Inzwischen finden sich ja eine Vielzahl von europäischen Regisseuren in Hollywood wieder. Man nehme nur Felix van Groeningen, der gerade aktuell mit "Beautiful Boy" im Kino ist, oder im letzten Jahr erst Martin McDonagh oder Luca Guadagino. Leider finden nicht alle dieser großartigen Filmemacher die Anerkennung die sie verdienen und ebenso wie der zuvor genannte Martin McDonagh, brauchte auch Yorgos Lanthimos den dritten Anlauf um endlich auf sich aufmerksam zu machen. Mit "The Favourite", liefert der Grieche einen Film ab, der auf den ersten Blick ähnlich ist wie seine beiden Vorgänger, sich aber grundlegend von diesen unterscheidet. "The Lobster" und "The Killing Of A Sacred Deer" waren aus meiner Sicht absolute Meisterwerke, die extrem clever geschrieben waren, gespickt mit eiskaltem Humor, tollen Bildern, erstklassigen Schauspielern und vor allem sehr distanziert und kühl inszeniert waren.
Bei "The Favourite" merkt man ganz klar die Handschrift von Lanthimos, allerdings baut er hier erstmals keine große Distanz zu den Figuren auf, sonder lässt diese viel gefühlvoller interagieren, wie in seinen Werken zuvor. Damit kommen wir auch gleich zu den drei Hauptfiguren, die den Kern dieses Films darstellen. Emma Stone und Rachel Weisz spielen hier nämlich zwei rivalisierende am Hofe, die beide um die Gunst ihrer Königin werben. An dieser Stelle sei auch gleich schon angemerkt, das diese Leistungen wirklich erstklassig von den beiden dargestellt wird. Gerade Weisz glänzt in hellstem Licht und sticht Stone sogar aus. Dabei sind diese beiden Figuren deshalb so interessant, weil die beiden nichts aus reiner Bosheit tun, sondern einfach nur um zu Überleben und um eine Stellung zu gewinnen, die für sie den größten Vorteil erbringt. Eine griechische Tragödie. Besonders ist dabei der Rollenwechsel der beiden Figuren innerhalb des Filmes, die beide einen gigantischen charakteristischen Wandel durchlaufen. Gerade bei Stone ist dies am stärksten zu beobachten. Ihre Handlung mündet in einem Ende, welches die ganze Tragödie der Machtrangelei perfekt auf die Spitze treibt. Die Unverdorbenheit, mit der sie am Hofe ankommt verfliegt. Anders bei Rachel Weisz, bei ihr verhält es sich genau umgekehrt. Überragend ist dann aber Olivia Colman als Königin Anne. Ihre Leistung ist überragend und sie verleiht der unfähigen Königin, eine gewisse tragische Komik, ebenso aber auch etwas erhabenes, etwas stolzes, aber auch die ganze Zerbrechlichkeit der Königin verkörpert sie erstklassig. Ihre Figur wächst sofort ans Herz, gerade in Anbetracht, zu welchem Spielball sie wird zwischen den einzelnen Parteien.
Der Film spielt mit diesem moralischen Verfall der Figuren. Er kreiert keine Helden, aber auch keine Schurken, alle befinden sich in einer Grauzone, die alle nur das beste aus ihrer Sicht im Sinn haben. So entstehen Szenen, in der Figuren mit ihrem Charme verzaubern, gleichzeitig widern sie uns eine Szene später an.
Besonders erwähnenswert ist hier noch das gesamte Handwerk. Musikalisch ist der gesamte Film mit klassischer Musik unterlegt, von Bach bis Händel. Diese Stücke passen aber wie die Faust aufs Auge in diesen Film, auch die Eigenkompositionen passen perfekt in den gesamten Kontext. Die Kostüme sind wundervoll anzusehen, ebenso wie das Make-Up.Und dann ist die Ausstattung noch hervorragend. Das Schloss, einfach alles wirkt unglaublich echt und greifbar. Gigantisch, wunderschön, aber auch kalt und leer. Schön sind auch die Szenen anzusehen, in denen vollkommen auf Licht verzichtet wird und die Szene nur bei natürlichem Kerzenlicht gedreht wurde, wie einst in Kubricks "Barry Lyndon". Und vor allem die Kameraarbeit ist wunderbar. Sie ist zu weilen extrem ruhig gehalten und oft auch einfach nur auf die einzelnen Personen zentriert, aber sie fängt auch unsere Sicht auf die Figuren hervorragend ein. So wird die meisten Figuren auf Augenhöhe gehalten, während wir zu Rachel Weisz hinaufschauen, oder sie auf uns herab und bei Emma Stone ist der Fall genau umgekehrt. Später wandelt sich dann auch der Kamerafokus bei den Beiden. Nur bei Olivia Colman ändert sich ständig die Ansicht, je nach dem, in welcher Machtposition sie sich befindet und in wie fern sie Stärke zeigt. Auffällig ist auch, das die Kamera die Räume oft noch viel größer einfängt als sie eigentlich sind und sie zeitgleich mit Biegungen einfängt, die oft interessante, wahnwitzige Bilder kreieren, die oft ein perfekt symmetrisches Bild erzeugen.
Kurz: "The Favourite" ist ein wahres Meisterwerk, eines großartigen Regisseurs, der endlich die Anerkennung bekommt, die er verdient. Yorgos Lanthimos hat ein handwerkliches Meisterwerk abgeliefert, welches zu den optisch interessantesten Filmen gehört, die ich je gesehen habe, gleichzeitig, ist er hervorragend gespielt, allen voran Olivia Colman. Darüber hinaus transportiert der Film eine starke Botschaft und viele Interpretationsansätze.