Mit "Nocturnal Animals" bringt uns Mode Designer, Autor und Regisseur Tom Ford einen Film über Verrat, Rache und die Grausamkeit der Menschen. New York City: Susan Morrow (Amy Adams) leitet erfolgreich ein Museum in der Stadt. Sie ist wohlhabend, verheiratet mit dem mehr als gut aussehenden und erfolgreichen Arzt Hotton Morrow (Armie Hammer) und wie sie selbst sagt, sie habe kein Recht, sich zu beschweren. Eines Tages erhält sie ein Manuskript, das von ihrem Ex-Mann Edward (Jake Gyllenhaal) geschrieben wurde. Er bittet sie es zu lesen und ihm ihre Meinung darüber zu sagen. Da Susans Mann auf Reisen ist, liest sie das Buch über das Wochenende. In dem Buch geht es um einen Mann namens Tony Hastings (erneut Jake Gyllenhaal), der mit seiner Familie im Süden Texas Urlaub machen will und von einer Bande terrorisiert wird. Je mehr Susan das Manuskript liest, desto mehr Parallellen entdeckt sie zwischen der Geschichte im Buch und ihrer Vergangenheit...
Der Film ist zu Ende, Titel erscheint, Abspann beginnt, ich sitze ratlos im Sessel und versuche das Geschehene zu verarbeiten und vor allen Dingen zu zu ordnen! Fords Film ist ein Film, der einen von der ersten Sekunde an packt, in einem Sog zieht und viele Stunden später immer noch nicht los lässt. Das besondere am Film: Es sind im Prinzip zwei verschiedene Filme! Während Susan mit ihrer Schlaflosigkeit zu kämpfen hat, steckt Tony im Buch in einem Strudel aus purer, sinnloser Gewalt. Ständig wirft sich einem die Frage, was haben diese zwei Geschichten denn nun gemein? Während Susans Welt hell, strahlend, sauber und sie stets dominant auftritt, ist Tonys Welt das komplette Gegenteil! Sie ist düster, dreckig, brutal und er hat absolut nichts im Griff. Mit der Zeit wird ein dritter Handlungsstrang hinzugefügt. Nach und nach ergibt das Puzzle einen Sinn. Die Stärke des Films ist, er lässt dem Zuschauer nie zu Atem kommen. Nach und nach serviert uns Ford häppchenweise Informationen und es liegt an uns diese richtig zu zu ordnen. Mitdenken ist hier definitiv angesagt. Nachdem Amy Adams als "Stimme der Vernunft" in Arrival dieses Jahr mich mächtig beeindruckte, spielt sie hier eine etwas andere Rolle. Hier ist sie deutlich dominanter. Wobei diese Dominanz von Szenen zu Szene bröckelt- und das meistert sie mit Bravour. An gewissen Szenen hat sie etwas leicht boshaftes an sich. Sie ist eine wahnsinnig talentierte Schauspielerin, die aus jeder Szene etwas besonderes macht. Jake Gyllenhaal hat in den letzten Jahren ein glückliches Händchen für gute Filme gehabt und auch hier lag er richtig. Als Ehemann und Vater Tony spielt er überwältigend. Seinen Schmerz und seine Trauer sieht man ihn in jeder Szene an. Nur in Nightcrawler war er stärker. Über seine zweite Darstellung möchte ich nicht zu viel vorwegnehmen. Neben den zwei (bzw. drei) Hauptfiguren ist Fords Film mit etlichen großen Namen gespickt. Armie Hammer, Isla Fisher, Michael Sheen, Andrea Riseborough und Oscar Preisträgerin Laura Linney sind hier in kleinen Rollen zu sehen. Bemerkenswert: Isla Fisher spielt hier in der zweiten Geschichte Tonys Frau Laura und sie sieht darin Amy Adams verblüffend ähnlich aus. Laura Linney kann aus der kleinsten Rolle etwas goldenes zaubern. Sie spielt in einer Schlüsselszene Susans Mutter und das ebenfalls mit einer unglaublichen boshaftigen Präsenz. Neben denen Stars, spielen andere größere Rollen. Kick-Ass Star Aaron Taylor-Johnson wird zunehmend zum ernsthaften Charakter Mimen. Hier spielt er den Hinterwäldler Ray Marcus und stielt damit allen die Show. Seine Figur, ist eine Figur, die man zu Beginn sympathisch findet und zunehmend mehr hasst als alles andere! Überragende Darstellung und ich kann mir eine Nominierung bei den Oscars sehr gut vorstellen. Der nächste Star ist Michael Shannon. Er spielt den texanischen Sheriff Bobby Andes. Und das mit Hut und Stiefel. Wie man sich eben einen texanischen Sheriff vorstellt. Knurrig und voller Sinn für Gerechtigkeit beeindruckt auch er. Neben der erstaunlichen Handlung und der zahlreichen grandiosen Darstellungen seiner Schauspieler, beeindruckt der Film visuell. Ford ist ein Künstler und dementsprechend weiß er ganz genau wie ein Bild auszusehen hat. Nocturnal Animals ist visuell und von der Inszenierung her meisterhaft. Wie eingangs erwähnt, zieht er dank dieser starken Bilder einen von Anfang an in seinem Sog. Ford kreiert zwar glanzvolle und stimmige Bilder, aber dafür hätte er die Handlung etwas kompakter beziehungsweise präziser gestalten sollen. Die Umschwung zwischen den drei Handlungssträngen gelingt nicht immer. Er hätte manchmal einen anderen Zeitpunkt wählen sollen. Es ist zwar alles stimmig, aber als Zuschauer fiel mir das Umschalten manchmal schwer und somit müsste ich kurz überlegen auf welcher Ebene wir sind. Was den Fluss etwas stört.
FAZIT: Nach "A Single Men" gelingt Designer Tom Ford sein nächstes beeindruckendes Werk. "Nocturnal Animal" ist nicht nur extrem stilvoll und anziehend, er bietet auch eine unglaublich interessante Geschichte, die einen Stunden später immer noch nicht los lässt.