Denis Villeneuve bringt nach „Prisoners“ und „Enemy“ mit „Sicario“ den nächsten Thriller in die Kinos.
FBI-Agentin Kate Macer (Emily Blunt) meldet sich freiwillig zu einer Spezialeinheit für den Kampf gegen mexikanische Drogenkartelle. Matt Graver (Josh Brolin) leitet die Eingreiftruppe, während der undursichtige Alejandro (Benicio Del Toro) zur Unterstützung auftaucht. Sehr bald muss die engagierte und gesetzestreue Bundespolizistin feststellen, dass mit ihrer neuen Aufgabe Recht und Ordnung keine Gültigkeit mehr besitzen.
Endlich wieder Villeneuve-Kino. Einen klassischen Action-Thriller präsentiert er den Kinogängern. Zu Beginn ein „Hook“, der das Publikum in die Story zieht: Wie ist die so drauf, diese Kate Macer, wenn der FBI-Einsatz alles von ihr fordert?
Von der ersten Minute greift die Story nach Aufmerksamkeit und fesselt bis zur letzten. Oft ist die Kamera des erfahrenen Roger Deakins („Prisoners“, „Skyfall“, „True Grit“) bei Kate, sieht das, was sie sieht, bis der Zuschauer das fühlt, was Kate fühlt. Es ist nicht die beste Idee, dies immer wieder zu unterbrechen, aber dennoch ein besonderer Kniff, den Beobachter immer etwas mehr als Kate wissen zu lassen. Und diese ist als neues Mitglied der Spezialeinheit zwar die Hauptfigur des Films (wie Antonio Banderas als Ahmad Ibn Fadlān in „Der 13. Krieger“), aber nicht der wichtigste Player.
Häufige Wechsel der Locations bringen den Storylauf nicht aus dem Fluss. Dieser Thriller ist einfach zu gut zusammengebaut und trotz diverser Ekelbilder weniger blutig als vermutet. Dazu rundet ein abwechslungsreicher, drängender Soundtrack die wuchtige Darbietung ab.
In Kate tobt der Kampf zwischen dem Wunsch nach legaler Ausübung ihrer Tätigkeit und der Gewissheit, dass die hehren Ziele nur mit rücksichtsloser Gewalt erreichbar sind. Dies spitzt sich zu. Das Timing der Inszenierung ist perfekt und genau darauf abgestimmt. Graver bekommt immer weniger Leinwandpräsenz und Alejandro umso mehr. Das ist für Kate mal gut und mal schlecht.
Emily Blunt ist weder zu sehr Barbie noch zu herb und bringt eine starke FBI-Agentin vor die Kamera. Wegen der beachtlichen Performance und der hervorragend eingefangenen Mimik lebt das Publikum ihren Konflikt mit. Doch Benicio Del Toro, der im Laufe der Story allmählich die Leinwandhoheit gewinnt, war noch nie so cool wie in diesem Film.
Die Bilder bemühen sich zwar um Realitätsnähe, aber „Sicario“ bedient sich einiger daherkonstruierten Konfliktsituationen mit entsprechenden Konsequenzen und ist dann doch mehr Unterhaltung, jedoch verdammt gute Unterhaltung. Wer zum Thema Drogen und Mexiko mehr Wirklichkeit in der Darstellung haben und näher an den Leuten sein möchte, ist mit „Heli“ von Amat Escalante (Preis für beste Regie, Cannes 2013) besser bedient.
„Sicario“ ist ein technisch und inszenatorisch nahezu einwandfrei gestalteter Action-Film, der nicht viele Wünsche offen lässt.