MIT DEM RÜCKEN ZUR WAND
von Michael Grünwald / filmgenuss.com
Ich muss, wie ich finde, kein Stratege sein, um nicht bereits aus der Geschichte gelernt zu haben, dass Bastionen aller Art am besten erhöht errichtet werden. Hügelkuppen, Felsgrate, Hochebenen, irgendwie dort, wo all die Gerüsteten und sich Verteidigenden einen Überblick auf das haben, was Gefährliches auf sie zukommen mag. Die Army dürfte diesen Input zeitweilig ignoriert haben. Anscheinend aber ist dieses tiefe Tal inmitten des Hindukusch und nahe an der Grenze zu Pakistan der einzig wählbare Ort, um ein politisch recht instabiles Gebiet abzudecken. Camp Keating nennt sich dieses mehr schlecht als recht gesicherte Nest, umgeben von bedrohlichen Bergflanken. Hier auszuharren lässt sich salopp als Arschkarte bezeichnen. Denn es vergeht kein Tag, an dem es nicht zu Scharmützeln der Taliban kommt. Ein Alltag, während dem man auf Nadeln sitzt, ruhige Minuten hat man keine. Angesichts begrenzter Mittel zur Verteidigung ist eines ganz wichtig: Ein gutes Verhältnis zu den Menschen, meint Captain Keating, der es schafft, sich mit den Afghanen zu verbrüdern. Als er fällt, tut sich ein neues Machtvakuum auf – und der Frieden scheint zu kippen.
The Outpost von Rod Lurie war einer der Filme, die noch vor dem Herbst-Lockdown in den Kinos liefen – und eine Episode aus der jüngeren amerikanische Militärgeschichte erzählt, auf die der US-Verteidigungsminister wohl wirklich nicht stolz gewesen sein konnte. Die Vernichtung des Camp Keating hatte nämlich ungefähr genauso viel Mehrwert wie das Verheizen junger Männer in Oliver Stones Platoon, in Hamburger Hill oder Mel Gibsons Hacksaw Ridge.
The Outpost fängt mehr oder weniger recht sachte an, er schildert den Alltag, kurze Feuergefechte, gezielte Artillerie, dann wieder Freizeit, zwischenmenschliche Auseinandersetzungen, was eben so dazugehört, wenn man als Soldat im Ausland Dienst schiebt. Fast ist es wie in Sam Mendes Jarhead – das immer gleiche Prozedere. Dann, in der zweiten Hälfte des Films oder gar im letzten Drittel, nachdem die vielen Namen nun auch ihre Gesichter gefunden haben, bricht die Hölle los. Rod Lurie inszeniert diese Schlacht um Fort Keating mit sicherer Hand und so intensiv, dass der Detonationsstaub zwischen den Zähnen knirscht. Hier fliegt alles um die Ohren, was nicht niet- und nagelfest ist, hier begeben sich Scott Eastwood und Co in einen distanzlos abgefilmten Dauerstress, der nicht ohne posttraumatische Belastungsstörung ausgehen kann. Doch wie geistesgegenwärtig und mit welcher Teamfähigkeit all die Männer agieren, ist faszinierend. Aus diesem ganzen Getöse sticht die Figur des Staff Sergeant Ty Carter am stärksten hervor. Schauspieler Caleb Landry Jones verkörpert diesen schwer einschätzbaren Charakter, der zwischen Panik und Pflichtgefühl Unglaubliches vollbringt, mitreißend und enorm glaubwürdig, ganz ohne Pathos, ganz ohne religiöse Motivation, sondern einfach nur in manischem Altruismus. Dieser gemeinsame Schulterschluss ums Überleben ist gleichsam berührend wie in seiner filmischen Umsetzung entsprechend hektisch, lärmend und blutig.
Den stolzen Salut auf Kosten militärkritischer Untertöne konnte sich Rod Lurie letzten Endes dann doch nicht verkneifen.
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