Wann ist man erwachsen? Um diese Frage drücken sich die Figuren lange Zeit erfolgreich herum, bis es schließlich zum großen Knall kommt. Dass der weniger gefühlsduselig und deutlich konsequenter ausfällt als seine sorgfältig erzählte Vorgeschichte ist einer der Lichtblicke in der Filmhandlung, die aufgrund zahlreicher musikalisch unterlegter Montagen stellenweise wie ein überlanges melancholisches Musikvideo aus einer längst vergangenen Zeit rüberkommt. Zumindest die äußerlichen Merkmale dieser Generation, die gerne auf- und ausbrechen würde, zugleich aber auch Angst vor der eigenen Freiheit hat und lieber zum tausendsten Mal 'nen Joint am Badesee durchzieht, wurden treffend eingefangen. Clubbing, Caps und Cabrio inklusive.
Auch sonst will "Nirgendwo" ganz nah am Lebensgefühl der jungen Erwachsenen sein. Irgendwo zwischen Krise im Studium und dem beginnenden "richtigen" Leben bricht die Angst vor Entscheidungen und Verantwortung hervor, die man mit Kumpels und Genussmitteln bis dato erfolgreich unterdrücken konnte. Erschreckend ist, dass der Film kaum Alternativen aufzeigt. Man geht lieber bereitwillig auf Hauspartys mit "Schampus und Schlampen", anstatt sich den existenziellen Fragen zu stellen und ja, es muss wirklich erst was passieren, bevor irgendjemand mal auf den Trichter kommt, sich für oder gegen etwas zu entscheiden. Dabei kann man die Sehnsucht nach einem Leben mit Bedeutung und erfüllten Sehnsüchten stellenweise durchaus nachvollziehen. Jeder kennt irgendeinen der hier porträtierten Typen und doch übertreibt man es zuweilen ein bisschen mit der symbolischen Zuschreibung bestimmter Eigenschaften.
Bis jemand hier tatsächlich die Konsequenzen seines Verhaltens zu spüren bekommt, quälen sich die Beteiligten durch allerhand Standardsituationen, die man so oder so ähnlich auch jenseits der Generation Y schon gesehen hat. Eine andere Schlussweisheit, als dass jeder einfach seinen Träumen folgen sollte, selbst wenn es auf Kosten eines anderen geht, hat der Film dann auch leider nicht zu bieten. Mit Ludwig Trepte darf man allerdings einem der fähigeren deutschen Jungdarsteller bei einer differenzierten Arbeit zuschauen, auch wenn er äußerlich schon ein wenig zu alt für seine Rolle sein mag. Das übrige Ensemble weiß ebenfalls zu gefallen, lediglich Jella Haase ist seit "Fack ju Göhte" in der Typecasting-Falle gefangen.
Jenseits der schönen Bilder und wehmütigen Zwischentöne tritt die Handlung vor allem dann auf der Stelle, wenn in einzelnen Momentaufnahmen ein Lebensgefühl zelebriert wird, von dem der Zuschauer längst weiß, dass es nicht von Dauer sein kann. Der unterschwellige Pessimismus, der wirkliche Veränderung nur nach dramatischen Erlebnissen erlaubt, hinterlässt letztendlich ein ungutes Gefühl, obwohl die poetische Schlussszene (mit der der Film auch beginnt) eigentlich etwas anderes suggeriert.