es gibt nur eine gar nicht so kleine zu bewältigende Herausforderung, die bei Fortsetzungen häufig auftaucht: Der erste Film zeigt die Herkunft, die Entwicklung einer Figur, führt also den Charakter ein und hat zudem eine abgeschlossene Geschichte. Das Sequel muss dies durch einen interessanten Plot mit genialen Einfällen kompensieren, um gegen den Erstling bestehen zu können. Nun, „Deadpool 2“ hat das nicht ganz geschafft. …hat er doch! …hat er nicht! …hat er doch! …hat er nicht! Wie dem auch sei, der Gang zum Kino lohnt sich. Das Machwerk sprudelt vor Gags und turbulenten Szenen schier über. Einiges davon ist zu viel gelabert und zu albern, anderes wirklich brillant. In die nicht allzu komplizierte Handlung gesellen sich bekannte und interessante neue, feindlich wie freundlich gesinnte Figuren mit ihren besonderen Fähigkeiten. In dem heillos närrischen Durcheinander geht die Spannung ein bisschen verloren, doch der nächste Joke wartet schon um die Ecke und lässt die Zwerchfelle der Zuschauer erzittern. Technisch ist alles sehr ordentlich, auch wenn die CGI nicht immer eine perfekte Illusion schafft. Die Kampfszenen hätten etwas besser bebildert sein können. David Leitch hat mit „Atomic Blonde“ (und demselben Kameramann sowie derselben Editorin) bewiesen, dass er das Metier beherrscht.
„Deadpool 2“ ist überhaupt nicht ernst zu nehmen und macht viel, viel Spaß. Wird Deadpool mit seinem Zeitreise-Dings zu den Avengers stoßen und die Taten des Thanos im unendlichen Krieg rückgängig machen? Und wenn ja, darf Josh Brolin dann eine Doppelrolle spielen und doppelt Gage abzocken? Das sind die neuen Fragen im Marvel Universum.