Die Schauspieler:
Die wohl kontroverseste Rolle in diesem Film hatte ganz sicher die Hauptdarstellerin Scarlett Johansson. Im Vorfeld schon kritisiert und mit dem Vorwurf des „Whitewashing“ mit einer Petition torpediert, die in Japan über 100.000 Fans unterzeichneten, pulverisiert Johansson die Vorwürfe mit einer exzellenten Vorstellung. Sie macht sich die Rolle der „Major“ alias Motoko Kusanagi auf ganz besondere Weise zu Eigen und beweist einmal mehr, welch talentierte Mimin sie ist. Hierbei kommt ihr ganz sicher die physische Erfahrung zugute, welche sie als Agentin Romanov in den Marvel Filmen gesammelt hat und bietet der Vorlage aus dem 1995er Anime Streifen höchst überzeugend Paroli. Ihr Kollege Pilou Asbaek der schon in „Game of Thrones“ und „A War“ gute schauspielerische Leistungen gezeigt hat, setzt sich hier als Sektion 9 Agent Batou gut durch. Zwar bleibt er noch immer etwas hinter seiner starken Animevorlage zurück, jedoch passt er sehr gut in seine Rolle und schafft es auch, diese auszufüllen. Der alteingesessene Fernost Darsteller, Regisseur und Autor Takeshi Kitano, spielt hier den Sektion 9 Leiter Daisuke Aramati. Er zeigt eine sehr starke Mischung aus Altersweisheit, Coolness und einer Präsenz die Ihresgleichen sucht, denn wenn Kitano im Raum ist, wird dem Zuseher fast automatisch Respekt abgenötigt. Oscar Preisträgerin Juliette Binoche ist in der Regel für jeden Film eine Bereicherung und zeigt auch als Dr. Ouèlet - Wissenschaftlerin des Hanka Konzerns – was sie kann. Zwar hat ihre Rolle nicht das benötigte Gewicht um eine Juliette Binoche wirklich zu fordern, jedoch nutzt sie die ihr gegebene Screentime und harmoniert gut mit Scarlett Johansson als ihr Schaffenswerk. Der Schauspieler und Musiker Michael Pitt ist immer für eine besondere Rolle gut und spielt die überschaubaren Textstellen seiner Rolle Kuze, dem eigentlichen Antagonisten des Films, fast schon bühnenreif und zeigt eine Theatralik in Mimik und Aktion, die auch sehr gut in`s Drama Genre gepasst hätten.
Der Film:
Der noch etwas unerfahrene Regisseur Rupert Sanders („Snow White and the Huntsman“) wagt sich hier an ein Monsterprojekt, welches durch die Comics, die Serie und den genialen Animefilm von Masamune Shirow aus dem Jahr 1995, eine relativ große Fanbase im Rücken hat – dementsprechend groß die Erwartungshaltung. Seit 1995, als der starke Animefilm „Ghost in the Shell“ herauskam, wurde nach einer Live Action Verfilmung des Stoffes gerufen, jedoch erst 2008 kam wieder Leben in die Sache, als Stephen Spielbergs Dreamworks Pictures die Rechte daran erwarb. Rupert Sanders Variante von „Ghost in the Shell“ kann sich durchaus sehen lassen. Ein direkter Vergleich wäre ohnehin schwer, da sich der Film an vielen Begebenheiten der Reihe bedient. Nicht nur Shirows Anime, sondern auch die Serie und das 2004er Prequel „Innocence“ dienten als Vorlage. Gewissermaßen pickt sich Sanders die jeweiligen Gourmetstücke aus der Reihe und formt daraus sein entstandenes 2017er Werk. Die Darstellung der Umgebung und die Erschaffung der hochtechnologisierten Stadt (die Stadtkulisse aus Blade Runner lässt grüßen) ist durchwegs gelungen. Mit unglaublichen Einstellungen, farbenfrohen Settings, fantastisch eingesetzten Special Effects und einem hohen Detailreichtum in den Nahaufnahmen kann der 2017er „Ghost in the Shell“ wahrscheinlich nicht nur die Fans überzeugen, sondern auch die Neueinsteiger, welche mit dem Stoff noch nicht in Berührung kamen. Wobei zu sagen ist, speziell die Totalaufnahmen der Stadt sind zwar schön anzusehen, jedoch wirken diese dann schon sehr künstlich und beinahe schon wie eine Laserprojektion. Durch diese Kontraste zwischen Total-und Nahaufnahmen, entsteht ein optischer Twist der leicht verwirrend wirken kann. In punkto Wiedererkennungswert zum Original hat sich Regisseur Sanders wirklich einiges überlegt und geht mit Raffinesse an den Film heran. Wunderschöne Hommagen an den 1995er Anime lassen in der ein-oder anderen Szene das Herz des Fans höher schlagen und schaffen es, den Streifen nicht als durchgehende Kopie, sondern als eigene Interpretation mit fein abgestimmtem Nostalgiefaktor zu präsentieren. Auch die Benutzung des Originalthemas von Kenji Kawai aus dem Original trägt hierzu bei und kombiniert sich schön mit einem düsteren Score von Elektromusiker Clint Mansell, der mit seinem prägnanten Sound auch schon Filmen wie „Black Swan“ und „Moon“ seinen Stempel aufdrückte. Der Handlungsverlauf kann zuweilen für noch-nicht Fans, die keine Vorkenntnisse über „Ghost in the Shell“ besitzen, etwas verwirrend sein, da manchmal schon das Gefühl aufkommt, dass bei der Produktion vorausgesetzt wurde, die Zuseher im Kino hätten schon dementsprechenden Background mitzubringen. Atmosphärisch bleibt der Film hinter seinem Vorgänger zurück, da der Streifen zwar einigermaßen düster angelegt ist, jedoch aber nicht die, fast schon bedrückenden, Szenarien wiedergeben, die im Anime zu sehen waren. Fein abgestimmt und gelungen ist die Action, welche doch einen sehr wichtigen Teil des Stoffes ausmacht. Durch kurz gehaltene, aber dafür intensive Actionsequenzen wirkt Sanders „Ghost in the Shell“ nicht überladen, sondern findet einen schönen Mittelweg, der durch Slow Motion Einsatz und der sich der Geschwindigkeit anpassenden Musikbegleitung, punktuell schon an den Sci Fi Klassiker „Matrix“ erinnern lässt. Die Zeichnung des Gegenspielers ist etwas misslungen, da die geniale Vorlage des "Puppetmasters" aus dem Anime, hier hier eher in Form eines abgehalfterten Cyborg auftritt, der gegen das Original ziemlich verblasst. Die Zeichnung der restlichen Figuren ist, durch die Zuhilfenahme von Teilen aus dem Sequel „Innocence“, ganz gut gelungen, jedoch erreicht dieser Film nicht die philosophische Tiefe des Originals. Zwar liegt der Fokus ganz klar auf der Entwicklung von Motoko und deren Hinterfragung der eigenen Existenz und auch die Chemie zwischen ihr und dem Kampfgefährten Batou funktioniert glänzend, insgesamt entscheidet sich das Duell aber zugunsten der Anime Vorlage. In diesem wird die Frage, was uns eigentlich ausmacht und wo die Grenzen zwischen Mensch und Maschine verschwimmen, tiefgründiger und noch emotionaler behandelt. Insgesamt ist der Cast aber gut gewählt und ein kleiner Geniestreich, sowie eine Hommage an die japanische Kultur, stellt die Auswahl und die Darstellung des Vorgesetzten von Major - Daisuke Aramati. Dieser ist ein beinharter Sektionsleiter, der erwähnenswerterweise nur japanisch spricht, was untertitelt wird und dadurch den fernöstlichen Aspekt dieser Adaption sehr gut unterstreicht.
Fazit:
Sehr gut besetzte und mit schönen Settings ausgestattete Realverfilmung eines Anime Klassikers, die ihre Stärken deutlich in den optischen Schauwerten ausspielt, fein nuancierte Actionsequenzen mit „Matrix“ Charakter und gute sichtbare Hommagen an das 95er Original bietet, jedoch aber manchmal etwas verwirrend für Neueinsteiger ist, es in Tiefe, Düsterheit und Charakterstärke nicht mit dem Anime aufnehmen kann und wohl auch eher ein Film für die hartgesotteneren Fans des Genre ist.