„Rezession des gesellschaftlichen Niveau“
Wer auf Mittelalterromantik, direkt aus dem letzten Modegeschäft, steht, bitte sehr, dieser Film wurde eigens für euch erschaffen. Doch an den Rest richte ich diese Nachricht… lasst bloß die Finger davon. Robin Hood kann mit einer großartigen Grafik überzeugen…, doch leider auch nicht mit sonderlich viel mehr.
Der Streifen wurde in der Vorschau als Actionfilm und Thriller beschrieben. Nach dem ich ihn nun mit einigen Freunden unter größter Heiterkeit genossen habe, schlage ich vor, diese Labels zu streichen und durch „Komödie“ zu ersetzen. Er ist lachhaft, in jeder Hinsicht.
In den ersten Minuten hatte ich ja noch die Hoffnung, das ein Cut gemacht werden würde und der richtige Film beginnen würde, doch …nun ja… meine Hoffnung war offensichtlich vergebens.
Die Texte sind derart stupide, dass sie aus Donald Trumps Notizbuch stammen könnten, die Charaktere schwarz-weiß, die Settings geklaut und Vernunft sucht man in den 116 Minuten des Films vergeblich.
Die Story beginnt mit zwei einleitenden, aber auch erstaunlich nichtssagenden Sätzen. „Ich wünschte ich könnte euch sagen, in welcher Zeit sich diese Geschichte zugetragen hat, doch ich weiß es nicht mehr.“ Durch diese Worte signalisieren die Drehbuchautoren dem Otto-Normalverbraucher, dass dieser Film gänzlich anachronistisch angesiedelt ist und rechtfertigen in einem einzigen Schritt auch gleich den ganzen verrückten Irrsinn, der unaufhaltsam folgen wird…
In einigen der ersten Szenen sehen wir Ausschnitte aus dem Kampf der Kreuzritter in Arabien. Doch was erst noch, als ein mittelalterliches Anschleichen und heimliches Schießen angemutet hatte, entpuppte sich innerhalb von Sekunden zu einer Szene aus Call of Duty, in der jemand die Gewehre mit Photoshop zu Bögen gemacht hat. Sogar ein stationäres MG war vertreten. Hoch im zerstörten Turm verborgen, stand eine Armbrust mit Trommelmagazin und einer Feuerkraft, die so mancher heutigen Waffe alle Ehre bereiten würde. Ganz nebenbei, hatten sie, die Araber, auch eine gewaltige Armbrust/ Shotgun mitgebracht, die von mehreren Männern getragen werden musste.
Im Übrigen entsprachen die Rüstungen der Kreuzritter vielmehr einer Lederplatte, die jemand mehr schlecht als recht zusammengenäht hatte, als der europäischen Rüstkunst der damaligen Zeit. Stählerne Bolzen hielten sie trotzdem überraschend gut auf.
Doch der wahre Wahnsinn beginnt erst mit der Heimkehr, des als tot abgeschriebenen Lord, der dort eine eher mitleidserregende Maskerade anlegt und in die Rolle des Robin Hood schlüpft. Hier finden sich nicht nur geklaute Settings von „The Witcher 3“, „Tribute von Panem“, „Batman“ und „ Assassins Creed“, sondern auch eine überraschende Menge dickköpfiger, sturer Pferde.
Im Ernst…, das letzte Mal, dass ich ein Pferd sah, dass ohne zu zögern Wände durchbrach, war in einem der letzen Assassins Creed Teile. Nur den Rückwärtsgang haben die Produzenten leider vergessen. Dafür lassen sie die Pferde eilig, zu enge Wendeltreppen erklimmen und über klapprige, einsturzgefährdete Holzbrücken galoppieren.
Doch lösen wir uns von den armen, unschuldigen Tieren und kommen wir einmal zu der atemberaubenden Technik dieses Mittelalters… Ich kann nur rätseln, was man sich am Set bei der Idee gedacht hatte, doch Sprengstoffe in den Film einzubauen, die gut ein dutzend Mal stärker waren als C4. Beinahe in jeder dritten Szene schießt eine Flammensäule dutzende Meter in den Himmel, oder eine kleine Bombe legt schön animierte, Fassaden in Schutt und Asche. Hin und wieder sieht man auch mal wieder einen Sprengpfeil, der jeder banalen Physik zum Trotz, immer noch schnurgerade auf sein Ziel zufliegt.
Atemberaubend ist der Streifen allemal, doch sicherlich nicht in der Art, wie die Produzenten sich es gewünscht haben. Mir persönlich hat es mehr als einmal große Beherrschung abgerungen, nicht in Lachen auszubrechen. Hier an dieser Stelle nur einige kleine Beispiele.
1.) Die ballistischen Einsatzschilde der Stadtwachen sind zum einen leicht wie Federn, so wie sie mit ihnen herum wedeln, und zum anderen augenscheinlich aus einem feuerfesten Stoff gewebt, der sogar ewig brennendes Öl beiseite schieben kann und Stahl aufhält.
2.) Wo wir schon bei Stahl sind… Die Rüstungen der Wachen müssen aus Aluminiumfolie bestehen, so wie Robins Pfeile durch sie gleiten und danach praktischer Weise noch scharf und stabil genug sind, um wiederverwendet zu werden. Außerdem zeigen sie in einer mehreren Szenen, dass sie nebenberuflich als Stormtrooper arbeiten. Weder treffen sie irgendetwas, noch zeigen sie eine, wie auch immer geartete Intelligenz. Immerhin beherrschen sie auch diesen lächerlichen Joggingstil der Trooper, den sie in einer knappen Szene zum Besten geben.
3.) Außerdem finden wir auch in diesem Film, eine Neuverfilmung des unendlichen Köcher von Legolas. Doch erscheint es noch einmal ganz besonders dreist, indem in manchen Szenen der Köcher gezeigt wurde, in der sich nur ein einziger Pfeil befand, und Robin gleich darauf an die 30 abfeuerte.
4.) Das Gold, das in der letzten Szene (im übrigen mit einer sehr „ausgefeilten Falle“) gestohlen worden war, luden die Aufständigen auf Boote, die einen gewaltigen Tiefgang besaßen. Ganze drei Fingerbreit versanken sie in den Wellen, während sich gut 20 - 40 Säcke Gold auf ihnen stapelten. Hätte der Film nicht im Mittelalter gespielt, so wäre aus der kleinen Nussschale, unter dem Gewicht des Goldes, sicherlich ein U-Boot geworden.
5.) Das Mittelalter muss, ganz nebenbei, fortschrittlicher gewesen sein, als ich je vermutet hätte. Jedenfalls Peak&Cloppenburg muss es bereits gegeben haben, wie die Outfits der Charaktere beweisen. Zumindest Robins Jacke, war modisch immerhin auf dem neusten Stand und auch seiner Liebe hatten zwei Jahre in den Mienen kein Stäubchen aufs Kleid geweht.
Wenigstens hebt sich der Film in einer Nuance von allem anderen auf dem Markt ab. Es zeigt haargenau auf, wie man es nicht macht. Die beinahe boshaft wirkende Sturheit, mit der die Regisseure versuchen die Authentizität dessen, was da auf der Leinwand gezeigt wurde aufrecht zu erhalten versetzte mich mehrfach an den Rand der Freudentränen, denn bereits ab dem ersten Drittel ist der Inhalt einfach nur noch hirnverbrannt.
Also an alle Vernünftigen da draußen. Tut euch selbst einen Gefallen und investiert euer hart verdientes Geld in sinnvollere Dinge. Außer natürlich, ihr seid an einer erstklassigen Unterhaltung interessiert.
Alles in Allem ist der Film nicht mehr als eine Beleidigung für jeden Menschen, der schon mal ein wenig Interesse an Geschichte hatte oder noch ein paar, vereinzelte graue Zellen im Oberstübchen zu schwappen hat. Eines haben die Entwickler jedoch meisterlich vollbracht… Sie haben den Ruf ihres Studios in die Zeit zurückversetzt, die zu präsentieren, sie so kläglich versagten. (*Applaus*
Für Robin Hoods Saga, war dieser Film buchstäblich das Messer zwischen den Rippen, doch das Schlimmste an der Sache ist, dass er sich nicht einmal mehr rächen kann… Von dieser Schmach aus, wird es kein Comeback mehr geben…