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Kinobengel
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4,0
Veröffentlicht am 28. Oktober 2015
Miroslav Slaboshpitsky zeigt mit seinem Regiedebüt „The Tribe“ ein Drama um die Wünsche und Kriminalität von Jugendlichen.
Sergey (Grigoriy Fesenko) kann weder hören noch sprechen. In dem Internat unter seinesgleichen schließt er sich der Anerkennung wegen einer Gang an, deren Mitglieder sich mit kriminellen Handlungen einen Nebenverdienst verschaffen. Er verliebt sich in die als Prostituierte eingesetzte Anna (Yana Novikova).
Ausschließlich Gebärdensprache, keine Untertitel. Ein filmisches Experiment? Der ukrainische Regisseur hat sich Regeln gesetzt, die er stur verfolgt. Seinem Werk und den Beobachtern beschert Slaboshpitsky damit eine eindeutige Sprache. Die Einstellungen sind lang und wenig geschnitten. Die Kamera verfolgt meist Sergey und bleibt ständig auf Distanz. Vieles, wie das Abklappern der brummifahrenden Freier, wird wiederholt. Das ist unkonventionell und gewöhnungsbedürftig. Aber die bildhafte, ungeschönte Erzählsprache wird hervorragend unterstrichen.
Die Story ist nicht sehr umfangreich. Mit der Konzentration auf Sergeys kriminelles Handeln in der Gang und der Entwicklung der Beziehung zu Anna möchte Slaboshpitsky zudem alles weitere, wie z.B. den Schulbetrieb, ausgeblendet wissen. So gelingt es dem Ukrainer, ein subtiles Bild von Sergeys Unreife und Rohheit zu zeichnen. Eine Rohheit, die den Teenager explodieren lässt, als er begreift, dass sein Einfluss begrenzt ist.
Slaboshpitsky hätte den Mut haben müssen, seine Regeln zu durchbrechen. Oft zeigt die Leinwand Sergey von hinten. Dessen Körperhaltung verrät einiges. Und doch fehlt die Mimik, die ein so wichtiges Kommunikationsmittel ist. Einige wenige Einstellungen hätten gereicht.
„The Tribe“ ist ein hartes, real wirkendes Drama mit beachtlich konsequenter Handschrift und ein großartiges Debüt von Miroslav Slaboshpitsky.
Slaboshpitskys ''The Tribe'' versucht durch eine betont langsame Insznierung die Hierarchien und Verhaltensweisen der Figuren innerhalb einer Internats-Schule zu verdeutlichen. Problematisch ist dabei, wie er die Taubstummensprache nicht nur als eigene Sprache behandelt, sondern im Speziellen als eine Sprache, die - durch ihre Unverständlichkeit für die meisten nicht taubstummen Menschen - für einen ''Fehler'' in oder einen Mangel an Kommunikation steht. Auf diese Weise entsteht der Eindruck, der Regisseur bediene sich einer speziellen Sprache, um auf eine ''Entfremdung'' aufmerksam zu machen, und schlachtet linguistische Besonderheiten aus, nur um typisch modernistische Themen zu verdeutlichen. Außerdem gehen die inszenatorischen Entscheidungen des Films nicht auf: so angenehm der radikale Gedanke häufiger Plansequenzen auch sein mag, Slaboshpitskys Kameraführung, sein Beharren auf Leerstellen passt nicht im Geringsten zur Geschichte. Im Gesamten ist ''The Tribe'' ein auf inhaltlicher Ebene keineswegs neuer Film und verzettelt sich zudem auch formell.
Am Ende des Filmes ist man genau so Sprachlos wie die Figuren un den Film. Es ist unglaublich zu sehen, dass ei Film nicht durch große Worte glänzen muss, sondern dies auch durch schweigen und Ruhe erreiben kann. In dem Film wird es nie laut und obwohl man sich vieles selbst erschließen muss, aus dem handeln der beteiligten, wird es nie langweilig. Kaum ein anderer Film gibt so viel Spielraum zum spekulieren wie dieser es tut. Bemerkenswert ist ebenfalls, dass der Film nur sehr selten geschnitten wurde. Die einzelnen Szenen sind komplett ungeschnitten und erfolgen nur in Übergängen auf die nächste Szene, dabei bleibt die Kamera auch stehts ruhig und ist immer etwas auf Abstand und nie direkt an den Figuren dran. Die Figuren aber haben es mächtig in sich. Gewalt, Prostitution, Sex und eine Abtreibung stehen hier an der Tagesordnung und sind so schonungslos dargestellt. Durch den Mangel der Sprache wird die Grausamkeit noch zusätzlich verstärkt, denn man weiß nie mit Gewissheit wieso, weshalb oder warum folgende Person etwas tut. Vor allem das Ende lässt einen mit einem eiskalten Gefühl den Film dahin scheiden. Den gesamten Film steht man als Zuschauer im regen und man erkennt, dass die Personen im Film nur wenig Probleme mit ihrem Handicap haben. Doch am Ende wird dieses ihr Urteil bilden.Fazit: schwer verstörend, mit viel Platz zum interpretieren, diskutieren und einer ungewöhnlichen Dramaturgie, ist "The Tribe" ein absolut herausragender, neuer Film mit einer tollen einzigartigen Erzählkunst, die es in der Form noch nie gab !
[...]Mord und Totschlag, Prostitution, Vergewaltigung und sogar eine Abtreibung sind Teil des zutiefst beklemmenden Bildes, das Miroslav Slaboshipitsky in seinem ersten Langspielfilm zeichnet. Der Verzicht auf Untertitel spielt dabei eine entscheidende Rolle. Dadurch weiß man oft nie, wo die Reise als nächstes hingeht und die schrittweise ansteigende Schockwirkung der Ereignisse und die somit immer einhergehende böse Vorahnung, führen zu einem nervenaufreibenden Spiel mit den Erwartungen.[...]The Tribe ist ein schweres, hartes und höchst unangenehmes Stück Kino. Miroslav Slaboshipitsky zeichnet ein verstörendes Bild einer kranken Gesellschaft, in einer dunklen, einsaugenden Atmosphäre und macht The Tribe damit zum Feel-Bad-Film des Jahres!