Nunja, ich würde mich als großen Marvel-Fan bezeichnen! Ich habe fast alle Filme (natürlich in der richtigen Reihenfolge) in meinem Regal stehen und ja, die meisten Filme der Reihe sind eher durchschnittliche Action-Fantasy-Filme. Ganz klar nach dem Motto: "Hirn aus, Special Effects an". An sich bin ich aber eher jemand, der auch tiefgründigere und unkonventionelle Filme mag, weshalb insbesondere Civil War und Infinity War (neben den Guardians) zu meinen Lieblingsfilmen gehören. Die emotionalen Konflikte, die die Protagonisten dort erleben, die Überraschungen (besonders im Vergleich zu anderen Stadard-Actionfilmen), all das braucht es meines Erachtens, um ein guter (Marvel-) Film zu sein.
Diesbezüglich hat der neue Endgame auf ganzer Linie enttäuscht!!
Woran liegt das?
1. Ich hatte das Gefühl, dass man zwanghaft versucht hat, einfach nur einen Nostalgie-Film zu produzieren. Es trieft förmlich von alten Orten, alten Figuren, alten Geschichten. Als Marvel-Film-Kenner kommt einem eigentlich alles ziemlich bekannt vor. Das mag man schön finden oder langweilig.
2. Der - dieses Mal wirklich! - übertriebene Humor, der auf Kosten vieler Charaktere geht. Absolut schlimm finde ich die Verwandlung von Thor zu einem desillusionierten Hippie der 68er in der Gegenwart, der Fortnite spielt (ich zähle an dieser Stelle mal nicht die ganze Werbung im Film auf, denn das würde dauern -.-). Ja, er hat Schlimmes durchgemacht und ja, das hat ihn vermutlich auch verändert. Aber bitte nein, das ist einfach nur lächerlich! Mit Bierbauch und Hang zum Alkoholismus...das kauf ich ihm nicht ab! Genauso verärgert bin ich über Hulk, der nun ganz friedlich in einer Mischform lebt...das passt einfach nicht zu Banner. Es ist für mich unglaubwürdig, dass Menschen ihren Charakter in wenigen Jahren komplett auf den Kopf stellen.
3. Logikfehler en masse: Als ich das Thema "Zeitreise" hörte, wusste ich schon, dass der Film ein Problem haben wird. Auch wenn sich der Film selbst darüber lustig macht...warum lässt er es nicht einfach? Im Grunde kollidieren hier zwei Zeitkonzepte. Erstens, und so wird es ständig am Anfang durchgezogen, verändert die Änderung der Vergangenheit nicht die eigene Gegenwart, sondern führt zu einer neuen Zeitlinie. Soweit, so zufrieden. Später jedoch kehrt Captain America, der in die Vergangenheit gereist ist (und nicht zurück), als greiser Opa zurück...aber eigentlich müsste sich dieser in einer anderen Zeitlinie befinden. Das ist ein Logikfehler...
Andere Frage: Erst braucht man EINE rote Ampulle für die Zeitreise für Hin und Zurück pro Person, was im Film ja als großes Problem identifiziert wird und die Handlung nachhaltig steuert, und später kann das ganze Thanos-Kriegsschiff inklusive Armee in die Gegenwart geschickt werden, mit EINER AMPULLE (von Nebula)!
Andere Frage: Nidavellir braucht einen Neutronenstern und macht seit Ewigkeiten die fiesesten Waffen im Universum und Tony Stark braucht ein paar Tage, um einen baugleichen Handschuh zum Tragen der Infinity-Steine zu konstruieren?Sowieso,Tony ist wirklich der Tausendsassa im Film. Löst innerhalb weniger Stunden das größte Zeiträtsel und betrachtet dabei ein Möbiusband! Ist klar!
Diese Liste ist leider ziemlich lang, aber ihr wisst, was ich meine!
4. Die heuchlerischste Frauen-Szene: Eine ganze Minute formieren sich mitten in der Schlacht alle Marvel-Heldinnen, um zu zeigen, wie emanzipiert Marvel ist? Das ist einfach nur falsch. Kaum eine Frau (selbst Captain Marvel hat nur wenig Screentime) spielt überhaupt eine wesentliche Rolle in den Marvel-Filmen und sind größtenteils ersetzbar. Die Haupthelden sind alle männlich. Da hätte man viel früher anfangen müssen, den Frauen die gleiche Bühne zu geben. Das war für mich sehr unpassend.
5. Wenig Action, zu schneller Endkampf. Generell finde ich, dass der Film in den falschen Szenen das Tempo anzieht und in anderen das Tempo verlangsamt. So gab es vorallem am Anfang und Ende Szenen, die man hätte weglassen können, wohingegen der Endkampf beispielsweise durchaus hätte länger dauern dürfen.
6. Die Idee, dass Thanos das halbe Universum auslöschen wollte, hat einen durchdachten, moralischen Kern, was ich an Infinity War wirklich gut fand. Dass aber der neue Thanos auf einmal ein ganzes Universum auslöschen und neu erbauen will, passt einfach nicht in die Darstellung von Thanos von vorher (der sehr stimmig war). Thanos Idee der Zerstörung des halben Lebens war immer für ein höheres Wohl und das Wohl der anderen gedacht. Dass er auf einmal (und das nur aufgrund der rebellischen Erdlinge!) das ganze Universum vernichten will, ist eigensinnig und völlig unstimmig zum alten Thanos.
Ich kam aus dem Kino und war extrem enttäuscht, während ich die anderen Kritiken lese und denke, ob all denen das nicht aufgefallen ist. Der Film hat natürlich auch schöne Szenen und positive Aspekte, aber mit dem Hintergrund von Infinity War, mit dem sich der Film messen sollte, war dies leider nur absoluter Durchschnitt. Schade!