Maren Ade ist Chefin ihres Produktionsunternehmens Komplizen Film, nimmt aber auch erfolgreich als Drehbuchautorin und Filmregisseurin am Kinokulturleben teil. „Toni Erdmann“ ist ihr dritter Langfilm, mit dem sie mindestens so viel Aufsehen erregen wird wie für „Alle Anderen“ (2009).
Winfried Conradi (Peter Simonischek) schlüpft zur Gaudi gerne in die Rolle von Toni Erdmann, mit Perücke und auffälliger Zahnstellung. Tochter Ines (Sandra Hüller), zu der er selten Kontakt hat, sammelt Erfolge als angestellte Unternehmensberaterin in Rumänien. Für Winfried ist das Gehabe in der Wirtschaftswelt ein Greul. Er greift parodierend ein, nicht zwingend zur Freude von Ines.
Ade führt Winfried mit einer Paketannahme-Szene genial ein und zeigt dem Publikum, auf welche Art Humor es sich einlassen darf. Sofort fällt der Pseudo-Doku-Style auf, der erfreulicherweise das ganze Werk durchhält; eine Ausprägung wie in der Paradies-Reihe von Ulrich Seidl ist zwar nicht zu finden, aber diese hat den Schwerpunkt auf viel Fremdschämen mit wenig Schmunzeln, während „Toni Erdmann“ umgekehrt angelegt ist. Der Regisseurin, auch Drehbuchautorin, scheint die Groteske am wichtigsten zu sein, das Bloßstellen des Flickwerks der Unternehmensberater-Branche, außen hui und innen pfui, inklusive Kampf im Haifischbecken. Man kommt nicht daran vorbei, an „Zeit der Kannibalen“ von Johannes Naber zu denken. Der Film von Ade ist quasi die De-luxe-Fassung mit zahlreichen originellen wie skurrilen Einfällen und einer Vater-Tochter-Beziehung als rotem Faden. Peter Simonischek („Hierankl“, „Oktober November“), überwiegend für TV-Filme und Theater gebucht, ist die ideale Marke für den behäbigen, aber kreativen Winfried. Und Sandra Hüller stellt stets eine sehr gute Wahl dar, wenn Rollen mit realer Ausstrahlung zu besetzen sind.
Die Regisseurin setzt sehr ansehnliche Ellipsen, die das Komische unterstützen. Allmählich wächst „Toni Erdmann“ zu einer durchdachten Komposition zusammen, die mit einem kleinen Hänger im Mittelteil den Plot nicht mit dem zuvor gewählten, beachtlichen Rhythmus weitertransportiert und die 162 Minuten etwas zu lang werden lassen.
Die Handlung spielt sich vornehmlich in Bukarest ab. Der Sinn des Lebens wird hinterfragt. Und Ade gibt einen Konsens zur Antwort. Ein internationales Publikum soll das sehen, denn die Filmrechte sind nach der gefeierten Vorstellung bei den Filmfestspielen in Cannes in viele Länder verkauft worden, darunter auch Frankreich und USA.
Maren Ade setzt mit „Toni Erdmann“ wiederholt ein Zeichen für die Qualität des deutschen Kinos.