Mit "Endgame" stand das Regieduo Russo vor einer der gewaltigsten Aufgaben überhaupt. Zum einen muss den wohl verheerendsten Fingerschnippsen aller Zeiten rächen und zum anderen muss einigen altgedienten Figuren einen Abschied servieren...Hauptquartier der Avengers: Der Tyrann Thanos hat den Kampf über das Universum erreicht und sein grausames Ziel erreicht. Nicht mehr als die Hälfte des Universums fand mit nur einem Fingerschnippen seinen Tod. Darunter auch einige der Avengers und Familienangehörige. Die restlichen Avengers (Thor, Captain America, Iron Man) wollen sich zum einen an Thanos rächen und was noch viel wichtiger ist, wie bringt man die Toten wieder zurück? Alle Hoffnungen scheinen schon beiseite gelegt zu sein. Andere akzeptieren ihr Schicksal und andere wollen dies einfach nicht akzeptieren...im wahrsten Sinne des Wortes taucht aus dem Nichts Ant-Man auf und er scheint eine Idee zu haben...
Vorneweg: Achtung vor Spoilern! Auch wenn "Endgame" nahtlos an "Infinity War" sich reiht, unterscheiden sich beide Filme im Ganzen doch völlig voreinander. Während der letzte Teil einiges an Vorstellungen und Schlachten bieten, fährt "Endgame" die emotionale Schiene und legt dabei seinen Fokus auf eine kleine Gruppe.
Dass mit "Endgame" eine Generation oder besser gesagt ein Kapitel endet, kann hier wohl getrost geschrieben werden.
Diese Tatsache verbinden die Russos fänomenal. An dieser Stelle soll nicht gesagt werden wie, aber wir erhalten eine wunderbare Reise durch die wichtigsten Avengers Filme (insgesamt 22). Für Anhänger der ersten Stunde und die alle Teile gesehen haben, ist das natürlich ein Fanservice aller erste Klasse. Allgemein fühlt sich der Film von Anfang an wie ein einzig großer Abschied (auch von den toten Figuren). Jede noch so unbedeutende Figur aus dem MCU findet seinen Platz. Ich habe mich immer wieder dabei ertappt, wie ich über die ganzen Begegnungen nachgedacht habe. "ahh das war das und er hat dies gemacht". Eine wunderbare Idee! Während des Abspanns habe ich noch etliche am Weinen und Schluchzen gehört. Was die schwere Bedeutung dieser Filmreihe erneut untermalt. Doch leider wird dies gegen Ende auch zum großen Schwachpunkt des Filmes! Denn während man in Infinity War wie durch ein Wunder perfekt die goldene Mitte zwischen der großen Masse an Figuren gefunden hat, scheitert man hier fast schon kläglich. Natürlich erwarte ich hier keine erneute Vorstellung, da man die Nebenfiguren bereits kennt, jedoch hätte man etwas mehr Augenmerk auf diese legen können. Insbesondere ganz am Ende gehen fast alle im Chaos unter. Ein kurzer Sprung, ein Satz, das wars. Ganz besonders ärgerte mich die Verschwendung von Captain Marvel auf. Dieser Zug ist eine Frechheit von Disney! In der aller letzten Szene von Infinity War noch als große Retterin angekündigt, ranten in ihrem katastrophalen Solo-Abenteuer, nur um zu sehen, wie sie denn Thanos aufhalten wird. Ihre Leinwandzeit kann man wohl auf 5 Minuten einschränken. Völlig verschenkt. Besonders ärgerlich, da Brie Larson für diese Rolle wie geschaffen ist. Endgame ist schlichtweg mit ihr überfordert. Man weiß nicht, wohin mit ihr. Ihre Einführung ist völlig unspektakulär. Eher am Rande erwähnt. Selbst eine gewisse Rettung durch sie entnimmt der Szene völlig die Emotionalität und gerät zur blutleeren Szene. Dabei sollte doch die ganze Last auf ihr liegen? War das nur Täuschung von Marvel? Wenn ja, Hut ab! Dennoch ist es keine Erklärung, wieso man sie selbst in der Endschlacht so an den Rand treibt. Dabei sollte doch eben mit diesem Film der Staffelstab an sie überreicht werden!
Auch ein Hulk wird zu einem Idioten degradiert der "Selfies" macht. Aber sein Absturz hat ja schon im lächerlichen Thor 3 begonnen. Dagegen ist Thor ein absoluter Hit und sorgt für einige Lacher.
Während Thanos im letzten Teil noch diese ungeheure Ausstrahlung eines Tyrannen hat, wirkt er hier recht blass. Zu keinem Zeitpunkt erweckte er in mir dieses unbehagen, diese Gänsehaut. Nie hatte ich das Gefühl, dass da einer steht, der das halbe Universum auf dem Gewissen hat. Nie hatte ich das Gefühl, dass man den Kampf irgendwie noch verlieren kann.
Die Russos scheitern hier den Spagat zwischen Emotionalität, Abschied der alten und Einführung der neuen, Findung einer Idee für die Rückkehr der Toten und Beendigung eines großen Kampfes, zu finden. Der Fokus liegt hier zwar eindeutig auf die Vergangenheit, aber man hat dabei die Gegenwart (und auch die Zukunft) völlig aus den Augen verloren! Die Gegenwart gerät ab dem ersten Drittel völlig in die Belanglosigkeit. Es wirkt fast schon so, als wäre einem noch kurz vor Knapp eingefallen, dass man ja noch einen großen Kampf zu Ende bringen muss.
FAZIT: Auch wenn der Abschied wirklich wunderbar gelungen ist und der Film über weiter Strecken (auch wenn teilweise langatmig) eine fantastische Reise biete, überdeckt der emotionale Schleider die offensichtlichen Schwächen des Streifens enorm.