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Kinobengel
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4,0
Veröffentlicht am 8. März 2016
Der argentinische Regisseur Pablo Trapero hat ein Gangster-Drama ins Kino gebracht. Am Drehbuch, das auf tatsächlichen Begebenheiten beruht, und an der Produktion von „El Clan“ wirkte er mit.
Buenos Aires, frühe 1980er: Die in der Öffentlichkeit unscheinbare Familie Puccio verübt Verbrechen. Mit Oberhaupt Arquímedes (Guillermo Francella), einem ehemaligen Geheimdienstler der abgelösten Diktatur, verdient sie mit Entführungen ihr Geld. Dass der erwachsene Sohn Alejandro (Peter Lanzani) seine eigenen Wege gehen möchte, passt Arquímedes überhaupt nicht.
Pablo Trapero hat sich einen eigenwilligen Erzählstil ausgesucht. Zu Beginn und auch zwischendurch nimmt er das Ende vorweg und geht vielleicht davon aus, dass der Kinogänger sich mit der Geschichte der Puccios auseinandergesetzt hat. Die Zuspitzung hätte sich jedoch aus dem Verlauf der über mehrere Jahre dauernden, auch mit politischem Hintergrund interessant erzählten Geschichte ergeben.
Im Hause Puccio gehören Entführungen zur Haushaltsarbeit. Alle Familienmitglieder sind mehr oder weniger involviert, helfen, wissen, ertragen. Die Inszenierung will genau dies aussagen. Zusammen mit der chilligen Musikbegleitung ergibt sich ein übel makaberer Mix aus Tischgebeten, Kopfschüssen und Verdauungsproblemen.
Guillermo Francella hat eine irre Präsenz, besticht mit eingefrorenem Gesichtsausdruck in reichlichen Close Ups und hat als Arquímedes die Ruhe weg, denn er ist der Herr im Hause und beherrscht kaltblütig und rücksichtslos die Leinwand bis zur letzten Minute. Beeindruckend sind Peter Lanzani und ebenso Stephanía Koessl als Mónica, in die sich Alejandro verliebt.
Die Geschichte, die von einer Entführung in die nächste läuft, trägt den sich steigernden Konflikt zwischen Arquímedes und Alejandro als Kern. In einfallsreichen Szenen zeigt Trapero, wie sehr sich Alejandro vom Familiengeschäft abnabeln will und doch schon so sehr darin verwoben ist. Hierfür besonders deklaratorisch ist die eindrucksvolle und herausragend geschnittene Autosex-Sequenz.
„El Clan“ ist fies, ironisch und dabei eine nicht minder reale und erschreckende Story.
Unterhaltsames Thrillerdrama, das versucht, die eigenartige Realität der Hauptfiguren zwischen extremer Gewalt, strengem Gehorsam und Teilnahme am normalen, öffentlichen Leben. In seinem Anliegen wirkt er dabei allerdings eher an den Gewaltakten interessiert, denen eine betont lockere Inszenierung entgegen gesetzt wird.
Bei mir verfing sich der Film leider nur schlecht. Der Hauptdarsteller Guillermo Francella spielt grandios den kalten Bösen. Einen kalten Bösen macht aber nicht einen ganzen Film gut. Mir fehlte die Tiefe der einzelnen Personen (wie denken, fühlen sie wegen der Entführten). Eigentlich wird nur von Alejandro das Innenleben angedeutet. Die Fakten im Abspann zum Ende der realten Familie sind eines der heftigten Gegebenheiten des Films.