Die hilfreichsten KritikenNeueste KritikenUser mit den meisten KritikenUser mit den meisten Followern
Filtern nach:
Alle
TheReviewer
43 Follower
174 Kritiken
User folgen
4,0
Veröffentlicht am 11. November 2015
Spannender Psychothriller Eine mit ihren beiden Kindern allein und abgeschieden lebende Mutter fängt an, sich immer merkwürdiger zu benehmen und hat dazu noch das Gesicht nach einer Operation bandagiert, so dass sie den eigenen Kindern noch fremder erscheint. Das an sich ist schon ein Horror-Szenario, mag man sich gar nicht rückwirkend für die eigene Kindheit vorstellen. Hinzu kommt die wirklich gut dargestellte schleichend immer größere werdende Ungewissheit: Wenn man direkt wüsste, dass da was nicht stimmt mit der eigenen Mutter, dann könnte man etwas dagegen tun. Das gäbe auch schon genug Stoff für Horror, würde aber wahrscheinlich direkt eher in einen rein auf Gewalt und Action getrimmten Verlauf nehmen. Hier jedoch ist erst mal nur die Ungewissheit da und die Kinder wollen erst mal sichergehen, dass sie mit ihrer Vermutung, dass die Mutter nicht die ist, die sie vorgibt zu sein, auch Recht haben, insbesondere, da diese natürlich darauf besteht, dass sie sie selbst ist. Die Kinder versuchen das dann auf teilweise recht drastische Weise rauszufinden, bzw. zu bestätigen. Am Ende gibt es sogar tatsächlich eine Auflösung für den Zuschauer und die ist dann doch etwas anders, als erwartet. Bisschen mehr Action hätte es schon sein dürfen, grad am Anfang, aber dafür ist die Spannung, die viel auf der eigenen Vorstellungskraft beruht, konstant gegeben. Sehr gut gemachter Thriller!
Krasses Beispiel für 0 Erwartung und große Überraschung. Die erste Hälfte ist noch recht entspannend, die zweite Hälfte und allem voran das letzte Drittel mit einem versammt gutem Plot, bannen einen dann so richtig vor den Flimmerkasten. Sehr gut!
Anfangs fragte ich mich „Worauf läuft das hinaus“. Es war ehrlich etwas schwer in den Film hineinzukommen. Allerdings entwickelt der Film eine spannende Dynamik in Bezug auf die Psychologie und Fantasie von Kindern. Was stimmt? Wohin führt es? Muss das so sein? Schaut selbst.
Regisseur Ulrich Seidl (Paradies-Reihe) tritt für „Ich seh, ich seh“ als Produzent auf. Ehefrau Veronika Franz, die bei vielen seiner Projekte Aufgaben z.B. als Autorin erhielt, hat für das österreichische Horror-Drama zusammen mit Severin Fiala Regie geführt und das Drehbuch geschrieben.
Die Zwillinge Lukas (Lukas Schwarz) und Elias (Elias Schwarz) sind zwei richtige Lausbuben. Sie leben mit der Mutter (Susanne Wuest), eine gut situierte TV-Moderatorin, auf dem Lande. Als die Mutter nach einer Schönheits-OP mit verbundenem Gesicht auftaucht, neue Regeln aufstellt und mit Verboten um sich schmeißt, wirkt das auf die Jungs sehr befremdlich und unanehmbar einengend. Sie finden ein Bild, auf dem die Mutter mit einer gleich aussehenden Frau zu sehen ist, und ein Video, das die Mutter mit braunen statt blauen Augen zeigt.
Aus dem Hause Seidl sind Spielfilme mit vor allem semidokumentarischem Stil bekannt, die auf diese Art ihre Wirkung entfalten. „Ich seh, ich seh“ schraubt sich von Beginn an ganz anders in die Augen des Betrachters: Wie eine Bausünde ist das moderne Haus in die Idylle gesetzt. Die Inneneinrichtung ist aufwändig, an den Wänden hängen Bilder mit verschwommenen Motiven, die neben dem Filmtitel erste Rätsel und Raum für Interpretationen aufgeben. Das ist auch gut so und spinnt sich erheblich besser als mancher Horrorstreifen mit ähnlichem Langsamstart. Währenddessen wirkt die bandagierte Mutter zunächst eher auf die Söhne unheimlich, die aufbegehren und mit Gegenmaßnahmen belegt werden.
Das faszinierende an dem Film ist die straight herausgearbeitete Darstellung der verschiedenen Welten von jung sein und wieder jung sein wollen, die von ihren Protagonisten nicht verlassen werden möchten (und den Zuschauer nicht nur auf eine falsche Fährte locken sollen), teilweise mit fantastischen Bildern gezeigt, untermalt mit einem genretypischen, aber nicht aufdringlichen Soundtrack. Das Ergebnis ist eine zunehmende Anspannung, die in eine extrem fotografierte Eskalation führt. Das ist wegen der dann doch Seidl-typischen Realitätsnähe kaum erträglich und mündet in einem überraschenden Finale ohne Ende der Gewalt.
„Ich seh, ich seh“ ist ein wirksamer Horror-Schocker, der sich wegen der einfallsreichen Detailarbeit und dem geringen Abstand zwischen Spielwelt und Publikum weit von der US-Mainstream-Ware abhebt.
Der vermutlich beste österreichische Film dieses Jahrzehnts. Der Film braucht etwas um ihn Fahrt zu kommen, wird aber mit der Zeit immer spannender. Das Ende ist so unvorhersehbar wie überragend zugleich. Fazit: Freunden von Psychothriller ist der Film sehr zu empfehlen. P.S. Verständnis von österreichischem Dialekt ist sicherlich von Vorteil.