Riefenstahl
Warum die Erwähnung von Riefenstahl bei einer Naturfilmkritik?
Weil dieser Film in einer fernen Zukunft im Rückblick wahrscheinlich genauso wirken wird.
Perfekte Bilder illustrieren eine Scheinwelt, die es so nicht (mehr) gibt - alle Schattenseiten werden weggelassen - werden damit nicht einmal geleugnet.
Bei Riefenstahl 1936 war das ähnlich: schöne Menschen, schöne Architektur, schönes Wetter ... Hallo? War da nicht noch was? Nichts, von dem man was gewusst haben will - oder?
Ich habe die Vorstellung von 'Unsere Erde 2' im Kino mit wachsendem Unbehagen gesehen - der innere Spannungsbogen hatte mit dem Abspann seinen Zenit noch nicht erreicht. Und beim Abspann hielt ich das Gesehene erstmal nur für ein Märchen für Erwachsene. Aber der Film wirkte nach.
Die - zugegebenermassen - extrem schönen Bilder beschreiben den heutigen Zustand der Natur unseres Planeten unter völliger Ausblendung des größten Problems dabei: der Zivilisation des modernen, 'vernunftbegabten' Menschen.
Die Lebensräume des Riesenpandas werden mit dem Schwinden der Bambuswälder also kleiner.
WARUM? Diese Frage stellt sich - und uns - der Film nicht, und schuldet natürlich auch die Antwort.
Der Riesenpanda wird also bald nur wegen seiner exklusiven Nahrungsansprüche aussterben, selber schuld, denn der Waschbär ist da offensichtlich anpassungsfähiger und lebt schon in unseren Städten, der ist wohl nicht so blöd.
Die Narwale im Polarmeer. Mehr muss man über den heutigen Zustand der Polarregionen also nicht wissen, ausser dass der Stoßzahn der Meereseinhörner
doch nicht rosa
ist?
War da nicht noch was mit dem schwindenen Lebensraum der Eisbären wegen des Klimawandels?
Der Eisbär kommt nicht vor. Der Klimawandel - und auch seine Ursache - kommen nicht vor.
Ebensowenig kommen Nashörner in den Afrikaszenen vor, deren Bestand ja bekanntermassen wegen Wilderei durch anwachsende Nas-Horn-Nachfrage aus China gefährdet ist.
China? Am Ende - beim Abspann - wurde mir alles klar.
Dieser Film ist mit offensichtlich massgeblichem chinesischem Einfluss entstanden, im Gegensatz zum damaligen ersten Teil.
Das erklärt auch die - stolze und fanfarenunterlegte - prominente Platzierung neonerleucheter, nächtlicher Bilder chinesischer Großstädte (Shanghai?) - in einer Reihe und auf Augenhöhe mit uns anderen Stromverschwendern dieses Planeten.
Umweltverschmutzung durch Stromerzeugung (aus fossilen Brennstoffen), Lichtverschmutzung, Urbanisierung und Asphaltierung - war da was?
Gipfel war die Selbstheiligsprechung der Menscheit als einzigem Lebewesen auf dem Planeten, dass zum Mitfühlen in der Lage ist. Das ist erstens nicht korrekt (Menschenaffen kümmern sich auch um behinderte Affenbabies, nur als Beispiel), und zweitens der Gipfel des Zynismusses dieses Werks, angesichts unserer Zerstörungswut der Lebensräume der anderen Lebesewesen auf diesem Planeten.
Es ist nämlich eigentlich gar nicht 'Unsere Erde' - sondern 'Deren Erde' - die wir bald zerstört haben werden, wenn wir so weitermachen, so einzigartig sie auch gewesen sein mag.
Keinen Dank für dieses Heile-Welt-Propagandawerk.
Von einem Werk mit BBC-Label habe ich mehr erwartet.
Und von Günther Jauch auch.