"Robin Hood" von Otto Bathurst war gar nicht so scheiße, wie ich gedacht hätte. Der Teaser schien ja so ein sinnloses und langweiliges Action-Gepose à la "Assassin's Creed" zu versprechen und man hatte mir ausdrücklich davon abgeraten, diesen Film zu sehen: oberflächlich, sexistisch, einfach nur Schrott. Nun hatte ich gestern Abend aber nichts Besseres zu tun und ich bin ja auch ohnehin im Besitz einer Kino-Abokarte, also habe ich ihn mir doch angesehen. Und fand ihn zumindest stellenweise ganz amüsant und konnte sogar einen Hauch Gesellschaftskritik in dem Film entdecken.
Am Anfang dachte ich noch: Cool, da habe ich ja schon den ersten Kandidaten für meine Flop-2019-Liste am Jahresende, und das gleich schon im Januar. Das war bei der grenzdebilen Kennenlernszene von Robin und Marian, die tatsächlich ziemlich sexistisch war. Und zwar gegen Männer und Frauen. Da bricht jemand bei Robin von Locksley ein, um ein Pferd zu klauen, beleidigt ihn dann auch noch als "Schnösel", und was macht er, als er diesen Jemand erwischt und merkt, das ist ne Frau? Baggert sie an. Und zwar in einer Art und Weise, die eigentlich Nötigung ist und wo er seine Machtposition ihr gegenüber schamlos ausnutzt. Schleimt sie obendrein mit Standard-Komplimenten voll wie "Du bist hübsch", obwohl sie vermummt ist und man nur ihre Augen sieht. Und was macht sie? Schmilzt dahin und verliebt sich Hals über Kopf in diesen unverschämten Kerl. Warum? Sicher nicht, weil er sie mit Respekt behandelt und ihr auf Augenhöhe begegnet. Nein, der Typ ist jung, sieht gut aus und hat Geld. Na, wenn das mal nicht romantisch ist.
Der Anfang geht dann auch genauso weiter, die beiden sind jung und verliebt und knutschen die ganze Zeit rum, bis Robin von Locksley für die Kreuzzüge eingezogen wird. Und Marian das Versprechen abringt, sie werde ewig auf ihn warten. Im Krieg zeigt er sich dann als eine Art Superheld, was mit dem inflationären Gebrauch von Zeitlupenaufnahmen noch dramatisch und super-stylisch betont wird, für die, die das sonst nicht kapiert hätten. Er ist natürlich auch moralisch absolut integer, keiner weiß warum, er ist es halt einfach. Was dazu führt, dass er nach Hause geschickt wird.
Dort stellt er fest, dass er für tot erklärt wurde, und Marian sich einen Neuen gesucht hat. Voll gemein. Er schmollt und ist eifersüchtig, da begegnet ihm Little John und sie beschließen - da fängt dann die klassische Robin-Hood-Geschichte erst an - den Sheriff von Nottingham zu beklauen und ihn so zu entmachten. Nicht aus Edelmut, sondern vor allem aus Rache.
Und da muss ich sagen, das fand ich eigentlich ganz witzig, dass Robin Hood gar nicht aus Selbstlosigkeit handelt, sondern aus Eifersucht und gekränkter Eitelkeit. Es gibt im Film auch immer wieder Momente, wo er sich nicht ganz so ernst nimmt, und es durchaus gelungene Gags gibt. Wenn das durchgängig so gewesen wäre, wäre sogar ein ganz guter Film draus geworden. So aber gibt es auch immer extrem doofe Szenen, wie die, die ich anfangs geschildert habe, wo nicht so ganz klar ist, was die Figuren genau wollen, was sie antreibt, etc.
Die Figur des Sheriffs fand ich aber spannend. Er bedient sich zur Sicherung seiner Macht der gleichen Mechanismen, die auch moderne Rechtspopulisten von Trump bis AfD anwenden und worauf sie ihren Erfolg aufbauen: Er macht den Leuten Angst, kreiert ein Feindbild und stilisiert sich selbst als Retter, der nur helfen will, dafür aber nun mal eben all ihr Geld braucht, was soll man machen. Das konnte man durchaus als Gesellschaftskritik interpretieren.
Fazit: Als Popcorn-Kino gar nicht schlecht, wer mit niedrigen Erwartungen reingeht, fühlt sich unterhalten.