Menschen mit Überzeugungen haben es nicht leicht. Gerade im Zeitalter des Internets, wo man sich eigentlich so schön organisieren kann, kommt früher oder später irgendjemand angekleckert, der sich über die eigenen Ansichten lustig macht. Egal, wie gut man es mit der Welt meint. Entsprechend schnell beschimpft man sich gegenseitig und unterstellt den jeweiligen Satiren, nichts weiter als einseitige Propaganda zu sein. Was manch einer diesem Film aufgrund seines Inhalts vermutlich gerne ebenfalls vorwerfen würde.
Der farbige Schriftsteller (korrekt: "Person of Colour") Sebastian Klein (Jerry Hoffmann) begibt sich auf Lesereise. Sein Buch über das ewige Thema Integration ist sehr gefragt und so führt ihn der Weg auch in das ostdeutsche Provinzkaff Prittwitz. Dort bekommt er vom inoffiziellen rechtsradikalen Empfangskomitee einen gehörigen Schlag auf den Kopf, inklusive Hirnschaden. Der sorgt dafür, dass er von nun an alles nachplappert, was man ihm sagt. Ein gefundenes Fressen für den deutschnationalen Politiker Sven Stanislawski (Benno Fürmann), der fortan als Sebastians Manager auftritt und den verwirrten Autor patriotische Sprüche aufsagen lässt. Den politischen Gegnern passt das natürlich überhaupt nicht. Und dann ist da ja auch noch Sebastians schwangere Freundin, die ihn unbedingt wieder zurückhaben will und den ganzen Schwindel auffliegen lassen könnte.
Eine Zusammenfassung, die dem Film nur bedingt gerecht wird. Denn er ist weit mehr als eine pflichtschuldig abgelieferte Komödie über doofe Neonazis vom Dorf, die mit unschuldigen Immigranten Schindluder treiben. Man könnte ihn am ehesten als Gesamtabrechnung mit der deutschen Wutkultur bezeichnen, denn hier kriegt wirklich jeder sein Fett weg: Rechte, Linke, Liberale, BND, Bundeswehr, Polizei, Justiz, Tierschützer (Stichwort "Holocaust gegen Tiere"), Abwiegler, FeministInnen, Geisteswissenschaftler, Politiker, die "Lügenpresse", Hipster, Hauptstadtbewohner, Provinzler, Ewiggestrige, Profisportler, Theaterregisseure, Rapper (namens "Gröfaz" - "gröbster Fehler aller Zeiten"), Hundebesitzer, Regierung, Opposition, und ja, auch Ausländer. Erfreulicherweise belässt es Regisseur Dietrich Brüggemann nicht beim kollektiven Auslachen, sondern inszeniert sich selbstironisch als Gast einer Talkshowrunde, wo er sein fiktives Filmprojekt "Geil Hitler" bewirbt und seine Absicht erklärt, dass den Zuschauern das Lachen im Hals stecken bleiben sollte. Sonst scheint hier niemand wirklich kritikfähig zu sein. Wer gegen rechts ist, hasst Deutschland, wer gegen links ist, wird automatisch zum Befürworter von Polizeigewalt und Faschismus.
Jede Menge Material also, und trotzdem bleibt die Geschichte in der Regel erkennbar. Es wimmelt nur so von Charakteren, über hundert Sprechrollen soll das Drehbuch enthalten. Da ist es vor allem der souveränen Regie zu verdanken, dass der Zuschauer nicht den Überblick verliert. Manchmal tritt die Rahmenhandlung etwas in den Hintergrund, aber die Dichte an Gags und mal mehr und mal weniger subtilen Anspielungen ist so hoch, dass man noch während des Lachens über das eine, schon erstaunt über die nächste Idee den Kopf schüttelt. Seine Faszination bezieht das Ganze vor allem aus der genauen Beobachtung und Inszenierung der karikierten Personen und Denkweisen. Seien es Rhetorik und Verhalten der jeweiligen öffentlichen Instanzen (inklusive solcher, die es gerne wären), die gleichzeitig auf die Spitze getrieben und hinterfragt werden, oder die Grundbotschaft, dass es eben keine perfekte Einstellung gibt, um die Welt (oder wenigstens Deutschland) zu retten. Da ist es nur natürlich, dass die Farce die Realität oft am besten abbildet.
Aber nicht nur das Skript ist gelungen. Die Darsteller überzeugen auf ganzer Linie, allen voran Benno Fürmann, der den schmierigen Rechtspopulisten mal amüsant übertrieben und mal mit erschreckender Nähe zur Wirklichkeit porträtiert. Jerry Hoffmann und Liv Lisa Fries ergänzen sich hervorragend als Großstadtpaar mit Kinderwunsch, die Nebenrollen sind mit vielen bekannten Darstellern gefüllt, die das Gesamtbild abrunden. Die Bildgestaltung ist so üppig, wie man es in diesem Genre selten sieht, gerade die Eröffnungsszene beeindruckt mit mehreren Minuten ohne Schnitt und das Ende ... tja, das muss man schon selbst gesehen haben.
Insgesamt ein überaus gelungener Film für alle, die die Hoffnung auf handwerklich und künstlerisch gut gemachte Satire aus dem Inland noch nicht aufgegeben haben; sowie für Filmliebhaber und Gesellschaftskritiker und am allermeisten für Leute, die auch mal über sich selbst lachen können.