Der als Autor vielfach mit Preisen ausgezeichnete Aaron Sorkin gibt mit „Molly’s Game“ sein Regiedebüt. Das adaptiertes Drehbuch nach der Biografie von Molly Bloom brachte ihm u.a. eine Nominierung für den Oscar ein.
Ein Unfall auf der Buckelpiste verhindert der jungen Molly (Jessica Chastain) die Karriere als Skifahrerin. Über einen Nebenjob gelangt sie an Pokerrunden mit besonders wohlhabenden Spielern. Die intelligente wie attraktive Frau reißt die Organisation der Spielabende an sich und verdient viel Geld, zunächst legal. Irgendwann steht das FBI vor der Tür. Es kommt zum Prozess.
Aaron Sorkin verfilmt eine Biografie, die viele kennen. Nun gut, vielleicht mehr aus den Gazetten und in Deutschland sicherlich weniger, aber dafür gibt’s die Werbetrommel vor dem Kinostart. Wer letztendlich informiert vor der Leinwand Platz nimmt, weiß schon alles. Also musste sich der Debütant etwas einfallen lassen. Und das Ergebnis kann man durchaus als gelungen bezeichnen.
Um der Langeweile keine Chance zu geben, laufen die 140 Minuten Film chronologisch stark verschachtelt ab. Der Erzählstrang springt munter hin und her zwischen der Gegenwart, die überwiegend aus der Vorbereitung für den Gerichtsprozess besteht, sowie verschiedenen Phasen von Molly‘s Jugend und ihrer Pokeraktivität, Letzteres mit dem Löwenanteil; im Ergebnis sehr gut ausbalanciert. Trotz der langen Laufzeit entsteht sogar der Eindruck, dass insbesondere durch die vor Schlagfertigkeit und Geist strotzenden Dialoge rasant erzählt wird. Hier blitzt das Autorentalent von Sorkin sauber auf, denn der Plot ist mit den vorgetragenen Konflikten nicht überfordernd und hält den Zuschauer aufmerksam. Wer sich mit dem Kartenspiel nicht auskennt, muss allerdings die ein oder andere Portion Pokerchinesisch über sich ergehen lassen. Sorkin geht jedoch so schnell durch diese Einstellungen, dass das Verständnis der Spielsituation unwichtig erscheint und es nur auf den Effekt bei Gewinner und Verlierer ankommt. Das stört den harmonischen Erzählfluss nur unwesentlich, da aber der Film nicht für Pokerfans gemacht ist, hätten Weglassungen geholfen. Weniger nervig ist der geführte juristische Fachjargon.
„Molly’s Game“ bietet erhebliche Schauwerte: Die Stars bewegen sich in üppig ausgestatteten Szenenbildern. Das betrifft das Ambiente der von Molly selbst organisierten Pokerrunden und die Kanzleiräume von Anwalt Charlie Jaffey (Idris Elba). Der Grundsatz „Sex sells“ wird selbstverständlich nicht unterdrückt. Gerne lässt die dänische Kamerafrau Charlotte Bruus Christensen („Die Jagd“) den Bildausschnitt über die vielen optimierten Dekolletés wandern, damit auch alle Zuschauer verspüren, warum Mann sich beim Pokern wohlfühlen kann. Ebenso sind die Bilder aus den jungen Jahren der Protagonistin mit Rückenleiden einfallsreich, aufwändig und mal eklig gestaltet. Mittendrin agiert eine meisterliche Jessica Chastain, die mit vielen Gesichtern und überragender Ausstrahlung Molly zur Kino-Powerfrau macht.
Eine übersprudelnde Satire wie „The Wolf of Wall Street“ von Martin Scorsese ist die Geschichte um Molly Bloom nicht. Doch der Humor hat in Sorkins Film seinen Platz bekommen. Insbesondere die Verlierer und unfähigen Spieler haben es dem Regisseur angetan. Mit Schadenfreude fällt er über sie her und amüsiert auch das Publikum.
Das Verhältnis zwischen Molly und ihrem Vater (Kevin Kostner) wird mit der notwendigen Tiefe behandelt. Kinder, die Hochleistungssportler werden sollen, müssen oft auf ihre Kindheit verzichten.
Nicht besonders gelungen ist der Schlussdialog zwischen den beiden, der zu beschwingt und pointiert klingt.
„Molly Bloom“ ist eine geschickt transportierte und stark bebilderte Geschichte, der etwas die Raffinesse fehlt, aber durch die unglaubliche Präsenz von Jessica Chastain erheblich aufgewertet wird.