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Michael S.
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3,0
Veröffentlicht am 27. Juni 2017
Auch ausgelutschte Konzepte kann man noch interessant aufbereiten. Das Karibik-Setting bietet genug Vorwände für Speedboat-Verfolgungsjagden und Action unter Palmen. Alles das kommt im Film tatsächlich vor, allerdings in sehr großen Abständen. Anfangs ist es noch löblich, das Verhältnis der Familienmitglieder zueinander ausführlich zu porträtieren bevor man die Charaktere auseinanderreißt, doch Kevin Rileys persönliches Familiendrama zieht sich dermaßen in die Länge, dass selbst der nervenaufreibende Grundkonflikt nicht mehr viel retten kann. Die Situationen, in denen sich die Figuren wiederfinden sind obligatorisch, alles wird immer schlimmer und am Ende ist trotz der Tatsache, dass Kevin Polizisten bedroht, Boote geklaut und Menschen verletzt hat, das meiste vergeben und vergessen.
Der Somalier Barkhad Abdi hat seit Paul Greengrass' Hochsee-Thriller "Captain Phillips" den Ruf des idealen neuzeitlichen Piraten weg, trotz angedeuteter Vielschichtigkeit (kranke Tochter, Geldnot) entwickelt der Zuschauer nie Verständnis für dessen Taten und bedauert sein Schicksal und das seiner Familie kein bisschen. Ähnlich geht es den anderen Figuren. Danny Glover darf ein paar bedeutungsvolle Blicke in die Gegend werfen, Eion Bailey zetert glaubwürdig vor Polizei und Entführern herum, doch die wenigen Entwicklungen der Charaktere bleiben samt und sonders unglaubwürdig. Das könnte man bei etwas strafferer Erzählweise noch tolerieren, doch die angekündigte "gnadenlose Hetzjagd" beginnt erst nach mehr als dreißig Minuten, in denen Actionfans vermutlich schon die Geduld verloren haben.
Noch dazu wird jede denkbare Situation bis zum Gehtnichtmehr durchexerziert, die Lösung(en) ewig hinausgezögert. Selbst wenn es einmal emotional wird, lässt das den Zuschauer meistens kalt. Kevins Frau und Sohn verschwinden für derart lange Zeit aus der Handlung, dass man die Theorie, die Entführung sei nur eingebildet, tatsächlich in Erwägung zieht und auf einen Twist hofft, der den Film doch noch sehenswert macht. Spoiler: Dazu kommt es nicht! Die Kamera ist zwar verliebt in das Karibikflair und manche schöne Luftaufnahme zeugt von solider Handwerkskunst, doch unterm Strich kann der hierzulande reichlich pragmatische betitelte Film nicht mit dem Gros der ähnlichen Kidnapping-Thriller mithalten.
Spannung pur! Fängt idyllisch und naiv an. Entwickelt sich jedoch zu einem grandiosen Thriller. Zwar sehr kreativ und man könnte meinen mit Hang zum Extremen; aber trotz alledem: Wenn man sich drauf einlässt, lange nicht mehr so viel Spannung erlebt!