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Julia Schmied
35 Kritiken
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5,0
Veröffentlicht am 10. Mai 2024
Wow! Ein wunderschöner Film mit Tiefgang. Ohne zu verherrlichen, werden auch Konflikte und Zweifel an dem Leben in der Wildnis gezeigt. Sie werden beleuchtet, durchdacht und stehen gelassen. Und dennoch zeigt diese Lebensweise, dass Erziehung, Wissensvermittlung und die Sichtweise auf die Welt unterschiedlich sein kann. Dass die Eltern ihren Kindern hier einen unerschöpflichen Reichtum an Fähigkeiten, Schönheit, analytischem Denken und Selbstvertrauen mitgegeben haben. Bewundernswert und sehr, sehr beeindruckend. Verkörpert durch großartige schauspielerische Leistung!
Die Independent-Tragikomödie wirft kluge Fragen auf, ohne auf Unterhaltung und Humor zu vergessen, zudem ist Ben kein Irrer, sondern ein konsequenter Zivilisationsverweigerer, der nur das Beste für seine Kinder will.
"Captain Fantastic" ist unfassbar schwer zu bewerten.
Einerseits ist er sehr menschlich, fantastisch gespielt und kann auch fast zu Tränen rühren. Andererseits ist das ganze auch etwas zu grün, zu Öko, zu arg in diese Richtung und setzt ein nicht schwer genuges Gegenstück dazu. Denn man ist nicht unbedingt der selben Meinung der Protagonisten, vor allem in der ersten Hälfte, was anstrengend werden kann. Doch dann wird der Film in der zweiten Hälfte tiefgründiger und weniger einseitig. Der Film ist menschlich, tiefgehend, realistisch und bietet einiges an Diskussionsstoff.
Fazit: Großartiger Mortensen, realostisch, abrr etwas lang und vor allem in der ersten Hälfte etwas zu 'grün' und einseitig, was anstrengend werden kann, aber trotzdem ein extrem menschlicher und schöner Film, der zu Tränen führen kann und Diskussionsstoff liefert.
[...] Doch einen gewissen Charme kann man „Captain Fantastic“ nicht abschreiben, gerade wenn die Ansichten der Waldkinder mit denen der Vorstadtkinder aufeinanderprallen oder wenn die Situationskomik sich immer wieder daraus ergibt, dass die Kinder eine Verachtung gegenüber denen haben die nicht ins Raster passen. Doch dort befindet man sich immer wieder im Zwiespalt, ob eine kritische Lösung der Misere nicht besser wäre, als eine oberflächliche Komödienberieselung. „Captain Fantastic“ ist ein Film der kleinen Einzelmomente und des Darstellers Viggo Mortensen, der hier eine wirklich tolle Leistung abliefert. Am Ende wirkt es fast so, als wolle Matt Ross einen kritischen Diskurs aufbereiten, der jedoch schneller verfliegt als er vorbereitet wird. Insgesamt wirkt es wie ein Unwetter aus dem gelegentlich kleine Lichtstrahlen auf die Erde prasseln. Hier prasselt leider auch jede Menge verschenktes Potenzial auf den Zuschauer ein, der die Message „Die Gesellschaft ist dumm“ seit Fight Club im Kopf hat. Bei weitem kein schlechter Film, jedoch nur die aufgewärmte Indie-Suppe die wir seit Jahren zu fressen bekommen.
Darsteller und Geschichte auf sehr hohem Niveau – Soundtrack leider zu wirr. Der Film macht Spaß, macht einen Lächeln und unterhält von der ersten bis zur letzten Minute. 9 von 10 Punkten.
Eigentlich ist die Handlung eine Steilvorlage für allerlei Witze über weltfremde Hippies, die sich in der Konsumwelt zurechtfinden müssen und ganz nebenbei etwas Gesellschaftskritik äußern. Peace alter, und warum seid ihr eigentlich alle so fett in Amerika? Wer Mortensens Laufbahn verfolgt hat weiß, dass dieser sich bisher nie für belanglosen Blödsinn hingegeben hat, Banalität ist hier tatsächlich auch nicht zu befürchten. Anstelle von plumper Moral und lahmen Gags stellt Regisseur Matt Ross die Familie in den Mittelpunkt, die dem Zuschauer spätestens beim gemeinsamen Musizieren am Lagerfeuer so richtig ans Herz wächst.
Die Kinderdarsteller machen einen mindestens genau so guten Job wie ihre erwachsenen Co-Stars. Ihre Charaktere wirken die meiste Zeit glaubhaft, der Zusammenhalt der Aussteigerfamily wird dabei anschaulich vermittelt. Natürlich gibt es darin die üblichen Rebellen, Vorbilder, Idealisten und Zweifler, doch das ändert nichts an den gelungenen Darbietungen, gegen die auch ein grundsolider Frank Langella nicht ankommt. Obwohl er routiniert auf dem schmalen Grat zwischen fürsorgendem Großvater und konservativem altem Knacker wandelt, bleiben die Sympathien stets bei Ben und seinen Kindern.
Neben der Familiengeschichte schneidet der Film auch das nicht unbrisante Thema an, ob Bens linke Alt-68er-Ideale den Kindern tatsächlich mehr Nutzen als Schaden zufügen und lässt dessen teilweise durchaus berechtigte Kritik am Rest der Welt nicht widerspruchslos stehen. Auslachen dürfen die Kinder niemanden (abgesehen von Christen, Konfession egal), Wissen fungiert als Ersatzreligion, nach kommunistischer Art werden Abweichler durch Diskussionen "im Plenum" von ihrer Meinung abgebracht und statt Weihnachten feiert man Noam-Chomsky-Tag und beschenkt sich mit Waffen.
Da wirkt es schon beinahe konventionell, wenn sich dann im letzten Drittel des Films mehrere zuvor schwierig scheinende Dinge plötzlich ganz einfach gestalten, die Probleme angepackt und flugs beseitigt werden und die letzte Szene wieder das schon zu Beginn zelebrierte Landidyll feiert. Dafür wird der Zuschauer unter anderem mit einer vor Lebensfreude nur so sprühenden Begräbnisszene (!) belohnt, die zweifellos zu den besten Momenten des Films gehört.
Fazit: Ein poetischer und wunderbar fotografierter Film über wichtige Themen, der es sich lediglich am Ende etwas zu einfach macht. Dennoch sehenswert!
Eine Tragikomödie, die immer wieder zwischen Komödie und Ernst geschickt hin und her wechselt, aber dabei immer stimmig bleibt. Der Film ist dadurch ungewöhnlich wie die Familie von Hauptdarsteller Viggo Mortensen. Sehr kurzweilig und nett.
Matt Ross, hauptsächlich als Schauspieler tätig, hat für „Captain Fantastic“ mit eigenem Drehbuch auf dem Regiestuhl Platz genommen.
Ben Cash (Viggo Mortensen) lebt mit seinen sechs Kindern irgendwo im Wald des Washington State. Er bringt ihnen bei, in und von der Natur zu leben, ohne die Bildung zu vernachlässigen. Als Ben‘s psychisch labile Ehefrau Leslie (Trin Miller) im Krankenhaus stirbt, bricht die Familie auf, um die Beerdigung auf die im Testament gewünschte Weise durchzusetzen und trifft auf die konservative Verwandtschaft von Leslie, angeführt von deren Vater Jack (Frank Langella).
An "Capain Fantastic" ist nicht viel Plot dran, aber es geht Matt Ross offensichtlich nicht darum, eine interessante Geschichte zu erzählen, sondern eine unter Umständen funktionierende Parallelwelt zur sogenannten Zivilisation zu erzeugen und beobachten zu lassen. Familienoberhaupt Ben, der mit der kapitalistischen Außenwelt möglichst nichts zu tun haben will, drückt „seiner“ Welt mit viel Energieeinsatz die eigene Handschrift auf. Das ist mit einem brillant aufspielenden Viggo Mortensen umso glaubwürdiger. Und der Charakter seines Opponenten Jack ist alles andere als platt unnachgiebig. Der Film verführt nicht zum Aussteigen: Mit viel Gefühl zeigt der Regisseur Grenzen dieses „freien“ Lebens auf, die von Ben mal mit Vernunft, mal mit überzogenem Eigensinn begegnet werden. Sehr wohl bedient sich die Familie Cash an der Zivilisation, indem sie einen in ihr geschaffenen Bus sowie Krankenhäuser nutzt. Und die schönen neuen Jagdmesser, die unter kultivierten Verhältnissen nicht in Kinderhände gehören, sind nicht selbstgeschmiedet. Der Humor wirkt natürlich, überschreitet nur selten den Bereich der Feinsinnigkeit und ernährt sich nie daraus, dass der Kinogänger die „merkwürdige“ Familie auslachen soll. Es ist zwar z.B. schadenfreudig lustig, den ältesten Sohn Bodevan in seiner Unbeholfenheit gegenüber jungen Frauen zuzuschauen, auftauchende Probleme werden jedoch familienintern diskutiert und geben auch dem Zuschauer - wenn er sich darauf einlässt - nicht wenige Anstöße, über Vor- und Nachteile eines alternativen Lebens nachzudenken. Letztendlich lernen alle eine Kleinigkeit dazu.
Das Werk von Matt Ross macht unterm Strich viel Spaß auf hohem Niveau und ist ein bisschen zu fantastic, aber das sagt schon der Filmtitel.
"Captain Fantastic" fügt sich glücklicherweise zu den stärkeren Filmen in diesem Jahr ein und ist sogar, meiner Meinung nach, eines der Highlights geworden. Zunächst kann man den Film keinem festen Genre zuordnen. Den der Film ist Road-Movie, Coming of Age usw. Der Titel lässt auf einen Superheldenfilm hoffen, was auch wirklich viele in meinem Umfeld erwartet haben, als wir von dem Film gesprochen haben. Letztlich ist aber die Figur des Ben auch irgendwie ein Superheld. Die Kameraarbeit des Filmes ist wirklich gut geworden, sie ist ruhig und gibt dem Zuschauer die Möglichkeit, die Bilder zu atmen. Ebenso toll ist das Drehbuch, dass mit einer Vielzahl von gewitzten Dialogen auftaucht. Die Handlung selbst ist was besonderes. Man schwankt während des Filmes zwischen absoluter Euphorie und Spaß und auf der Anderen Seite Trauer und Frust. Die Ereignisse werden sehr überspitzt dargestellt und lässt den Zuschauer zum Mitdenken anregen. Eine Frage, die ich mir gestellt habe, ist die Frage nach der Freiheit und den gesellschaftlichen Normen. Ein Leben in der Wildnis, wird nach Aussage des Filmes nicht möglich sein, oder nicht mehr. Die Familie wird als sonderbar abgestempelt und dies obwohl sie einen Lebensstil gewählt haben, der hunderte von Jahre funktioniert hat, aber er steht nun im absoluten Kontrast zur modernen Gesellschaft. Ist es uns vergönnt, unseren eigenen Lebensstil zu wählen ? Wohl eher nicht. Den perfekten Kontrast stellt dazu die Familie von Bens Schwester, die eigentlich den modernen Menschen sehr überspitzt darstellt und das genaue Gegenteil der "Wildlinge" ist. Die Figuren sind physisch , wie intellektuell weit entwickelt, sind aber dennoch nicht im Stande in der modernen Welt zu existieren. Getragen wird die Handlung vom großartigen Voggo Mortensen, für den es mal Zeit wird für einen Oscar. Mortensen spielt seine Figur wieder mal überragend. Dabei ist seine Figur aber auch eine, die man in Frage stellen kann. Den auf der einen Seite leibt er seine Kinder und will nur das beste für sie. Auf der anderen Seite fordert er unglaubliches von ihnen ab, bringt sie in Gefahr und vollzieht Taten, die man als Zuschauer immer wieder in Frage stellt. Dennoch hat man eine Sympathie für ihn, was an dem wirklich charismatischen Mortensen liegt. Ebenfalls erwähnen sollte man George Mckay, der als Bens Sohn eine ebenso großartige Leistung abruft. Kurz: der Film bietet unglaublich viel in unserem dünnen Kinojahr. Vor allem bietet er einen großartigen Viggo Mortensen.
[...] Seinem Genre ist sich „Captain Fantastic“ wohl nicht ganz so bewusst. Trotz des Independent-Touches ist er vor allem im Verlauf der Handlung doch eher etwas für das Mainstream-Kino, denn letztendlich kann sich die Geschichte nicht zwischen Gesellschaftskritik und Feel-Good-Movie entscheiden. Obwohl es gerade zu Beginn überaus authentische und tiefgründige Szenen gibt, die zum Nachdenken anregen, verläuft besonders die Konfrontation der Familie mit der zivilisierten Welt sehr klischeehaft. So wird der Film nach und nach durchschnittlicher und die Spannung, für die durchaus Potenzial da wäre, kam leider nicht auf. Gelangweilt haben wir uns jedoch nicht, wohl auch dank einiger humorvollen Sequenzen.
Die schauspielerische Leistung von Familienoberhaupt Ben (Viggo Mortensen) ist über den gesamten Streifen hinweg sehr kraftvoll und überzeugend. Wir als Zuschauer haben mit ihm mitgefühlt, hät ten aber in der ein oder anderen Situation auch gerne mit ihm über seine verherrlichende Meinung gegen unser System diskutiert. Auch die Kinder spielen sehr gut, sympathisieren und fügen sich hervorragend in das Gesamtbild der Aussteigerfamilie ein. [...]